Ungewöhnlich schwere Hepatitis-Fälle bei Kindern
Schwere Hepatitis-Fälle treten bei Kindern sehr selten auf. In den letzten Wochen gab es jedoch ungewöhnlich viele schwere Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern aus Europa und den USA, die in einigen Fällen zu Leberversagen führten. Die Ursache konnte bislang nicht geklärt werden.
Medizinerinnen und Mediziner aus England, Schottland, Spanien und dem US-Staat Alabama berichten über eine Häufung von rätselhaften Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern. Eine Verbindung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 ist ersten Untersuchungen zufolge unwahrscheinlich.
Hepatitis verläuft bei Kindern meistens mild
Dass Kinder an Hepatitis erkranken, ist eigentlich nicht ungewöhnlich. In den meisten Fällen sind Hepatitisviren für die Erkrankung verantwortlich, deren Verlauf bei Kindern aber größtenteils mild ist und die oft gar nicht bemerkt wird.
Auffällige Häufung schwerer Hepatitis bei Kindern
Nun gab es aber eine auffällige Häufung von schweren Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern, deren Ursache rätselhaft ist. Eine erste ausführliche Beschreibung der Fälle hat die schottische Gesundheitsbehörde in dem Fachjournal „Eurosurveillance“ veröffentlicht.
Zwischen März und April 2022 kam es in Schottland zu mindestens 13 Fällen von schwerer Hepatitis bei Kindern – das sind doppelt so viele Fälle wie gewöhnlich in einem Jahr auftreten. Bei drei Kindern trat ein Leberversagen ein. Sie mussten in Spezialkliniken nach England verlegt werden, wo sie derzeit auf eine Lebertransplantation warten.
Ursachen rätselhaft
Gewöhnlich sind Infektionen mit den Hepatitisviren A-E für solche Erkrankungen verantwortlich. In diesen Fällen konnten die Viren jedoch nicht nachgewiesen werden. Bei einigen Kindern konnte eine Infektion mit Adenoviren festgestellt werden.
Adenoviren verursachen jedoch in der Regel keine Hepatitis-Erkrankungen. Es gibt allerdings einige seltene Fälle, in denen eine Hepatitis in Zusammenhang mit Adenoviren dokumentiert wurde. Eine Verbindung mit COVID-19 ist ebenfalls unwahrscheinlich, da sich nur fünf der 13 Kinder bereits mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert hatten.
Fälle in anderen Ländern
In anderen europäischen Ländern sowie in dem US-Staat Alabama wurden nach Angaben des „Deutschen Ärzteblatts“ weitere ungewöhnlich schwere Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern gemeldet.
Die britische Gesundheitsbehörde untersucht derzeit rund 60 Fälle, in Spanien berichtet die Tageszeitung El Pais von drei schweren Fällen bei Kindern zwischen zwei und sieben Jahren. Auch hier kam es dem Zeitungsbericht zufolge in einem Fall zu einem Leberversagen.
In dem US-Bundesstaat Alabama berichten die Gesundheitsbehörden von neun schweren Hepatitis-Fällen bei Kindern unter zehn Jahren. Zwei der Kinder benötigen eine Lebertransplantation.
Handelt es sich um eine neue Hepatitis-Ursache?
Zur Aufklärung der rätselhaften Hepatitis-Fälle hat die schottische Gesundheitsbehörde „Public Health Scotland“ ein „National Incident Management Team“ gegründet. Die Arbeitsgruppe untersuchte neun der Fälle, um mögliche Auslöser einzugrenzen.
Das durchschnittliche Alter der Kinder betrug 3,9 Jahre. Aus Befragungen der Eltern konnten keine Auffälligkeiten abgeleitet werden. Ein geografisches Muster, wie beispielsweise ein See oder ein Fluss, in dem sich die Kinder infiziert haben könnten, war ebenfalls nicht erkennbar.
Ein Zusammenhang mit potenziellen Auslösern für Hepatitis-Erkrankungen wie beispielsweise Enteroviren, Parechovirus, humanes Herpesvirus 6 und 7, Varicella zoster-Virus und Adenoviren konnte nicht kausal belegt werden.
Hepatitis-Symptome bei den Kindern
Vor der Erkrankung galten alle Kinder als gesund. Nur bei einem Kind war eine Vorerkrankung bekannt. Wie die schottische Arbeitsgruppe berichtet, traten folgende Symptome bei den neun Kindern auf:
- Gelbsucht (in acht Fällen),
- Bauchschmerzen (in sieben Fällen),
- Übelkeit (in sechs Fällen),
- Unwohlsein (in sechs Fällen).
Adenovirus 41 als Auslöser unter Verdacht
Die Gesundheitsbehörden in Alabama konnten in allen dort aufgetretenen Fällen das Adenovirus 41 nachweisen. Das Virus sorgt bei Kindern häufig für Durchfallerkrankungen. Mit Hepatitis wurde der Erreger bislang jedoch nicht Verbindung gebracht. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Kimberly Marsh, Rachel Tayler, Louisa Pollock, et al.: Investigation into cases of hepatitis of unknown aetiology among young children, Scotland, 1 January 2022 to 12 April 2022 separator commenting unavailable; in: Eurosurveillance (2022), eurosurveillance.org
- Deutsches Ärzteblatt: Schwere Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern in mehreren europäischen Ländern und US-Staat geben Rätsel auf (veröffentlicht: 19.04.2022), aerzteblatt.de
- Public Health Scotland: Report on the investigation into the origin of recent cases of hepatitis in Scotland published (veröffentlicht: 14.04.2022), publichealthscotland.scot
- Gov.uk: Increase in acute hepatitis cases of unknown aetiology in children (veröffentlicht: 08.04.2022), gov.uk
- Alabama Health: Investigations of nine young children with adenovirus are underway (veröffentlicht: 15.04.2022), alabamapublichealth.gov
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.