Schlafentzug: Einfluss auf die kognitive Leistung
Millionen Menschen haben chronische Schlafstörungen. Vor allem im Alter wird es für viele schwerer, gesunden Schlaf zu bekommen. Das hat Auswirkungen auf die Gesundheit. Und wie eine neue Studie zeigt, beeinflusst Schlafmangel auch die kognitive Leistung.
Forschende am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Technischen Universität (TU) Dortmund haben untersucht, wie sich Schlafentzug auf die Leistung des Gehirns auswirkt. Die in der Fachzeitschrift „eLife“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass sich nicht nur die Aktivität des Gehirns verändert, sondern auch die Verbindungsstärken zwischen den Nervenzellen beeinflusst werden. Beides wirkt sich maßgeblich auf die Gedächtnisleistung sowie das Arbeitsgedächtnis aus.
Schlafmangel beeinträchtigt die Gedächtnisleistung
Wie es in einer Mitteilung des Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund heißt, ist ausreichend Schlaf essenziell für eine optimale Leistung am Tag.
Schlafmangel beeinträchtigt nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Gedächtnisleistung und Lernprozesse. Um neue Gedächtnisinhalte zu speichern, werden in unserem Gehirn Verbindungen zwischen Nervenzellen verstärkt oder abgeschwächt.
Diese Verbindung wird auch als Neuroplastizität bezeichnet. Während des Nachtschlafs werden wichtige Verbindungen verstärkt und unwichtige werden wieder abgeschwächt.
Bei Schlafmangel fällt diese Abschwächung aus. Die kortikale Erregbarkeit ist anhaltend erhöht, was zu einer Beeinträchtigung der Signalübertragung führt. Daher können neue, äußere Reize und Informationen nur schlecht oder gar nicht verarbeitet werden und das Lernen fällt schwerer.
Durch die erhöhte, kortikale Erregbarkeit wird die Neuroplastizität gestört, was bedeutet, dass die Überaktivierung des Gehirns eine Neuvernetzung der Synapsen erschwert.
Bei Schlafentzug ist die Hirnaktivität erhöht
Dabei gibt es aber einen Unterschied zwischen kompletten Schlafentzug und dem Arbeiten gegen die persönlich bevorzugten Schlaf- und Wachphasen (Chronotyp). Bei letzterem sind die Aktivität des Hirns und die Neuroplastizität verringert.
Bei Schlafentzug ist die Hirnaktivität jedoch erhöht. Vor allem bei anspruchsvollen Tätigkeiten kann das Arbeiten im Einklang mit dem eigenen Chronotyp die Arbeitsleistung verbessern.
Weil die Dynamik der Plastizität und der Aktivität des Gehirns vom Schlaf abhängig sind, könnte diese eine Rolle bei der Vorbeugung von Erkrankungen mit kognitiven Defiziten spielen.
Beispiele für solche Erkrankungen sind Demenzen, bei denen oft Schlafstörungen vorliegen, und schwere Depressionen. Bei Depressionen besteht eine verminderte Hirnaktivierung und Neuroplastizität, welche durch einen therapeutischen Schlafentzug, der eine etablierte antidepressive Maßnahme ist, kompensiert werden könnten. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund: Schlafentzug beeinflusst kognitive Leistung, (Abruf: 07.02.2023), Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund
- Mohammad Ali Salehinejad, Elham Ghanavati, Jörg Reinders, Jan G Hengstler, Min-Fang Kuo, Michael A Nitsche: Sleep-dependent upscaled excitability, saturated neuroplasticity, and modulated cognition in the human brain; in: eLife, (veröffentlicht: 06.06.2022), eLife
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.