Fluch und Sehgen zu gleich: Salz soll die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen und gleichzeitig vor Infektionen schützen
25.03.2015
Das „Salz in der Suppe“ lässt so manchem Wissenschaftler graue Haare wachsen. Galt Natriumchlorid, so die chemische Bezeichnung von Kochsalz, lange Zeit als absoluter Gesundheitskiller – es soll Bluthochdruck fördern und die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen – belegen neuste Forschungserkenntnisse eines deutsch-amerikanischen Wissenschaftlerteams sogar einen positiven Effekt des überlebenswichtigen Minerals. Demnach schützt es vor Infekten. Die Nachrichtenagentur „dpa“ sprach mit Experten über das Thema Salz.
Beim Thema Salz wird leidenschaftlich diskutiert
Wer viel Salz über die Nahrung zu sich nimmt, erhöht sein Risiko für Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkt. In unzähligen Medienberichte wurde Salz zum Gesundheitskiller Nummer eins ernannt. Zu keiner Zeit hätten sich die Menschen so bewusst mit ihrem Salzkonsum auseinandergesetzt wie heute, erläutert der Mediziner Karl-Ludwig Resch, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Gesundheitsforschung (DIG) in Bad Elster, gegenüber der Nachrichtenagentur: „Vor zehn Jahren noch war Salz eher ein akademisches Thema, jetzt kommt alle paar Tage ein Beitrag dazu im Fernsehen." Leider behandelten viele dieser Berichte das Thema sehr leidenschaftlich und nicht immer sachlich. Auch die Wissenschaft streite sich über die Auswirkungen von Kochsalz auf den Menschen. „Bis man irgendwann blind wird gegenüber anderen Argumenten", so der Mediziner.
Die Auswirkungen von Salz auf den Menschen sind noch nicht abschließend geklärt
Eines ist jedoch sicher: Es ist längst nicht alles über die Wirkung von Salz bekannt. Man weiß heute aber das Natriumchlorid für den Menschen lebenswichtig ist. So beeinflusst es den Wasserhaushalt, den Knochenaufbau, das Nervensystem und die Verdauung. Ohne Salz würde die Flüssigkeits- und Nährstoffbalance in den Zellen aus dem Gleichgewicht geraten, so dass der Stoffwechsel gestört würde. Jeder Mensch hat deshalb etwa 200 Gramm Salz in seinem Körper. Das ist auch der Grund für den salzigen Geschmack von Schweiß oder Tränenflüssigkeit.
Tiere benötigen wie Menschen Salz zum Überleben. „Natrium ist der einzige Stoff, bei dem Tiere selbst merken, dass sie einen Mangel haben und gezielt versuchen, den auszugleichen", berichtet Hubert Spiekers, Leiter des Instituts für Tierernährung und Futterwirtschaft bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, gegenüber der Nachrichtenagentur. So würden Tieren Erde fressen oder in Holz beißen, wenn sie einen Salzmangel verspürten. Um Nutztieren ausreichend Salz zur Verfügung zu stellen, wird das Mineral dem Futter beigemischt oder als Leckstein angeboten.
Salz kann vor Infektionen schützen
Anfang März sorgten die Studienergebnisse eines deutsch-amerikanischen Forscherteam für Furore. Jonathan Jantsch, Ärztlicher Mitarbeiter am Institut für Klinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Regensburg, und Jens Titze, Universität Erlangen und Vanderbilt University, gingen der Frage nach, warum der Körper Salz einlagert, wenn es doch eigentlich schädlich für ihn ist.
Bei Mäusen, die auf eine Niedrigsalzdiät gesetzt wurden, beobachteten die Forscher, dass Tiere mit wunden Stellen der Haut ähnliche Mengen Salz wie bei einer Hochsalzdiät einlagerten. Sie vermuteten, dass Salz verstärkt in infektiösem Gewebe angereichert wird und damit möglicherweise die Immunabwehr unterstützen könnte. Wie sich zeigte, erhöht das Salz tatsächlich die Abwehrleistung der Makrophagen, weiße Blutzellen, die durch Bildung toxischer Substanzen infektiöse Erreger zerstören.
„Die Studie eröffnet uns einen ganz neuen Blick auf die Rolle des Salzes im Körper", so Jantsch. „Eine große Menge Salz erhöht erwiesenermaßen das Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten und steht in Zusammenhang mit Bluthochdruck. Erstmals haben wir nun aber auch einen möglichen Nutzen entdeckt." Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachjournal „Cell Metabolism".
Ab welcher Menge ist Salz gesundheitsschädlich?
„Es gibt keine Studie, aus der sich zuverlässig schließen lässt, dass Salzkonsum schädlich ist", sagt Resch. „Salz ist wissenschaftlich gesehen immer noch ein Phantom."Zudem sei es schwierig, die Wirkung von Salz ohne andere Ernährungseinflüsse zu betrachten. „Salz getrennt von diesen Dingen zu beobachten, ist schlicht nicht möglich", so der Mediziner weiter. Seine Patienten weise er sowohl auf die negative als auch auch auf die positive Wirkung von Salz hin. Natürlich gebe es aber Risikogruppen, für die ein reduzierter Salzkonsum sinnvoll sei wie etwa Menschen mit Bluthochdruck.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt dagegen konkrete Empfehlungen zum Salzkonsum, da sich durch eine deutliche Reduzierung der Salzmenge das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle gesenkt und Millionen Menschenleben gerettet werden könnten. Der WHO zufolge, sollten Erwachsene nicht mehr als fünf Gramm Salz zu sich nehmen. Derzeit nimmt der Mensch aber im Schnitt doppelt so viel über die Nahrung auf. (ag)
>Bild: I-vista / pixelio.de
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