Verbraucher fürchten sich vor Weichmachern, Pestiziden und Konservierungsstoffen im Essen
09.08.2013
Fast täglich kursieren neue besorgniserregende Meldungen durch die Medienlandschaft: Eier seien mit Dioxin und Salat mit Keimen belastet. Hinzu kommen Gammelfleisch-Skandale und die Diskussion um Weichmacher in Lebensmittelverpackungen. Viele Verbraucher sind verunsichert und fragen sich: „Was kann ich überhaupt noch essen?“ Experten erläutern im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“, was sich hinter den gefürchteten Inhaltsstoffen verbirgt und was Verbraucher beachten sollten.
Essen ist mit Pestiziden, Weichmachern und anderen Stoffen belastet
Zu hundert Prozent „reine“ Lebensmittel gibt es nicht. Annähernd in jeden Nahrungsmittel befinden sich Stoffe – aus dem Regenwasser, der Produktion oder der Erzeugung – die in bestimmten Mengen potentiell gefährlich sein können. „Man kann sich auch mit Gewürzen oder Lakritze vergiften", erklärt Professor Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung in Berlin, gegenüber der Nachrichtenagentur. Der menschliche Körper sei aber in der Lage, diese Giftstoffe zu verarbeiten. „Wir können nicht giftfrei leben, aber Sie können eigentlich alles essen, was schmeckt, das ist ja das Schöne daran." Dennoch gibt es viele Stoffe, die Verbraucher verunsichern – häufig zurecht.
Das zeigt sich unter anderem am Beispiel der Weichmacher. Am häufigsten kommt das sogenannte Diethylhexylphthalat (DEHP) beispielsweise in Plastikverpackungen und in Schraubglasdeckeln aus Gummi zum Einsatz, um den Kunststoff geschmeidig zu machen. Die besondere Problematik besteht bei Weichmachern darin, dass sie keine chemische Verbindung im Kunststoff eingehen und deshalb mit der Zeit wieder entweichen können. Immer mehr Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass DEHP hochgradig gesundheitsgefährdend ist. Der Weichmacher steht in dem Verdacht, Atemwegserkrankungen wie Asthma, Diabetes mellitus sowie Unfruchbarkeit zu verursachen. Während DEHP in Babyartikeln und Kinderspielzeugen bereits verboten ist, darf der Stoff in Lebensmittelverpackungen noch immer verwendet werden. „Weichmacher gehen gerne dahin, wo Fett ist", erläutert Christiane Huxdorff, Expertin für nachhaltige Landwirtschaft bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace, gegenüber der Nachrichtenagentur.
Ein Pestizid allein ist nicht der gefährlichste Stoff im Essen
Pestizide gehören ebenfalls zu den Stoffen, die gesundheitlich äußerst bedenklich sind. Sie wirken oft langsam und zeitversetzt auf den Körper, indem sie die Zellteilung stören, Krebs begünstigen, das Erbgut schädigen, das Immunsystem negativ beeinflussen und Allergien auslösen können, informiert Greenpeace auf seiner Internetseite. Besonders gefährlich sei ein Cocktail aus verschiedenen Pestiziden, die bei der Düngung der Felder auf das Obst und Gemüse gesprüht werden. Auch Frank Waskow von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ist dieser Meinung. „Aus unserer Sicht sind Pestizidrückstände nicht das höchste Risiko im Nahrungsmittelbereich“, sagte der Experte der Nachrichtenagentur. Es habe in den vergangenen Jahren kaum Überschreitungen der zulässigen Höchstwerte einzelner Pestizide gegeben. Viel problematischer seien eben jene Mehrfachrückstände. „Gerade bei Pestiziden wird nur der einzelne Wirkstoff angeschaut", erläutert Huxdorff. „Es wird nicht bewertet, wie sich mehrere Pestizide zusammen auswirken."
So stellte Greenpeace Rückstände von 15 unterschiedlichen Pestiziden auf Trauben fest. „Da ist wirklich noch Handlungsbedarf", erklärt Huxdorff. Jüngst wurden chinesische Heilkräuter, die in Deutschland erhältlich sind, von der Umweltschutzorganisation unter die Lupe genommen. Auch dabei wurden zum Teil hohe Belastungen mit Pestiziden festgestellt. Laut Huxdorff könnten die Summengrenzwerte für Trinkwasser dagegen als positives Beispiel dienen.
