Viele leiden an Schlafstörungen infolge der Belastungen im Beruf
28.04.2014
Der Stress des Berufslebens begleitet viele Menschen bis in die Abendstunden. Oftmals sind Schlafstörungen die Folge, welche ihrerseits zu erheblichen Beeinträchtigungen des Leistungsvermögens und vermehrten gesundheitlichen Problemen führen können. In einem aktuellen Beitrag des „Spiegel Online“ geben Schlafforscher und Psychologen Tipps zur Vermeidung der Schlafstörungen und für einen erholsamen Schlaf.
Laut Aussage der Experten haben die modernen Arbeitsbedingungen wesentlich dazu beigetragen, dass viele Menschen sich auch lange nach Feierabend noch mit den Berufsproblemen beschäftigen. „Durch die ständige Erreichbarkeit und Reizüberflutung verstärken sich die stressbedingten Schlafstörungen“, erläuterte die Diplom-Psychologin Felicitas von Elverfeldt aus Frankfurt am Main gegenüber „Spiegel Online“. Oftmals fehle hier ein Gegenpol zur Arbeit, der den Beschäftigten hilft sich emotional von ihrer Arbeit zu distanzieren, so die Expertin weiter. Insbesondere „empfindsamen Menschen“ würden daher bis in die späten Abendstunden durch ihren Beruf belastet, wobei Frauen tendenziell eher gefährdet seien als Männer.
Plötzlich einsetzende Schlafstörungen unter Belastung
In dem Artikel des „Spiegel Online“ berichtet eine Betroffene von plötzlich einsetzenden Schlafstörungen, nachdem sie zuvor immer gut durchschlafen konnte. Früher sei sie immer sofort eingeschlafen, sobald sie ins Bett ging. Doch kurze Zeit nachdem sie ein eigenes Unternehmen gegründet hatte, war es damit vorbei. Abends lag die Frau stundenlang wach und konnte nicht einschlafen. Fielen ihr doch die Augen zu, erwachte sie kurze Zeit später und konnte nicht weiterschlafen. „Das war eine schreckliche Zeit. Ich hatte bald Angst davor, schlafen zu gehen“, zitiert „Spiegel Online“ die Frau. Am Ende sei sie wie gerädert gewesen und habe sich kaum noch auf ihr Unternehmen konzentrieren können.
Ein Viertel der Bevölkerung mit Schlafstörungen
Zunehmende (berufliche) Belastungen im Alltag sind bei relativ vielen Menschen Ursache für Schlafstörungen, die sich zunächst meist in Form von Einschlafproblemen äußern. Die Betroffenen liegen abends stundenlang wach im Bett und können nicht aufhören über die Probleme und anstehenden Aufgaben nachzudenken. Den Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge klagen in Deutschland „25 Prozent der Bevölkerung über Schlafstörungen“ und „weitere elf Prozent erleben ihren Schlaf als häufig oder dauerhaft nicht erholsam.“ Dies habe nicht nur unmittelbare Folgen für die Betroffenen, sondern verursache oftmals „auch hohe gesellschaftliche Kosten, beispielsweise durch Unfälle, Leistungseinschränkung, Krankschreibung und Frühverrentung.“ Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat in ihrem Factsheet „Arbeiten ohne Unterlass? – Ein Plädoyer für die Pause“ auch auf den direkten Zusammenhang zwischen dem Arbeitsstress und den Schlafproblemen hingewiesen. Wird als Indikator für den Arbeitsstress das Wegfallen von Pausenzeiten herangezogen, so zeigt sich hier in der Erwerbstätigenbefragung der BAuA eine eindeutige Korrelation mit den Schlafstörungen. „Von denen, die Pausen ausfallen lassen, geben 38 Prozent Schlafprobleme an. Fällt die Pause nicht aus, sind es nur 23 Prozent“, berichtet die BAuA.
Konzentration zum Abschalten?
