Mediziner untersuchen die Auswirkungen des Salzkonsums
Die meisten Menschen nehmen jeden Tag zu viel Salz zu sich. Forscher fanden jetzt heraus, dass Salz bei Mäusen und Menschen die Zahl bestimmter Milchsäurebakterien im Darm reduziert. Dies wirkt sich dann auf die Immunzellen aus, welche an der Entstehung von Autoimmunerkrankungen und Bluthochdruck beteiligt sind.
Die Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) und der Charité–Universitätsmedizin Berlin stellten bei ihrer aktuellen Untersuchung fest, dass Salz die Bakterien im Darm beeinflusst. Die Experten veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der Fachzeitschrift „Nature“.
Wie wirkt sich Salz auf die Bakterien im Darm aus?
Durch die Aufnahme von Salz werden im Darm einige Bakterien beeinflusst. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Immunzellen, welche Autoimmunerkrankungen und Bluthochdruck mitverursachen. Bei Versuchen an Mäusen konnten die Mediziner feststellen, dass Probiotika die Krankheitssymptome bei den Tieren abmilderten. Wir nehmen jeden Tag Salz zu uns, wobei die Menge von Tag zu Tag variiert. Meist nehmen wir allerdings zu viel Salz auf. Bisher wurde jedoch noch nicht untersucht, wie Salz die Bakterien im Darm beeinflusst, erläutert der Studienleiter Professor Dominik Müller vom Berliner Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIH).
Salz kann Laktobazillen im Darm dezimieren
Wenn wir durch unsere Nahrung zu viel Kochsalz zu uns nehmen, fördert dies Bluthochdruck und beeinflusst zum Beispiel den Krankheitsverlauf der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose negativ. Bei den Versuchen an Mäusen konnte festgestellt werden, dass ein Übermaß an Salz die sogenannten Laktobazillen im Darm dezimiert. Zusätzlich stiegen der Blutdruck und die Zahl der Th17-Helferzellen an. Letztere werden Bluthochdruck und Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose in Verbindung gebracht.
Mikrobiom ein wichtiger Faktor für die Wirkung von Salz
Wenn die Tiere im Versuch probiotische Laktobazillen begleitend zu der salzreichen Nahrung aufnahmen, sanken der Blutdruck und die Zahl der Th17-Helferzellen wieder. Sogenannte Probiotika mildern auch die neurologischen Symptome von experimenteller autoimmuner Encephalomyelitis, einem Krankheitsmodell für Multiple Sklerose, erläutern die Forscher. Die Wissenschaftler stellten mit anderen Worten fest, dass das Mikrobiom einen wichtigen Faktor für durch Salz beeinflusste Erkrankungen darstellt. „Darmbakterien beeinflussen den Wirtsorganismus, außerdem ist im Darm das Immunsystem sehr aktiv“, erläutert Erstautor Dr. Nicola Wilck in einer Pressemitteilung des MDC.
Mediziner untersuchen bei ihrer Studie Verdauungstrakt von zwölf männlichen Probanden
Das Forscherteam überprüfte auch die Bakteriengemeinschaft im Verdauungstrakt von zwölf gesunden Männern. Diese erhielten für einen Zeitraum von 14 Tagen jeden Tag sechs zusätzliche Gramm Kochsalz. Ansonsten behielten die Probanden ihre normalen Essgewohnheiten bei, so dass insgesamt die tägliche Salzzufuhr verdoppelt wurde. Die Darmbakterien der Gattung Lactobacillus reagierten äußerst empfindlich auf die eingenommene Menge Salz. Die meisten waren nach 14 Tagen erhöhter Salzaufnahme nicht mehr nachweisbar. Der Blutdruck und die Zahl Th17-Helferzellen im Blut stieg in der gleichen Zeit an.
Es könnte verschiedene andere Bakterien geben, welche empfindlich auf Salz reagieren
Immer mehr Untersuchungen befassen sich mit der Bedeutung der Darmbakterien bei Erkrankungen. Die Interaktion der Darmflora mit dem Organismus ist aber größtenteils noch unbekannt. „Unsere Studie geht über die Beschreibung der Veränderungen durch Salz hinaus. Wir wollten zusammenhängende Prozesse betrachten“, erläutert Studienleiter Prof. Dominik Müller. Exakte Wechselwirkungen seien aber immer noch nicht vollständig aufgeklärt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es andere salzempfindliche Bakterien gibt, welche ähnlich wichtig sind, fügt der Experte hinzu.
Kann Multiple Sklerose zukünftig mit individuell angepassten Probiotika behandelt werden?
Sogenannte Laktobazillen sind vor allem in fermentierten Speisen wie Sauerkraut, Joghurt oder Käse zu finden. Zwar konnte die therapeutische Wirksamkeit dieser Bakterien bisher nicht vollständig bewiesen werden, doch „vielleicht gehört Multiple Sklerose zu den salzsensitiven Erkrankungen, die wir zukünftig mit individuell angepassten Probiotika behandeln können“, erklärt der Neuroimmunologe Prof. Ralf Linker. Lactobacillus-Probiotika könnten also therapeutisches Potenzial haben.
Weitere Forschung ist nötig
Ein solches Potenzial wird demnächst am ECRC überprüft. Eine Blutdruck-Studie mit menschlichen Probanden ist bereits in Planung, sagen die Experten. Solche eine doppelblinde Studie mit einer größeren Zahl von Teilnehmern aus beiden Geschlechtern, kontrolliert durch Placebo, sei nötig, bevor man über die therapeutische Anwendung von Probiotika nachdenken könne, erklären die Autoren. (as)
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