Rheuma: Übergewicht hemmt die Wirkung von Medikamenten
Übergewichtige Menschen erkranken nicht nur öfter an rheumatoider Arthritis, bei ihnen wirken auch viele Rheuma-Medikamente weniger gut. Das zeigt eine neue Studie eines deutschen Forschungsteams.
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) betrifft die rheumatoide Arthritis (RA) bis zu 1,5 Prozent der Bevölkerung in Industrieländern. Frauen erkranken 2- bis 3-mal häufiger als Männer Die Ursachen der Gelenkerkrankung, die im Volksmund oft als „Rheuma“ bezeichnet wird, sind weitgehend unbekannt. Neben genetischen Faktoren tragen Rauchen, die Ernährung sowie Übergewicht zum Krankheitsrisiko bei. Übergewichtige erkranken aber nicht nur häufiger an RA, bei ihnen wirken auch viele Rheuma-Medikamente weniger gut.
Gewicht reduzieren
Nach einer aktuellen Analyse von Daten des Patientenregisters „RABBIT“ (Rheumatoide Arthritis: Beobachtung der Biologika-Therapie), die in der Fachzeitschrift „Rheumatology“ veröffentlicht wurde, sind unter den bei Übergewichtigen weniger gut wirkenden Arzneimitteln auch einige Biologika, die gezielt Entzündungsprozesse stoppen sollen.
Laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) scheinen Botenstoffe aus den überflüssigen Fettzellen für die schlechtere Wirkung der Medikamente verantwortlich zu sein.
Die DGRh rät übergewichtigen Patientinnen und Patienten deshalb, begleitend zu einer Therapie mit einer Ernährungsumstellung zu beginnen und Gewicht abzunehmen. Darüber hinaus betonen die Fachleute die wichtige Rolle einer angemessenen Versorgung von Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.
Fettleibigkeit bringt weitere Probleme mit sich
Neben Beeinträchtigungen der körperlichen Funktionsfähigkeit und einem schwereren Verlauf der rheumatischen Erkrankung bringt starkes Übergewicht beziehungsweise Fettleibigkeit weitere Probleme mit sich, wie beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Ursächlich hierfür sind wahrscheinlich entzündungsfördernde Substanzen, die durch die zusätzlichen Fettzellen im Bauchbereich produziert werden. Darüber hinaus gibt es nun neueste Erkenntnisse darüber, dass auch die Wirksamkeit einer Biologika-Therapie von starkem Übergewicht beeinflusst wird.
„Die Adipositas, also starkes Übergewicht, wird heute als eine milde chronische-entzündliche Erkrankung eingestuft“, erklärt Autor Dr. rer. nat. Martin Schäfer vom Programmbereich Epidemiologie des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums (DRFZ) in Berlin.
Therapie wird durch Adipositas oft erschwert
Zusätzlich wird auch die Therapie von Menschen mit Rheuma durch Fettleibigkeit oft erschwert. „Bei adipösen Patienten gelingt es häufiger nur eingeschränkt, die Symptome zu lindern“, sagt Schäfer. Das gelte auch für einige der modernen Substanzen, sogenannte Biologika, die gezielt den Tumornekrosefaktor oder die Wirkung von Interleukin 6 blockieren.
Die eingeschränkte Wirksamkeit dieser Arzneimittel zeigte sich in der Analyse vor allem im Krankheitsscore „DAS28“, der Schmerz und Schwellung an 28 Gelenken erfasst sowie den Grad der Entzündungswerte im Blut misst. Dieser Score verbesserte sich bei stark übergewichtigen Patienten unter medikamentöser Therapie weniger.
Dies gilt allerdings nicht für alle der bei rheumatoider Arthritis eingesetzten Medikamente gleichermaßen: Der Einfluss des Übergewichts auf die Wirkung zeigte sich besonders deutlich bei Biologika, die gezielt einzelne Botenstoffe hemmen sowie bei konventionellen synthetischen Wirkstoffen wie Methotrexat.
Bei Frauen war der Effekt deutlich stärker
Weniger starke Effekte des Übergewichts auf die Wirksamkeit zeigten sich hingegen bei den Substanzen Rituximab und Abatacept, deren Wirkung auf Interaktionen in der Zellebene beruht. Außerdem bestanden deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern; bei Frauen war – im Vergleich zu Männern – der Effekt der Adipositas auf die Wirksamkeit der eingesetzten Medikamente deutlich stärker.
„Jedes Kilo weniger auf der Waage wirkt sich günstig auf die Erkrankung und den Behandlungserfolg aus“, so Studienleiterin Dr. med. Anja Strangfeld. Wichtig sei dabei, dass das Fettgewebe im Bauchraum verringert werde.
Mehr Aus- und Weiterbildung nötig
„Jede Erkenntnis, die wir durch RABBIT gewinnen können, ist wichtig und entscheidend für die Versorgung von Menschen mit Rheuma in Deutschland“, meint Professor Dr. med. Hendrik Schulze-Koops, Präsident der DGRh. Die Daten aus RABBIT zeigten, dass die Behandlung von Rheuma individuell auf die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten abgestimmt sein muss.
Die richtige Diagnose und die geeignete Therapie können nur Rheumatologinnen oder Rheumatologen mit der entsprechenden Ausbildung stellen. „Deshalb brauchen wir dringend mehr Aus- und Weiterbildung in der Rheumatologie“, sagt Schulze-Koops, der die Rheumaeinheit am Uniklinikum München leitet.
Die Fachgesellschaft appelliert an Politik, Gesundheitswesen und Universitäten, die notwendigen Strukturen für eine Rheumatologie zu schaffen, die den Versorgungsbedarf in Deutschland decken kann. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh): Aktuelle Studienergebnisse zu Rheuma und Übergewicht, (Abruf: 23.11.2019), Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh)
- Rheumatology: Obesity reduces the real-world effectiveness of cytokine-targeted but not cell-targeted disease-modifying agents in rheumatoid arthritis, (Abruf: 23.11.2019), Rheumatology
- Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ): RABBIT - Rheumatoide Arthritis: Beobachtung der Biologika-Therapie, (Abruf: 23.11.2019), biologika-register.de
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Rheumadiät, (Abruf: 23.11.2019), Deutsche Gesellschaft für Ernährung
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.