Können Corona-Mutationen erworbene Immunität überwinden?
Das COVID-19-verursachende Coronavirus SARS-CoV-2 entwickelt sich ständig weiter. Durch Mutationen haben sich verschiedene Varianten durchgesetzt, die potenziell ansteckender und gefährlicher sind als das Ursprungsvirus. Welche der grassierenden Varianten ist am gefährlichsten?
Ein deutsches Forschungsteam hat nun untersucht, ob derzeit bekannte SARS-CoV-2-Varianten in der Lage sind, die durch Impfung oder Genesung erhaltene Immunität auszuhebeln. Ihre Erkenntnisse zeigen zwar, dass die meisten Virusvarianten effizient neutralisiert werden können, Sorge bereitet jedoch die sogenannte „Südafrika“- Variante von SARS-CoV-2. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich im renommierten Fachjournal „Nature Communications“ vorgestellt.
Verändern SARS-CoV-2-Mutationen die Anfälligkeit?
Aus Veränderungen an Oberflächenproteinen des Virus sind neue SARS-CoV-2-Varianten hervorgegangen. Im Falle der auch hierzulande verbreiteten britischen B.1.1.7-Variante wurde bereits ein erhöhtes Ansteckungsrisiko festgestellt (siehe: COVID-19-Übertragung: Welche Personen sind am ansteckendsten?). Unklar ist derzeit, ob diese Varianten gefährlichere Krankheitsverläufe verursachen oder ob sie eine bereits erworbene Immunität überwinden können.
Eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Instituts (NMI) in Reutlingen sowie des Universitätsklinikums Tübingen hat verschiedene SARS-CoV-2-Varianten nun genauer unter die Lupe genommen. Die gute Nachricht ist, dass die meisten Varianten durch die Impfung oder eine natürlich erworbene Immunität neutralisiert werden können. Die größte Gefahr scheint von der „Südafrika“- Variante auszugehen.
Neuer Antikörpertest kann Immunantwort überprüfen
Den Forschenden zufolge besteht die effektivste Immunantwort auf das Virus aus Antikörpern, die entweder durch eine Impfung oder eine durchlebte Infektion erworben wurden. Die Antikörper verhindern aktiv das Eindringen des Virus in körpereigene Zellen. Das Forschungsteam entwickelte einen Antikörpertests namens MULTICOV-AB, mit dem die Immunantwort in Serum- und Speichelproben von geimpften, infizierten, und nicht infizierten Patientinnen und Patienten bestimmt werden kann.
Zweifach Geimpfte zeigten stabile Antikörperantwort
„Wir konnten zeigen, dass Serumproben von Patienten, die bereits zum zweiten Mal mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft wurden, eine stabile Antikörperantwort aufweisen“, erläutert Dr. Nicole Schneiderhan-Marra vom NMI. Hohe IgG Antikörperspiegel im Blut und im Speichel deuten zudem auf ein vermindertes Übertragungsrisiko hin.
Sorge wegen „Südafrika“- Variante
Gleichzeitig stellten die Forschenden aber fest, dass die gebildeten Antikörper gegen die südafrikanische Variante weniger effektiv sind. „Aus Daten anderer Forscherteams haben wir diesen Effekt erwartet“, betont Professor Dr. Michael Schindler. Das Ausmaß der verminderten Neutralisation der Südafrika-Varianten nach Immunisierung oder durchgemachter Infektion sei allerdings bemerkenswert.
Hoffnung auf andere Abwehrmechanismen
Die Forschenden weisen darauf hin, dass das Immunsystem auch durch andere Mechanismen als Antikörper auf das Virus reagiert. Es sei derzeit noch unklar, wie stark der entdeckte Effekt zu einer verminderten Schutzwirkung beiträgt. Die Arbeitsgruppe unterstreicht, wie wichtig es ist, die Virusvarianten weiter im Blick zu behalten und die Wirksamkeit der Impfstoffe stetig zu überprüfen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Becker et al.: Immune response to SARS-CoV-2 variants of concern in vaccinated individuals; in: Nature Communications, 2021, nature.com
- NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen: SARS-CoV-2 Varianten im Blick behalten (veröffentlicht: 26.05.2021), idw-online.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.