Biertreber: Brot aus Brauerei-Abfällen mit gesundheitlichen Vorteilen
Biertreber ist ein Nebenprodukt das beim Bierbrauen entsteht. Dieser Brauerei-Abfall wird unter anderem als proteinreiches Futtermittel in der Tierhaltung verwendet. Doch daraus lässt sich auch Brot backen, das voller Proteine und Ballaststoffe steckt und so mit gesundheitlichen Vorteilen punktet.
Deutschland gehört zu den Ländern, in denen am meisten Bier gebraut wird. Bei der Produktion des „Gerstensaftes“ fallen in den Brauereien auch jede Menge Abfälle an. So kommen laut der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) (PDF) hierzulande jährlich etwa zwei Millionen Tonnen Biertreber zusammen. Forschende haben nun untersucht, ob dieses Abfallprodukt mit gesundheitlichen Vorteilen einhergeht. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Food & Function“ veröffentlicht.
Voller Ballaststoffe und Eiweiß
Laut einer aktuellen Mitteilung der Universität des Saarlandes entstehen beim Bierbrauen in Deutschland täglich rund 4.000 Tonnen Biertreber – es handelt sich um Getreiderückstände wie „verbrauchte“ Gerstenkörner.
Diese braune, faserige Masse macht etwa 85 Prozent der Nebenprodukte in der Brauerei-Industrie aus. Sie entsteht im Brauprozess vor der Gärung, enthält also noch keinen Alkohol. Ein Teil wird als Tierfutter, Kompost oder zur Methanisierung verwendet, er wandert aber ebenfalls oft in den Müll.
„Der getrocknete Biertreber enthält noch viele Inhaltsstoffe des Getreides, die nicht wasserlöslich sind“, erläutert Claus Jacob, Professor für Bioorganische Chemie an der Universität des Saarlandes.
Das bedeute: jede Menge Ballaststoffe (40 Prozent) sowie Eiweiß (25 Prozent), aber auch Fette, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, zum Beispiel Phenole und Flavonoide, die im Körper antioxidativ und entzündungshemmend wirken können.
Wertvolle Nahrungsquelle
Könnte dieses Abfallprodukt damit eine wertvolle Nahrungsquelle sein und möglicherweise auch als funktionelles Lebensmittel eingesetzt werden, zum Beispiel gegen chronische Entzündungskrankheiten?
Um dieser Frage nachzugehen, hat das Saarbrücker Team um Claus Jacob im Rahmen des EU-Projekts „Bioval“ gemeinsam mit Forschungsgruppen aus der Großregion untersucht, ob sich Biertreber für die Herstellung von Brot eignet.
Sie verwendeten dabei sowohl feuchten Treber als auch getrockneten und gemahlenen Treber, der wie Mehl eingesetzt werden kann. Das Material wurde ihnen von Brauereien in der Großregion sowie der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern zur Verfügung gestellt.
Beim Herstellen des Brotteigs wurde der Treber als Mehlersatz in unterschiedlichen Anteilen beigemengt. Dabei waren die Forschenden zunächst selbst als Backende aktiv, bevor das Brotbacken unter realen Bedingungen in einer professionellen Backstube getestet wurde.
„Bis zu einem Anteil von fünf bis zehn Prozent Treber waren die Brote sehr gut essbar, bei höheren Anteilen ab 20 Prozent Treber schmeckte es nicht mehr so gut“, berichtet Jacob vom Geschmackserlebnis bei der Verkostung.
Allerdings könnten in Bratlingen und Burgern durchaus noch höhere Anteile verwendet werden, weil dort ein fasriges Geschmackserlebnis durchaus gewollt sei.
Gesunde und günstige Quelle für Ballaststoffe
Aber welche gesundheitlichen Vorteile bringt es, dem Brot oder Bratling Treber beizumischen? – „Das Brot ist proteinreich und enthält viele Ballaststoffe, die eindeutig förderlich für die Gesundheit sind“, sagt der Pharmazie-Professor.
„Da die meisten Menschen viel weniger Ballaststoffe aufnehmen als empfohlen – pro Tag 25 Gramm für Frauen und 38 Gramm für Männer –, kann der Zusatz von Biertreber eine günstige und zugleich gesunde Quelle für Ballaststoffe sein.“
Um herauszufinden, inwieweit sich auch die sekundären Pflanzenstoffe im Treberbrot positiv auf die Gesundheit auswirken könnten, wurde die Verdauung des Brotes im Magen-Darm-Trakt anhand eines Zellmodells untersucht.
Dabei zeigte sich, dass die phenolischen Inhaltsstoffe und die damit verbundene antioxidative Aktivität auch nach der Verdauung noch vorhanden waren, aber weniger stark ausgeprägt. „Inwieweit die Menge an sekundären Pflanzenstoffen im Treberbrot ausreicht, um maßgebliche gesundheitliche Vorteile zu erzielen, müsste in weiteren Studien überprüft werden“, so Jacob.
Ermutigende Studienergebnisse
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werten die Studienergebnisse als ermutigend: „Wir haben gesehen, dass sich Biertreber eindeutig als Baustein für die Kreislaufwirtschaft eignet: Durch seine Nutzung können wir das Brot bereichern und dabei gleichzeitig Mehl sparen und Abfall vermeiden“, erklärt Jacob.
Frischer Biertreber müsse jedoch schnell verarbeitet werden; eine Alternative sei, ihn weiter zu veredeln: Getrocknet, gemahlen und als Mehl verkauft, könnte der Treber in größeren Mengen hergestellt und gelagert werden.
Im Übrigen sind die Saarbrücker Forschenden nicht die ersten, die sich mit dieser Art der Brotherstellung befassen:
„Biertreber hat eine lange Tradition: Er wurde bereits im Mittelalter verbacken, ist aber heute ziemlich aus der Mode gekommen. Im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens und aufgrund seiner gesundheitlichen Benefits könnte und sollte man ihn wieder mehr nutzen“, so Prof. Claus Jacob. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität des Saarlandes: Brot aus Brauerei-Abfällen? – Forscher untersuchen gesundheitliche Vorteile von Biertreber, (Abruf: 31.05.2022), Universität des Saarlandes
- Diane Merten, Lara Erman, Gianluca Pierluigi Marabelli, Bernadette Leners, Yannick Ney, Muhammad Jawad Nasim, Claus Jacob, Job Tchoumtchoua, Sébastien Cajot & Torsten Bohn: Potential health effects of brewers’ spent grain as a functional food ingredient assessed by markers of oxidative stress and inflammation following gastro-intestinal digestion and in a cell model of the small intestine; in: Food & Function, (veröffentlicht: 13.04.2022), Food & Function
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.