Verbindung zwischen MERS-CoV und SARS-CoV-2
Schon lange vor SARS-CoV-2 hat das durch Dromedare übertragene Betacoronavirus mit der Bezeichnung MERS-CoV die medizinische Fachwelt beschäftigt, nicht zuletzt, weil es mit einer relativ hohen Sterblichkeitsrate verbunden ist. Jetzt wurde festgestellt, dass bei MERS-CoV und SARS-CoV-2 die Immunantwort ähnlich verläuft, egal ob es sich um Dromedare oder Menschen handelt.
Bei der Analyse von 100 Immunantwort-Genen von Dromedaren ließen sich verschiedene Gene identifizieren, welche bereits mit der Virusreplikation bei SARS-CoV-1/-2 beim Menschen und der Bewegung der Bronchialzilien in Verbindung gebracht wurden. Dies deute auf ähnliche genetische Wirtswege hin, die mit den Betacoronaviren assoziiert sind, berichtet ein Forschungsteam der Vetmeduni Vienna (Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie) von seinen aktuellen Studienergebnissen. Die Studie wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Cells“ publiziert.
MERS-CoV: Sterblichkeitsrate von bis zu 35 Prozent
Spätestens seit Auftreten von SARS-CoV-2 werden Viruserkrankungen von vielen Menschen mit anderen Augen betrachtet und als ernsthafte Gefahr wahrgenommen. Eine solche Gefahr ist das Betacoronavirus MERS-CoV, das von Dromedaren auf den Menschen übertragen werden kann und häufig zu einem schweren Krankheitsverlauf führt, der in bis zu 35 Prozent der Fälle zum Tode der Betroffenen führt. Bei Dromedaren nimmt die Erkrankung dagegen lediglich einen milden Verlauf.
Wie lassen sich Unterschiede im Krankheitsverlauf erklären?
Um die auftretenden Unterschiede im Krankheitsverlauf zwischen Dromedaren und Menschen besser zu verstehen, analysierten die Fachleute die Immunantwortgene (immune-response genes; IR-Gene) von Dromedaren. Dabei konzentrierten sich die Forschenden darauf, wie diese Immunantwortgene mit einer MERS-CoV-Infektion in Verbindung gebracht werden können.
MERS-CoV ist in Dromedaren weit verbreitet
Für Menschen geht von MERS-CoV eine große gesundheitliche Gefahr aus und bis heute wurde die MERS-CoV-Infektion bei Dromedaren in mehr als 25 Ländern auf der ganzen Welt festgestellt. Das Virus tritt dabei in Dromedaren auf allen Kontinenten außer Australien auf. Bereits im Jahr 2018 berichteten Forschende vom Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen, dass eine Pandemie-Gefahr durch mutierte MERS-Viren aus der Wüste besteht. Insbesondere Mutationen im Spike-Protein, das auch bei SARS-CoV-2 ein typisches Merkmal ist, wurden dabei als kritisch bewertet.
MERS-CoV-Antikörper in Dromedaren
Für die aktuelle Untersuchung wurden nun 100 IR-Gene von insgesamt 121 Dromedaren analysiert. Die bei der Studie ausgewerteten Proben entnahmen die Fachleute an drei verschiedenen Orten in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Tiere wurden zunächst auf MERS-CoV-Antikörper untersucht. Diese sind ein Hinweis für eine vorherige Infektion oder zeigen das Vorhandensein des aktiven Virus an.
Die Forschenden stellten fest, dass die meisten der 121 untersuchten Dromedare tatsächlich MERS-CoV-Antikörper im Körper aufwiesen. Es fiel auf, dass sogar schon Jungtiere ab einem Alter von lediglich zwei Monaten dem Virus ausgesetzt waren, berichtet Studienautorin Sara Lado von der Vetmeduni Vienna.
Mit der Hilfe eines sogenannten Phänotyp-Genotyp-Assoziationstests gelang es der Forschungsgruppe schließlich, verschiedene IR-Gene zu identifizieren, von denen angenommen wird, dass sie mit MERS-CoV-Infektionen bei Dromedaren zusammenhängen könnten.
„Wir identifizierten Kandidatengene mit wichtigen Funktionen in der erworbenen (MHC-Klasse I und II) und in der angeborenen Immunantwort (PTPN4, MAGOHB) und im Flimmerepithel der Atemwege (DNAH7). Einige dieser Gene wurden in früheren Studien mit der Virusreplikation bei SARS-CoV-1/-2 beim Menschen in Verbindung gebracht, andere spielen eine wichtige mechanische Rolle für das Flimmerepithel der Bronchien“, erklärt die Expertin.
Manche der untersuchten mit MERS-CoV assoziierten Genvarianten wurden bereits zuvor mit SARS-CoV-1/-2 und anderen Infektionskrankheiten der Atemwege in Verbindung gebracht, doch sind nun weitere genomische und funktionelle Analysen erforderlich, um dies zu bestätigen, berichten die Forschenden.
„Mit unserer Arbeit öffnen wir die Tür für zukünftige neue Forschungen, einschließlich groß angelegter Screenings auf Gene, die den Abwehrmechanismen gegen die Zoonose MERs-CoV zugrunde liegen“, fügt die Studienautorin Pamela A. Burger von der Vetmeduni Vienna in einer Pressemitteilung hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Sara Lado, Jean P. Elbers, Martin Plasil, Tom Loney, Pia Weidinger et al.: Innate and Adaptive Immune Genes Associated with MERS-CoV Infection in Dromedaries, in Cells (veröffentlicht 23.05.2021), Cells
- Vetmeduni Vienna: MERS-CoV führt zu ähnlicher Immunantwort wie bei SARS-CoV-2 (veröffentlicht 14.06.2021), Vetmeduni Vienna
- Heilpraxis: Pandemie-Gefahr durch mutierte MERS-Viren aus der Wüste (veröffentlicht 22.11.2018), Heilpraxis
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.