Bessere Erkennung von Vorhofflimmern hilft Schlaganfälle zu verhindern
Herzrhythmusstörungen in Form des Vorhofflimmerns gelten als maßgeblicher Risikofaktor für die Entwicklung eines Schlaganfalls. Eine verlässliche Früherkennung entsprechender Herzrhythmusstörungen könnte demnach auch der Prävention von Schlaganfällen nutzen. Hierfür haben Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) gemeinsam mit Kollegen aus Mainz ein neues Verfahren zur besseren Diagnose des Vorhofflimmerns entwickelt.
Das neue einfache, günstige und ungefährliche „diagnostische Konzept spürt Herzrhythmusstörungen bei Schlaganfallpatienten besser auf als aktuell verwendete Verfahren“, so die Mitteilung der Universitätsmedizin Göttingen. Mit seiner Hilfe lasse sich das Vorhofflimmern schon früh erkennen und das Risiko eines Schlaganfalls deutlich reduzieren, berichten die Forscher. Ihr neues diagnostisches Konzept haben die Wissenschaftler in der renommierten Fachzeitschrift „Lancet Neurology“ vorgestellt.
Vorhofflimmern häufigste Ursache für einen Schlaganfall
Das Vorhofflimmern ist laut Aussage der Mediziner „eine der häufigsten Ursachen für Schlaganfälle.“ Es gelte praktisch als Vorbote für einen Schlaganfall, der seinerseits für Betroffene oft lebenslange Einschränkungen und Behinderungen zur Folge habe. Ursache für den Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und Schlaganfällen ist die Bildung von Blutgerinnseln im Herzen beim Vorhofflimmern. Diese Gerinnsel können in Richtung des Gehirns transportiert werden, dort die Gefäße verstopfen und so zu einem Schlaganfall führen. In Deutschland erleiden den Angaben der UMG zufolge jedes Jahr rund 280.000 Menschen einen Schlaganfall, wobei meist eine fehlende Blutversorgung des Gehirns Ursache ist (ischämischer Schlaganfall). „Infolge des Schlaganfalles kommt es oft zu lebenslanger Einschränkung im Alltag, viele Patienten werden dauerhaft pflegebedürftig“, so die Mitteilung der UMG.
Knapp 400 Schlaganfall-Patienten untersucht
In ihren Untersuchungen gingen die Wissenschaftler um Professor Rolf Wachter von der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG und Privatdozent Dr. Klaus Gröschel von der Klinik und Poliklinik für Neurologie an der Universitätsmedizin Mainz der Frage nach, inwiefern Schlaganfall-Patienten von einer verbesserten Untersuchung der Herzrhythmusstörungen profitieren könnten. Hierfür wurden insgesamt 398 Patienten mit frischem Schlaganfall untersucht.
Langzeit-EKG mit deutlich besseren Ergebnissen
Einen Teil der Probanden versorgten die Forscher „mit einem Langzeit-EKG über zehn Tage, das insgesamt drei Mal durchgeführt und in einem spezialisierten Labor ausgewertet wurde“, berichtet die UMG. Die anderen Patienten erhielten die aktuelle Standarddiagnostik. Die Ergebnisse sprechen laut Aussage der Forscher für sich. So seien in der Gruppe mit Langzeit-EKG-Diagnostik drei Mal häufiger Herzrhythmusstörungen in Form des Vorhofflimmerns nachgewiesen worden (13,5 Prozent) als in der Gruppe mit Standarddiagnostik (4,5 Prozent).
Vorhofflimmern wird oft übersehen
Professor Wachter zufolge wird Vorhofflimmern oft nicht erkannt, weil die Herzrhythmusstörung nur für wenige Minuten auftritt. Daher werde das Beschwerdebild bei den aktuell üblichen Herz-Kreislaufuntersuchungen leicht übersehen. „Wird Vorhofflimmern jedoch rechtzeitig erkannt, lässt sich ein Schlaganfall als Folge verhindern“, so Prof. Wachter. Dem Experten zufolge bildet eine bessere Erkennung des Vorhofflimmerns vermutlich „die vielversprechendste Strategie, um die Zahl der Schlaganfälle zu reduzieren.“
Möglichkeiten der medikamentösen Prävention
Laut Dr. Klaus Gröschel war aus Voruntersuchungen bereits bekannt, dass mit einem verlängerten Langzeit-EKG bei jedem achten Schlaganfallpatienten Vorhofflimmern nachgewiesen werden kann. Diese Erkenntnis sei wichtig, da Medikamente verfügbar sind, die das Risiko für einen erneuten Schlaganfall bei den betroffenen Patienten um zirka 70 Prozent senken können, erläutert der Neurologe Dr. Gröschel.
Neues Verfahren verhindert nachweislich Schlaganfälle
Bislang fehlte den Angaben der Forscher zufolge der Nachweis, dass ihr Verfahren tatsächlich Fälle von Vorhofflimmern findet, die normalerweise nicht entdeckt würden. „Deshalb haben wir eine Studie durchgeführt, bei der Patienten zufällig entweder unser verlängertes Langzeit-EKG bekamen oder die Standardverfahren, bei denen die Rhythmusaufzeichnung nur für ein bis drei Tage erfolgt“, erläutert Dr. Mark Weber-Krüger, Koordinator der Studie an der UMG. Nur so lasse sich beweisen, ob das neue Verfahren besser ist. Das Ergebnis war durchaus überzeugend.
Wichtiger Schritt auf dem Weg zur personalisierten Medizin
Ebenfalls positiv fielen die Daten zu wiederholten Schlaganfällen in der Langzeit-EKG-Gruppe auf. Hier entwickelten die Patienten rund 40 Prozent weniger erneute Schlaganfälle und Schlaganfallvorstufen (transitorisch ischämische Attacken), berichten die Forscher. Nun werde eine weitere größere Studie mit 5.000 Teilnehmern geplant, um die aktuellen Ergebnisse zu überprüfen. „Wir wollen zeigen, dass wir nicht nur mehr Vorhofflimmern finden, sondern auch Schlaganfälle verhindern“, betont Prof. Wachter. Mit der aktuellen Studie sei bereits ein wichtiger Schritt hin zu einer personalisierten Medizin gelungen und durch eine verbesserte Diagnostik könne den Patienten genau die Therapien zugeordnet werden, die sie benötigen. (fp)
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