Gesundheitsrisiko für Lidl-Kunden – Rattengift in den Verkaufsräumen?
13.06.2013
Ohne entsprechende Information beziehungsweise Warnung der Kunden und ohne Mitteilung an das Gesundheitsamt wurde laut Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“ Rattengift in den Verkaufsräumen einiger Filialen des Discounters Lidl ausgelegt. Rosa und bläuliche Kügelchen sollen in den Supermärkten zur Bekämpfung der Schädlinge Einsatz gefunden haben. Die in dem Berliner Lidl-Supermarkt festgestellte Substanz sei „in einem akkreditierten Prüflabor untersucht“ worden, mit dem Ergebnis, dass „in der Probe eine signifikant toxische Wirkung nachgewiesen werden“ konnte, berichtet die ARD. Die Substanzen könnten nicht nur Ratten sondern auch Menschen gefährlich werden.
Gegenüber dem Magazin „Kontraste“ haben einige Lidl-Beschäftigte geschildert, „dass in Niedersachsen, Bayern und Berlin Rattengift in Verkaufsräumen eingesetzt würde“, so die aktuellen Pressemitteilung der ARD. Die anschließend in einem Berliner Markt genommenen Proben hätten diese Aussagen bestätigt. Es wurde eine nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen giftige Substanz nachgewiesen. Den Recherchen des ARD-Magazins zufolge waren die Beschäftigten „angewiesen, nur mit Handschuhen zu arbeiten und das Pulver keinesfalls einzuatmen.“ Denn schlimmstenfalls können durch das Rattengift schwere Verätzungen, Atembeschwerden oder gar Herzprobleme ausgelöst werden. Die ARD zitiert einen Lidl-Mitarbeiter mit der Aussage: „Manche Filialen, die haben rosa Rattengift. Das ist nicht so giftig für den Menschen, aber das blaue Zeug, da wurde uns vorher gesagt, wenn wir das an die Finger kriegen, an die Atemwege, dass wir sterben sozusagen.“
Der ARD-Mitteilung zufolge wurden weder die Kunden noch das zuständige Gesundheitsamt über den Einsatz des Rattengifts in den Verkaufsräumen von Lidl informiert. „Für Kunden habe es seitens der Filialleitung keine Warnhinweise gegeben“ und obwohl „nach geltendem Recht Lidl einen Befall mit Ratten beim örtlichen Gesundheitsamt anzeigen“ müsste, lag bei dem Fall des Berliner Markts der zuständige Behörde nach eigenen Angaben keine entsprechende Meldung vor. Die leitende Gesundheitsaufseherin des betroffenen Berliner Bezirks Tempelhof-Schöneberg, Beate Sabally, habe erklärt, dass insbesondere für Kinder von dem Rattengift unter Umständen eine lebensbedrohliche Gefahr ausgehe, berichtet die ARD.Wenn ein Kind die Giftstoffe aufnehme, „verdünnt sich das Blut und das Kind kann verbluten.“ Auch dies sei ein Grund dafür, dass „nur anerkannte Schädlingsbekämpfer Rattengift auslegen“ dürfen.
Von den EU-Behörden werden die meisten Rattengifte mittlerweile äußerst kritisch bewerten, nicht zuletzt da sie auch für andere Lebewesen eine tödliche Wirkung haben können. Zudem leiden die Tiere nach einer Vergiftung oft relativ lange, bevor sie sterben. Ein Vertrieb der Rattengifte ist daher seit Januar 2013 nur noch über den Fachhandel möglich und die Anwendung sollte ausschließlich durch sachkundige Personen – mit einer nachgewiesenen Qualifikation – erfolgen. Ob diese Vorgabe bei Lidl eingehalten wurden, ist in weiteren Untersuchungen zu klären. Auch stellt sich die Frage, ob die allgemein üblichen Warnschilder vor Rattenködern, mit Hinweis auf die enthaltenen toxischen Substanzen und das Risiko für Kinder, an dieser Stelle nicht angebracht gewesen wären. Der Discounter Lidl mit Sitz in Neckarsulm antwortete auf eine Anfrage des ARD-Magazins mit einer schriftlichen Stellungnahme, in der das Unternehmen betont, die Hinweise von „Kontraste“ würden sehr ernst genommen und man werde sich intensiv mit den „relevanten Betriebsprozessen auf allen Ebenen auseinandersetzen.“
Eine weitere Frage, die sich Verbraucher angesichts des ARD-Berichts stellen, ist, wieso überhaupt in derart vielen Bundesländern Ratten in den Verkaufsräumen des Discounters zu finden sind. Das aus hygienischen Gründen eine Bekämpfung erfolgen muss, sobald ein Befall mit den Schädlingen festgestellt wird, bleibt indes unbestritten. Hier ist Rattengift bedauerlicherweise bis heute die effektivste und billigste Methode. Allerdings sollten die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und ausschließlich entsprechend qualifizierte Schädlingsbekämpfer die toxischen Substanzen auslegen. Entsprechende Warnungen bei frei zugänglichen Räumen scheinen hier selbstverständlich, doch offenbar nicht für Jedermann, wie der aktuelle Fall bei Lidl verdeutlicht. (fp)
Bild: khv24 / pixelio.de
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