Placebos scheinen bei Schuldgefühlen zu helfen
Abhängig von dem Charakter neigen viele Menschen dazu, sich schuldig zu fühlen. Je nach Intensität können Schuldgefühle zu einer ständigen Belastung werden und das Handeln der Betroffenen beeinflussen. Laut einer aktuellen Studie kann die Einnahme von Placebos dazu beitragen, Schuldgefühle zu überwinden.
Forschende der Universität Basel haben herausgefunden, dass die Einnahme von Placebos dazu beitragen kann, Schuldgefühle bei Betroffenen zu verringern, selbst wenn die Personen wissen, dass es sich um Placebos handelt. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Scientific Reports“ vorgestellt.
Schuldgefühle können zwischenmenschliche Beziehungen stärken
Empfundene Schuld ist per se nicht schlecht. Im Umgang mit anderen Menschen verhalten wir uns nicht immer tadellos. Wenn durch unser Verhalten andere Personen zu Schaden kommen, entstehen bei den meisten Menschen Schuldgefühle.
„Sie können zwischenmenschliche Beziehungen verbessern und sind entsprechend wertvoll im gesellschaftlichen Miteinander“, betont Dilan Sezer von der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Basel.
Schuld darf nicht zur Dauerbelastung werden
Bei manchen Menschen entstehen jedoch auch Gefühle der Schuld, ohne dass sie für einen Schaden verantwortlich sind oder Personen wird eine Schuld eingeredet, um ein bestimmtes Verhalten zu erzielen.
Denn Schuld ist ein starker Motivator für das Handeln und treibt Betroffene von Schuldgefühlen zu typischen Wiedergutmachungsmassnahmen wie Entschuldigungen und Geständnissen oder zum Rückzug aus der Öffentlichkeit. Eine empfundene Schuld kann mitunter lange anhalten und über einen langen Zeitraum hinweg eine Belastung darstellen, im schlimmsten Fall sogar Depressionen verursachen.
Placebos zur Überwindung von Schuldgefühlen
Die Arbeitsgruppe der Universität Basel suchte im Rahmen der aktuellen Studie nach Möglichkeiten, um Betroffenen zu helfen, Schuldgefühle zu überwinden. Die Teilnehmenden der Studie sollten ein persönliches Erlebnis aufschreiben, aus dem anhaltende Schuldgefühle hervorgehen.
Danach wurden die Probandinnen und Probanden in drei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe erhielt ein Placebo, ohne zu wissen, dass es sich um ein Placebo handelt. Die zweite Gruppe erhielt ebenfalls ein Placebo, wusste jedoch darüber Bescheid. Die dritte Gruppe erhielt gar keine Behandelung und diente als Kontrollgruppe.
Beide Placebo-Gruppen erhielten Informationen darüber, die suggerierten, dass die verabreichten Mittel gegen Schuldgefühle wirken. Das Ergebnis: Tatsächlich verringerten sich die empfundenen Schuldgefühle in beiden Placebo-Gruppen signifikant, nicht aber bei denen, die keine Placebo-Behandlung erhielten.
Offene Placebos zur Behandlung psychiatrischer Beschwerden
„Unsere Studie stützt damit die faszinierende Erkenntnis, dass Placebos selbst dann wirken, wenn sie offen verabreicht werden, und dass die Behandlungserklärung zentral für deren Wirksamkeit ist“, hebt Studienerstautorin Sezer hervor.
„Speziell die offene Vergabe von Placebos ist ein vielversprechender Ansatz, da sie die Autonomie der Patientinnen und Patienten wahrt, weil diese vollumfänglich über die Intervention aufgeklärt werden“, unterstreicht Sezer.
Die Studienergebnisse seien der erste vielversprechende Schritt für die Behandlung von psychiatrischen Beschwerden mit offen verabreichten Placebos. Ob solche offenen Placebo-Behandlungen tatsächlich zur Therapie geeignet sind, muss jedoch erst in kommenden Studien überprüft werden. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Basel: Placebos helfen gegen Schuldgefühle (veröffentlicht: 12.01.2023), unibas.ch
- Dilan Sezer, Cosima Locher & Jens Gaab: Deceptive and open-label placebo effects in experimentally induced guilt: a randomized controlled trial in healthy subjects; in: Scientific Reports (2023), nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.