Behandlung von Shin Spints kann langwierig sein
21.03.2015
Wenn das Schienbein schmerzt, müssen die Betroffenen meist eine Sportpause einlegen. Denn wenn es sich um das sogenannte Schienbeinkanten-Syndrom („Shin Splints“) handelt, ist dies meist auf eine eine Überlastung beim Laufen zurückzuführen. Bis der Patient wieder beschwerdefrei ist, kann trotz Physiotherapie und Einlagen einige Zeit vergehen. Wichtig ist, möglichst früh einen Orthopäden aufzusuchen, um zu verhindern, dass das Syndrom chronisch wird. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“ geben Experten Tipps zur Vorbeugung und Behandlung von Shin Splints.
Mit einer Spritze ist es nicht getan
Wenn Patienten mit Druckgefühl und Schmerzen im Schienbein zu Ingo Tusk kommen, weiß der Orthopäde, dass die Behandlung lange dauern kann, da es sich dabei um Anzeichen für das Schienbeinkantensyndrom handeln kann. „Diese Patienten sind schwierig zu behandeln, weil es lange dauert, bis die Beschwerden weg sind“, erklärte der Chefarzt der Abteilung Sportorthopädie und Endoprothetik an den Frankfurter Rotkreuz-Kliniken gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Man muss dem Sportlerauch von Anfang an sagen: „Das ist keine Sache, bei der man eine Spritze gibt und alles ist wieder gut.“ Da muss man wirklich an den Rädchen drehen.“ Vor allem Läufer bekommen die Verletzung, die auch „Shin Splints“ genannt wird. „Das ist ein typisches Laufbelastungssyndrom“, sagte Tusk. In seltenen Fällen leiden auch Triathleten oder Tänzer daran.
„Nur mühsam zu behandeln“
Laut Patrik Reize, Ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum Stuttgart, sprechen viele Patienten von einem diffusen Druckgefühl am Unterschenkel. Oft trete es an der Innenseite des Schienbeins auf, manchmal auch außen. Der Schmerz kommt zunächst etwa nach dem Beginn eines Laufes und bleibt bis zum Ende der Belastung, kann aber auch Stunden oder Tage danach noch anhalten und irgendwann so stark werden, dass das Training abgebrochen werden muss. Wie Tusk erklärte, ist der Schmerz da, wo der Muskel an der Knochenhaut der Schienbeinkante ansetzt. Bei manchen stehe er im Zusammenhang mit dem Fußgewölbe, das vom hinteren Schienbeinmuskel, dem Musculus tibialis posterior, aufgespannt wird. „Wenn das Gewölbe zu flach ist, kann ein Ansatzschmerz am Knochen entstehen, der nur mühsam zu behandeln ist. Denn alles, was knochennah ist, ist schlecht durchblutet. Daher kommt die lange Behandlung.“ Allerdings könne auch eine sportliche Überbelastung durch zu viel Training oder ein zu geringer Fitnessgrad zu einer Entzündung am Ansatz der Muskelsehne am Knochen führen.
Zum Arzt bevor das Syndrom chronisch wird
Neben den schlecht trainierten, übergewichtigen Übereifrigen finden sich laut Reize auch Extremsportler, die sehr häufig oder sehr lange trainieren. Obwohl es wichtig ist, einen Arzt aufzusuchen, bevor das Syndrom chronisch wird, tun das viele Reize zufolge leider nicht. „Die Patienten berichten, wenn sie dann mal in die Sprechstunde kommen, von irgendeiner Belastungssituation, in der es begonnen hat. Weil sich aber der Schmerz nach der Belastung meistens wieder zurückbildet, brauchen sie eine Weile, um zum Arzt zu gehen.“ Andere Experten verweisen darauf, dass man dem Arzt bei Schienbeinschmerzen immer auch Beschwerden wie etwa Taubheitsgefühl in den Beinen, Kreuzschmerzen oder Gesäßschmerzen angeben soll, da es unterschiedliche Ursachen für die Schmerzen geben kann. So können Beschwerden am Schienbein auch durch eine Sehnenseidenentzündung (Tendovaginitis) an der Ansatzstelle der Schienbeinmuskulatur entstehen.
Physiotherapie ist meist das Wahl der Mittel
Zunächst wird in der Regel Schonung verordnet, auch wenn eine Sportpause vielen schwer fällt. Meistens ist Physiotherapie das Wahl der Mittel. „Dabei kann man die Triggerpunkte behandeln. Das muss in erfahrene Hände, denn das ist nicht ganz einfach“, erklärte Tusk. „Liegen die Ursachen der Schmerzen im Fußgewölbe, dann ist erst einmal eine Einlagenversorgung sinnvoll, um das Gewölbe zu schützen und eine Fußfehlstellung auszugleichen.“ Überprüft werden sollte zudem, ob der Patient in den richtigen Schuhenläuft. Laut Patrick Befeldt von der Deutschen Fitnesslehrer Vereinigung (DFLV) sollte zudem die Muskulatur am Sprunggelenk trainiert werden, um die Füße zu stabilisieren. „Und generell würde ich es begrüßen, wenn Läufer vorbeugend ein begleitendes Kraft- und Koordinationstraining machen.“ Er meinte das Schwierigste sei es, „die Leute auszubremsen“. Ganz entscheidend beim Schienbeinkantensyndrom ist: „Es muss ausheilen.“
Behandlung dauert bis zu sechs Wochen
Wie Befeldt erklärte, ist es sinnvoll, nicht einfach loszulaufen, um solche Beschwerden von vornherein zu verhindern: „Man sollte langsam und systematisch anfangen zu laufen und sich für das Training möglichst einen Plan von einem Spezialisten machen lassen.“ Dadurch wird die Verletzungsgefahr deutlich geringer. Wenn die Schienbeinkanten erst einmal schmerzen, dann dauert die Behandlung in aller Regel bis zu sechs Wochen. Allerdings kann auch mehr Zeit nötig sein, wenn der Sportler den Orthopäden erst spät aufsucht. „Mit diesen Patienten muss man sich Zeit lassen“, so Patrik Reize. „Bei ihnen ist es wichtig, die ganze Differentialdiagnostik im Gespräch abzuklopfen.“ Da die Schmerzen so diffus sind, dauere es oft eine Weile, bis die Diagnose „Shin Splints“ gestellt werden kann. (ad)
>Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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