„Erholsames Schlafen ist die Grundvoraussetzung für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden“, erläuterte Jürgen Zulley, Schlafforscher und emeritierter Professor für Biologische Psychologie an der Universität Regensburg, gegenüber „Spiegel Online“. Hierbei sei es zunächst egal, ob jemand fünf, sieben oder neun Stunden Schlaf benötige, um erholt aufzustehen. Wichtig ist laut Aussage des Experten, dass wir zwischen den Belastungen zur Ruhe kommen. Je größer die Belastung, desto dringender bedarf es dieser Ruhephasen. Allerdings haben viele Menschen unter dem zunehmenden Druck erhebliche Schwierigkeiten abzuschalten. „Die Gedanken, die wir als problematisch erleben, schieben sich immer wieder nach vorne“, erläuterte Zulley. Die Betroffenen müssten sich „auf etwas konzentrieren, um zur Ruhe zu kommen“, auch wenn dies paradox klingen mag, so der Fachmann weiter. Tendenziell seien hier gegenläufige Tätigkeiten zum Berufsalltag empfehlenswert. „Wer vor allem psychisch im Job gefordert ist, wird sich mit Bewegung besser distanzieren und erholen können als vor dem Fernseher“, erklärte Zulley.
Meditative Tätigkeiten vorm Schlafengehen
Der Schlafforscher rät darüber hinaus zu meditativen Tätigkeiten wie beispielsweise dem Hören ruhiger Musik oder der Konzentration auf die eigene Atmung unmittelbar vor dem Schlafengehen. Hierbei habe des Gedächtnis „durch die monotone Stimulation keine Zeit, den problematischen Gedanken nachzuhängen und entspannt“, ergänzte der Sprecher der BAuA, Martin Schulte. Smartphone und Computer sollten laut Aussage der Experten in den Abendstunden nicht mehr genutzt werden, auch um eine Erinnerung an die beruflichen Probleme zu vermeiden. Des Weiteren empfiehlt Zulley Konfliktgespräche in der Familie nicht nach 20 Uhr zu führen.
Aufstehen und Tee kochen
Lassen sich die Einschlafprobleme bewältigen, bleibt für viele Betroffene jedoch noch die Schwierigkeit mit dem Durchschlafen. Sie werden nachts regelmäßig wach und können anschließend nicht wieder einschlafen. Allgemein ist das Aufwachen in der Nacht laut Aussage des Schlafforschers Zulley an sich nicht ungewöhnlich. „Das passiert jedem von uns, doch die meisten kurzen Wachphasen vergessen wir sofort wieder“, erläuterte der Fachmann. Wer wach wird und sofort mit dem Grübeln anfängt, sollte versuchen den Gedanken aufzuschreiben und anschließend weiterzuschlafen, rät Zulley. „Dann muss ich nicht mehr daran denken“, so der Schlafforscher weiter. Fühlen sich die Betroffenen derart aufgewühlt und unruhig, dass sie hellwach sind, könne es zudem helfen aufzustehen und sich mit beruhigenden Tätigkeiten wie dem Teekochen, Kreuzworträtsel lösen oder einem kurzen Spaziergang durch die Wohnung zu beschäftigen.
Schlafmittel auf Dauer keine Option
Schlafmitteln sind laut Aussage der Experten lediglich als letzte Option gegen die Schlafstörungen in Betracht zu ziehen und sollten zeitlich nur sehr begrenzt zum Einsatz kommen. Zwar haben insbesondere pflanzliche Schlafmittel den Vorteil, dass sie nur selten mit Nebenwirkungen einhergehen, doch auch sie dürfen dem Schlafforscher Jürgen Zulley zufolge nicht zur Gewohnheit werden. Die „Apotheken Umschau“ hatte erst Anfang des Monats berichtet, dass rund 1,2 Millionen Deutsche abhängig von Schlaf- und Beruhigungsmitteln sind. Dr. Rüdiger Holzbach, Leiter der Abteilung Suchtmedizin der LWL-Kliniken Lippstadt und Warstein, erklärte gegenüber dem Gesundheitsmagazin, dass die Medikamente bei regelmäßigem Gebrauch allmählich ihre Wirkung verlieren oder es sogar zu einer Wirkumkehr kommen könne. „Symptome wie Angst und innere Unruhe, gegen die sie eigentlich helfen sollen, werden verstärkt“, warnte Holzbach. (fp)
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.