Nach Schlaganfall: Erhöhtes Risiko für Depressionen und Suizid
Studien haben gezeigt, dass viele Patienten nach einem Schlaganfall unter Depressionen leiden. Diese gehen auch mit einer erhöhten Suizidgefahr einher, wie Forscher in einer wissenschaftlichen Untersuchung feststellten.
Über die Hälfte der Patienten braucht langfristig Hilfe
Gesundheitsexperten zufolge erleiden jedes Jahr mehr als eine Viertelmillion Deutsche einen Schlaganfall. Der sogenannte Hirninfarkt ist die häufigste Folge für Behinderungen im Erwachsenenalter. Laut einer Mitteilung der Deutschen Schlaganfall-Hilfe sind rund 60 Prozent der überlebenden Patienten langfristig auf Therapie, Hilfsmittel oder Pflege angewiesen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Post Stroke Depression (PSD), die Depression nach Schlaganfall, mittlerweile als eine der häufigsten Folgen der Erkrankung gilt. Die psychische Krankheit erhöht offenbar auch das Suizid-Risiko, wie Forscher in einer Studie feststellten.
Etwa ein Drittel der Betroffenen entwickeln eine Depression
In der internationalen Fachliteratur gehen Experten davon aus, dass etwa ein Drittel der Schlaganfall-Patienten früher oder später eine Depression entwickelt.
Die Ursachen dafür sehen die Fachleute vor allem in der Trauer der Patienten über den bleibenden Verlust von Fähigkeiten und in ihrer krankheitsbedingten Antriebslosigkeit, die eine weitere Rehabilitation verhindert.
Ein Kreislauf, aus dem die Betroffenen ohne ärztliche/therapeutische Hilfe oft nicht herauskommen.
Mehr als doppelt so hohes Suizid-Risiko
Dass eine Depression bei Schlaganfall-Patienten auch mit einer erhöhten Suizidgefahr einhergeht, ließ sich bisher nur vermuten.
Eine Studie aus Taiwan, die im vergangenen Jahr in der Fachzeitschrift „Journal of the American Heart Association“ (JAHA) veröffentlicht wurde, stützt diese These.
Zwölf Jahre lang beobachteten die Forscher über 700.000 Schlaganfall-Patienten und verglichen deren Daten mit 1,4 Millionen Menschen, die nach Alter und Geschlecht der Patientengruppe entsprachen.
Wichtigstes Ergebnis: Bei den Schlaganfall-Patienten war das Suizid-Risiko mehr als doppelt so hoch. Besonders gefährdet waren Personen, die jünger waren (unter 50), über ein geringes Einkommen verfügten oder in ländlichen Gebieten lebten.
Ergebnisse scheinen plausibel
„Das Ergebnis ist nicht überraschend“, sagte der Essener Neurologe Prof. Dr. Mario Siebler, Regionalbeauftragter der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
„Jüngere Menschen haben häufig am meisten zu verlieren. Ein Schlaganfall kann Patienten in finanzielle Nöte stürzen, weil sie oft ihren Arbeitsplatz verlieren. Hinzu kommt der Verlust der Mobilität, der gerade in ländlichen Regionen schnell zur Vereinsamung führen kann.“
Auch wenn die Ergebnisse nicht 1:1 auf deutsche Verhältnisse übertragbar seien, gibt es laut Siebler keine Zweifel an der Tendenz.
Eine besondere Sensibilität für das Risiko
Daher appelliert die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe an Ärzte und Therapeuten, die Schlaganfall-Patienten behandeln, eine besondere Sensibilität für dieses Risiko zu entwickeln. Das Thema Depression ist bei Patienten und Angehörigen noch immer schwer zu vermitteln.
„In der Rehabilitation behandeln wir Schlaganfall-Patienten heute oft schon sehr früh gegen eine sich anbahnende Depression“, so Siebler.
„Doch sie kann sich auch erst später entwickeln, wenn die Patienten zuhause sind und sich ihrer Situation immer mehr bewusst werden.“
In den ersten Wochen nach einem Schlaganfall sind Rehabilitationserfolge in der Regel am größten. Mit zunehmender Zeit werden die Fortschritte immer geringer.
Nur wenige Erkenntnisse
Gemäß der nationalen Versorgungsleitlinien werden Depressionen mit Antidepressiva und/oder Psychotherapie behandelt.
Dass die Behandlung mit solchen Medikamenten wirksam ist, wurde auch in Studien belegt.
Zur Behandlung von Depressionen nach Schlaganfall in der häuslichen Nachsorge gibt es aber nur wenige Erkenntnisse.
Der Deutschen Schlaganfall-Hilfe zufolge registrierte eine deutsche Studie, die das langfristige Rehabilitationsergebnis von Patienten in der Nachsorge untersuchte, einen Anstieg von Depressionen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.