Scharlach ist zurück: Das Comeback der Kinderkrankheit
Durch Antibiotika und Penicillin konnte die Infektionskrankheit Scharlach fast ausgerottet werden. In den letzten Jahren stiegen die Fälle jedoch weltweit auf mehr als das Fünffache. Ein Forschungsteam fand nun den Grund für das Comeback der Kinderkrankheit und stellte dabei fest, dass der bakterielle Erreger aggressiver ist, als je zuvor.
Forschende der University of Queensland in Australien untersuchten den Scharlach-Erreger Streptococcus pyrogenes aus aktuellen Ausbrüchen der Krankheit. Dabei fand die Arbeitsgruppe heraus, dass das Bakterium Gene von bestimmten Viren übernommen hat, wodurch der Erreger toxischer, infektiöser und resistenter gegen einige gängige Antibiotika wurde. Das Team stellte seine Studienergebnisse kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Nature Communications“ vor.
Scharlach-Bakterien mit Virus-Genen
Erneut ist das Scharlachfieber weltweit auf dem Vormarsch, nachdem die Infektionskrankheit in den 1940er Jahren fast ausgerottet wurde. Ein internationales Forscherteam zeigte, dass sich ein Stamm des Bakteriums Streptococcus pyogenes sogenannte Prophagen angeeignet hat. Darunter versteht man Virus-DNA, die in das Erbgut von Bakterien eingebaut wurde. Dieser neue Stamm sei für das Wiederaufleben der Krankheit verantwortlich.
Seit dem Jahr 2011 steigen die Scharlach-Fälle wieder
Gesundheitsbehörden aus aller Welt waren überrascht, als einige asiatische Länder im Jahr 2011 wieder vermehrte Scharlach-Fälle meldeten. „Die Krankheit hatte sich bis in die 1940er Jahre weitgehend aufgelöst“, berichtet Forschungsleiter Dr. Stephan Brouwer. Im Jahr 2014 folgte ein großer Ausbruch in Großbritannien. Seit einiger Zeit wurden die Erreger nun auch in Australien entdeckt.
Drastischer Anstieg der Scharlach-Fälle
„Dieses weltweite Wiederauftreten des Scharlachfiebers hat zu einem Anstieg der Erkrankungsrate um mehr als das Fünffache und zu mehr als 600.000 Fällen auf der ganzen Welt geführt“, betont Brouwer. Die Forschenden konnten nun die Ursache für das Wiederaufflammen der Jahrhunderte alten Kinderkrankheit finden.
Wenn Bakterien von Viren infiziert werden
Wie das Forschungsteam erklärt, wurde eine Population der Scharlach-Bakterien von Viren infiziert, die Toxin-Gene in sich trugen. Teile der Virus-DNA bauten sich infolgedessen in das Erbgut von Streptococcus pyogenes ein und bildeten einen neuen Stamm der Erreger mit dem Namen North-East Asian serotype M12 (emm12) Streptococcus pyogenes. Diese Ableger enthalten sogenannte „Superantigen-Toxine“, die den Erreger gefährlicher machen.
„Wir haben gezeigt, dass diese erworbenen Toxine es Streptococcus pyogenes ermöglichen, seinen Wirt besser zu besiedeln“, erklärt Studien-Co-Autor Professor Mark Walker. Darauf deuteten auch die Ergebnisse aus Tiermodellen hin. Die Forschenden entfernten die Toxin-Gene aus dem Erreger, worauf dieser nicht mehr so effektiv in der Lage war, sich in Versuchstieren zu vermehren.
COVID-19-Pandemie dämpft die Scharlach-Ausbreitung
„Genau wie das Coronavirus SARS-CoV-2, das COVID-19 verursacht, werden Streptococcus pyogenes-Bakterien gewöhnlich durch Husten oder Niesen verbreitet, mit Symptomen wie Halsschmerzen, Fieber, Kopfschmerzen, geschwollenen Lymphknoten und einem charakteristischen scharlachroten Hautausschlag“, erläutert Studienleiter Brouwer. Vorwiegend Kinder im Alter zwischen zwei und zehn Jahren seien von Scharlach betroffen.
Im Zuge der gesundheitspolitischen Maßnahmen zur Kontrolle von COVID-19 sei auch ein starker Rückgang der Scharlach-Fälle zu erwarten. „In diesem Jahr hat die soziale Distanzierung aufgrund COVID-19 die Scharlachfieberausbrüche vorerst in Schach gehalten“, ergänzt Professor Walker. Wenn die Maßnahmen gegen COVID-19 abgeschlossen sind, sei jedoch ein erneuter Anstieg der Scharlach-Fälle wahrscheinlich. „Wir müssen diese Forschung fortsetzen, um die Diagnose zu verbessern und diese Epidemien besser in den Griff zu bekommen“, resümiert Walker. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Queensland: Supercharged ‘clones’ spark scarlet fever’s re-emergence (veröffentlicht: 07.10.2020), uq.edu.au
- Stephan Brouwer, Timothy C. Barnett, Diane Ly, Katherine J. Kasper, u.a.: Prophage exotoxins enhance colonization fitness in epidemic scarlet fever-causing Streptococcus pyogenes; in: Nature Communications, 2020, nature.com
Wichtiger Hinweis:
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