Eine neue App könnte bei der Diagnose und dem Verständnis psychischer Störungen für wesentliche Verbesserungen sorgen. Die App MindDoc liefert den Nutzerinnen und Nutzern eine Einschätzung ihrer mentalen Gesundheit und biete auch Hilfestellungen zur Verbesserung.
Ein Forschungsteam unter Federführung von Fachleuten der Freien Universität Berlin hat ein appbasiertes Diagnosesystem für psychische Erkrankungen entwickelt und in einer aktuellen Studie erprobt. Die Ergebnisse sind in dem Fachmagazin „Translational Psychiatry“ veröffentlicht.
App liefert individuelles Beschwerdeprofil
Gemeinsam mit Forschenden der Universität zu Köln, der Universitätsmedizin Rostock, der Universität Kassel, des University College London, der HMU Health and Medical University Potsdam und der MindDoc Health GmbH wurde ein spezielles Fragesystem entwickelt.
Auf Basis dieses Fragesystems liefert die App den Nutzenden ein individuelles Profil zu ihren psychischen Beschwerden, erläutern die Forschenden. Das System sei dabei mit dem modernen Ansatz zum Verständnis psychischer Erkrankungen kompatibel.
In der App können bis zu dreimal täglich Fragen zum psychosozialen Befinden beantwortet werden. Die Nutzerinnen und Nutzer erhalten dann regelmäßige Auswertungen sowie Hinweise auf hilfreiche Übungen und Kurse.
„Die Nutzenden werden nicht in eine ‚Diagnose-Schublade‘ gesteckt“, betont Studienautor André Kerber von der Freien Universität Berlin. Die Grundlage der Bewertung bildet laut den Forschenden die sogenannte hierarchische Taxonomie der Psychopathologie (HiTOP).
Einfluss der Persönlichkeitsfunktion
Anhand der anonymisierten Daten von mehr als 27.000 Nutzenden der App MindDoc überprüften die Forschenden in der aktuellen Studie zudem den Einfluss der Persönlichkeitsfunktion in dem HiTOP-Klassifikationssystem.
Laut dem Forschungsteam konnten so erstmals mithilfe von Nutzenden einer Mental-Health-App Hinweise darauf gefunden werden, welche Probleme einem Großteil der psychischen Erkrankungen gemeinsam sein könnten.
Gemeinsame Faktoren psychischer Erkrankungen
Die Studie zeige, dass Probleme der Regulation, Wahrnehmung und Kommunikation von Gefühlen, Probleme der Identitätsunsicherheit und der Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, bei einer Reihe von psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depression, Psychose oder Persönlichkeitsstörungen eine zentrale Rolle spielen. Gleiches gelte für Misstrauen und Ängste in Bezug auf enge Beziehungen.
Den Forschenden zufolge scheinen die entsprechenden psychischen Kompetenzen in den ersten Lebensjahren durch eine Interaktion zwischen Anlage und Umwelt zu entstehen und sie seien durch psychologische Interventionen wie Psychotherapie oder Mental Health Apps veränderbar.
Vorteile der Mental Health Apps
So verdeutlichen die Studienergebnisse, dass Mental Health Apps wie MindDoc nicht nur für die Nutzerinnen und Nutzer direkte Vorteile haben können, sondern dass sie auch ein vielversprechendes Potenzial zur Erforschung der psychischen Gesundheit bieten. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- André Kerber, Johannes C. Ehrenthal, Johannes Zimmermann, Carina Remmers, Tobias Nolte, Leon P. Wendt, Phileas Heim, Sascha Müller, Ina Beintner, Christine Knaevelsrud: Examining the role of personality functioning in a hierarchical taxonomy of psychopathology using two years of ambulatory assessed data; in: Translational Psychiatry (veröffentlicht 24.08.2024), nature.com
- Freie Universität Berlin: Psychische Beschwerden per App ergründen (veröffentlicht 20.09.2024), fu-berlin.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.