Schlaganfall als Folge von Vorhofflimmern: Wer besonders gefährdet ist
Vorhofflimmern erhöht die Gefahr, einen Schlaganfall zu erleiden. Fachleuten zufolge ist diese Herzrhythmusstörung hierzulande jährlich für bis zu 30 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich. Manche Patientinnen und Patienten sind besonders gefährdet. Doch es gibt Möglichkeiten, sich zu schützen.
Die Deutsche Herzstiftung erklärt in einer aktuellen Mitteilung, wer besonders gefährdet ist, einen Schlaganfall als Folge von Vorhofflimmern zu erleiden, welche Schlaganfall-Warnzeichen jede und jeder kennen sollte und wie vorgebeugt werden kann.
Tückische Volkskrankheit
Vorhofflimmern ist tückisch: Nur bei etwa zwei Drittel der schätzungsweise 1,5 bis 2 Millionen Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland macht sich die Herzrhythmusstörung mit spürbaren Beschwerden wie Herzstolpern und unregelmäßigem oder chaotischem Herzschlag bis zum Hals, Druckgefühl im Brustkorb, Angst, Atemnot, Schwindelgefühl oder Leistungsschwäche bemerkbar.
Bei den anderen tritt die Arrhythmie ohne Symptome oder größere Beschwerden auf. „Wird die Rhythmusstörung allerdings nicht erkannt, beziehungsweise nicht behandelt, kann es zu schwerwiegenden Folgen wie Schlaganfall oder Herzmuskelschwäche kommen“, erklärt der Kardiologe Privatdozent Dr. med. Gerian Grönefeld vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.
„Gerade ein Schlaganfall trifft oft Menschen mit Vorhofflimmern, die von ihrer Herzrhythmusstörung gar nichts wissen und somit auch nicht die schützende Therapie zur Blutgerinnungshemmung erhalten haben.“
20 bis 30 Prozent der (ischämischen) Schlaganfälle in Deutschland gehen auf Vorhofflimmern zurück. Aufgrund vieler Untersuchungen ist bekannt, dass sich bei Vorhofflimmern durch die gestörte Herzbewegung und Umbauprozesse im Herzen die fein austarierte Balance der natürlichen Gerinnungsfähigkeit des Blutes in Richtung einer lebensbedrohlichen Gerinnselbildung verschiebt.
Regelmäßig Puls messen
„Der Schlaganfall ist die größte Gefahr, die vom Vorhofflimmern ausgeht. Vor allem ältere Patienten über 65 Jahre, bei denen gehäuft Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und koronare Herzkrankheit auftreten, haben ein hohes Risiko, Vorhofflimmern zu bekommen und sollten sich regelmäßig daraufhin untersuchen lassen“, rät Chefarzt PD Grönefeld, der die 1. Medizinische Abteilung für Kardiologie an der Asklepios Klinik Barmbek in Hamburg leitet.
Junge, herzgesunde Personen mit Vorhofflimmern hingegen sind wenig schlaganfallgefährdet. Daher empfiehlt die Deutsche Herzstiftung besonders älteren Menschen über 65 Jahren und Herzkranken, regelmäßig ihren Puls zu messen oder zu fühlen.
„Ist der Puls unregelmäßig oder liegt er in Ruhe über 100 Schläge pro Minute, sollte man zeitnah seinen Arzt aufsuchen, um klären zu lassen, ob Vorhofflimmern vorliegt“, sagt Grönefeld.
Schnell Hilfe rufen
Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute. Wer ein Schlaganfall-Symptom wie unten aufgeführt bei sich oder einer anderen Person bemerkt, sollte sofort den Rettungsdienst (Notruf 112) alarmieren. Um keine Zeit zu verlieren, lässt sich mit dem sogenannten FAST-Test (engl. für „schnell“) rasch abklären, ob der dringende Verdacht auf einen Schlaganfall besteht:
F (engl. Face = Gesicht): Bitten Sie die betroffene Person zu lächeln. Sieht das Gesicht asymmetrisch aus? Hängt ein Mundwinkel herab? Ein Schlaganfall kann die Gesichtsmuskeln beeinträchtigen.