Konservierungsstoffe im Essen beunruhigen Verbraucher
Viele Verbraucher fürchten sich zudem vor Konservierungsstoffen in Lebensmitteln. Produkte mit Inhaltsstoffen, die mit einem „E“ beginnen, werden von einigen Menschen konsequent gemieden. „Deswegen geht der Trend dahin, dass Hersteller chemische Konservierungsstoffe aus ihren Produkten verbannen", berichtet Waskow. „Konservierungsstoffe sind toxikologisch geprüft und gesundheitlich unbedenklich", ergänzt der Experte. Jedoch können die Zusatzstoffe beispielsweise bei Allergikern gesundheitliche Beschwerden verursachen. Huxdorff rät dazu, besonders bei Kindern darauf zu achten, was sie essen, um Unverträglichkeiten zu vermeiden. Das gelte aber auch für Erwachsene. Die Verwendung von Nahrungsmittelzusätzen wurde vom Gesetzgeber mit entsprechenden Grenzwerten beziehungsweise Höchstmengen geregelt. Diese sind meist so niedrig angesetzt, dass ein gesundheitlicher Schaden nur bei einer massiven Überschreitung droht.
„Gesetzlich festgelegte Grenzwerte beschreiben nicht die Grenze zwischen giftig und nicht giftig", sagt Hensel. „Es sind politisch gemachte Handelsstandards, die aber selbstverständlich gesundheitliche Aspekte berücksichtigen." Der Verbrauche gingen teilweise davon aus, dass alle Lebensmittel belastet und gefährlich seien, nur weil manchmal ein Grenzwerte für unerwünschte Stoffe in Lebensmittel überschritten würde.
Wie Verbraucher unerwünschte Zusatzstoffe und Rückstände im Essen vermeiden können
Dabei stellt sich jedoch die Frage, warum überhaupt unerwünschte Stoffe in Lebensmitteln enthalten sein müssen. Sicherheit können beispielsweise Konservierungsstoffe auch vor gesundheitlichen Gefahren wie einer Lebensmittelvergiftung bewahren, aber letztlich wird der Verbraucher nicht gefragt, welche Stoffe er beim Verzehr eines Lebensmittels mit aufnehmen will. Zudem könnten dafür ausschließlich natürliche und gesundheitlich unbedenkliche Mittel verwendet werden wie in einigen Bio-Produkten.
„Je mehr Verarbeitungsschritte für ein Nahrungsmittel nötig sind und je aufwendiger es produziert wurde, umso mehr Hilfsstoffe wurden eingesetzt", erläutert Huxdorff. Das bedeutet, das eine selbstzubereitete Mahlzeit weniger Konservierungsstoffe beinhaltet als das Fertiggericht für die Mikrowelle. Wer Weichmacher in Lebensmitteln vermeiden möchte, sollte keine in Plastik abgepackten Produkte kaufen. Käse, Wurst- und Fleischwaren können beispielsweise an der Theke erworben werden und Gemüse muss auch nicht in Kunststofffolie eingepackt sein wie beispielsweise oftmals Paprika oder Brokkoli.
Bei Obst und Gemüse aus kontrolliert ökologischem Landbau dürfen zudem keine Pestizide eingesetzt werden. Produkte von bestimmten Anbauverbänden werden nach strengen Richtlinien angebaut, so dass der Verbraucher hier weitgehend sicher sein kann, dass die Lebensmittel keine Rückstände enthalten.
„Die Geiz-ist-geil-Mentalität verhindert qualitativ hochwertige Produkte", berichtet Huxdorff. Sie rät Verbrauchern dazu, regionale, saisonale Produkte aus ökologischem Anbau zu kaufen, statt nur auf den Preis zu achten.
Der Hinweis „Bio“ heißt jedoch nicht immer, dass keine Pestizide eingesetzt wurden. Eine Greenpeace-Studie von Biolebensmitteln ergab, dass 13 Prozent der Produkte dennoch geringe Spuren von Pestiziden enthielten. (ag)
Bild: lichtkunst.73 / pixelio.de
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