Schlafprobleme durch Mutation erklärbar?
Eine genetische Mutation führt bei Menschen zu einer sogenannten verzögerten Schlafphasenstörung. Diese bewirkt, dass Menschen bis spät in der Nacht nicht einschlafen können. Durch den gestörten Schlaf leiden betroffene Personen am nächsten Tag beispielsweise unter Schwierigkeiten beim Aufstehen und reduzierter Leistung.
Wenn Menschen Probleme haben abends einzuschlafen und meist lange bis spät in die Nacht wach sind, könnte dies auf eine genetische Mutation zurückzuführen sein. Darauf deuten die Ergebnisse einer Untersuchung unter Beteiligung von Forschenden der University of California – Santa Cruz hin. Die Studie wurde in dem englischsprachigen Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht.
Mutation tritt überraschend häufig auf
Eine bereits im Jahr 2017 identifizierte und überraschend häufig auftretende genetische Mutation bringt die biologische Uhr durcheinander, was die sogenannte verzögerte Schlafphasenstörung auslöst. Menschen mit dieser Erkrankung können bis spät in die Nacht (oft nach zwei Uhr morgens) nicht einschlafen.
Die meisten der genetischen Mutationen, von denen bekannt ist, dass sie die innere Uhr verändern, treten nach Angaben der Forschungsgruppe nur sehr selten auf, sie betreffen beispielsweise nur eine Person unte einer Million Menschen. Die in der Studie von 2017 identifizierte genetische Variante wurde jedoch bei etwa einem von 75 Menschen europäischer Abstammung gefunden.
Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung enthüllen die beteiligten molekularen Mechanismen und weisen den Weg zu möglichen Behandlungen, berichten die Forschenden. Die Mutation hat dramatische Auswirkungen auf das Schlafverhalten des Menschen, daher ist es sehr erfreulich, dass ein konkreter Mechanismus in der biologischen Uhr identifiziert wurde, der die Biochemie eines Proteins mit der Kontrolle des menschlichen Schlafverhaltens verbindet, berichten die Forschenden in einer Pressemitteilung.
Was sind Uhrenproteine?
Die täglichen Zyklen in praktisch jedem Aspekt der menschlichen Physiologie werden durch zyklische Interaktionen von sogenannten Uhrenproteinen in den Zellen angetrieben. Genetische Variationen, welche die Uhrenproteine verändern, können das Timing der inneren Uhr verändern und so Schlafphasenstörungen verursachen. Ein verkürzter Zyklus führt dazu, dass Menschen früher als normal einschlafen und aufwachen, während ein längerer Zyklus dazu führt, dass Menschen länger aufbleiben und länger schlafen.
Das menschliche Schlafverhalten ist komplex
Menschen bleiben aus vielen verschiedenen Gründen lange wach und Störungen können schwer zu diagnostizieren sein. Daher war die Entdeckung einer relativ häufigen genetischen Variation, die mit einer Schlafphasenstörung assoziiert ist, für die Forschungsgruppe sehr interessant. Das Verständnis des zugrunde liegenden Prozess muss noch weiter verbessert werden, aber diese eine Mutation ist eindeutig eine wichtige Ursache für das spätabendliche Verhalten beim Menschen, fügen die Forschenden hinzu.
So funktioniert die innere Uhr
Die erwähnte Mutation betrifft ein Protein mit der Bezeichnung Kryptochrom, eines der vier wichtigsten Uhrenproteine. Zwei der Uhrenproteine (CLOCK und BMAL1) bilden einen Komplex, der die Gene für die beiden anderen (Periode und Kryptochrom) einschaltet, die sich dann zusammenschließen, um die Aktivität des ersten Paares zu unterdrücken, so dass sie sich selbst ausschalten und den Zyklus erneut beginnen.
Veränderungen durch Mutation
Diese Rückkopplungsschleife ist der zentrale Mechanismus der biologischen Uhr, der die täglichen Schwankungen der Genaktivität und des Proteinspiegels im ganzen Körper steuert. Die Kryptochrom-Mutation führt dazu, dass sich die enge Bindung des Kryptochroms an den Komplex CLOCK:BMAL1 verändert, wodurch die innere Uhr so beeinflusst wird, dass Menschen erst spät einschlafen können.
In einer Anfang dieses Jahres veröffentlichten Studie zeigte sich, wie bestimmte genetische Mutationen die Zeit der inneren Uhr verkürzen können, indem sie einen molekularen Schaltmechanismus beeinflussen, der bei einigen Menschen dazu führt, dass diese abends früh einschlafen und morgens früh aufwachen.
Derzeit werden werden Möglichkeiten zur Entwicklung von Therapeutika untersucht, welche Menschen mit verzögerter Schlafphasenstörung helfen könnten. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Gian Carlo G. Parico, Ivette Perez, Jennifer L. Fribourgh, Britney N. Hernandez, Hsiau-Wei Lee et al.: The human CRY1 tail controls circadian timing by regulating its association with CLOCK:BMAL1, in Proceedings of the National Academy of Sciences (veröffentlicht 26.10.2020), PNAS
- University of California - Santa Cruz: Scientists discover how a common mutation leads to 'night owl' sleep disorder (27.10.2020), University of California - Santa Cruz
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.