A (engl. Arms = Arme): Kann die betroffene Person beide Arme gleichzeitig nach vorne heben und die Handflächen nach oben drehen? Sinkt ein Arm herab, dreht er sich, hängt ein Arm tiefer? Bei einem Schlaganfall können die Arme nicht gehoben werden; es fällt Betroffenen auch schwer, die Arme so zu koordinieren, dass die Handflächen nach oben zeigen.
S (engl. Speech & Sight = Sprache & Sehfähigkeit): Lassen Sie die betroffene Person einen einfachen Satz nachsprechen. Kann sie die Worte korrekt wiederholen? Klingt die Sprache undeutlich oder verwaschen? Der Schlaganfall kann das Sprachzentrum im Gehirn stören. Anhaltende Sehstörungen, Doppelbilder oder starker Schwindel sind ebenfalls verdächtig.
T (engl. Time = Zeit): Hat ein Mensch mit einer dieser Aufgaben Probleme, rufen Sie sofort den Rettungsdienst (112) an. Teilen Sie der Leitstelle den Verdacht auf einen Schlaganfall mit, damit die Ärztin oder der Arzt vorab informiert ist und schnelle Hilfe leisten kann.
Wichtig zu wissen: Häufig treten einzelne Symptome schon Tage oder Wochen vorher auf, verschwinden jedoch nach kurzer Zeit wieder. Meistens handelt es sich bei diesen „Vorboten“ um fast die gleichen Symptome wie bei einem Schlaganfall. Auch in solchen Fällen sollte sofort der Notruf 112 gewählt werden.
Schlaganfallrisiko reduzieren
Wichtigste erste Maßnahme nach der Diagnose Vorhofflimmern ist laut der Herzstiftung die Behandlung mit einem gerinnungshemmenden Medikament („Blutverdünner“). Diese vorbeugende Therapie wird allerdings nicht per se allen Personen mit Vorhofflimmern verordnet, sondern auf Grundlage des individuellen Schlaganfallrisikos der Betroffenen.
Neben der Einnahme gerinnungshemmender Medikamente ist es ebenso wichtig, die Grund- oder Begleiterkrankung der Vorhofflimmerpatientinnen und -patienten konsequent zu behandeln.
Neben Bluthochdruck fallen darunter insbesondere die koronare Herzkrankheit (KHK), Herzklappenerkrankungen, Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Diabetes, Schilddrüsenüberfunktion, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung), das Schlafapnoesyndrom und Fettleibigkeit (Adipositas).
Der häufigste Verursacher von Vorhofflimmern
Bei etwa 60 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern liegt Bluthochdruck vor. Eine Erweiterung des linken Vorhofs ist ein erstes Zeichen dafür, dass das Herz durch den hohen Blutdruck schon geschädigt ist.
Hochdruckpatientinnen und -patienten sollten daher ihren Blutdruck und Puls regelmäßig messen und therapeutisch gut eingestellt sein, um ihr Schlaganfallrisiko zu minimieren. So kann bei Hypertonie die Senkung des oberen Wertes um nur 10 mmHg das Schlaganfallrisiko um mehr als 20 % verringern.
„Patienten mit Bluthochdruck und Vorhofflimmern sind zweifach belastet: Zum einen erhöht der Bluthochdruck aufgrund der Gefäßbelastung selbst das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko, zum anderen besteht durch das Vorhofflimmern die Gefahr, dass sich Blutgerinnsel bilden, die wiederum einen Schlaganfall auslösen können“, erklärt Grönefeld. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Herzstiftung: Schlaganfallgefahr durch Vorhofflimmern: Wie schütze ich mich?, (Abruf: 29.10.2022), Deutsche Herzstiftung
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.