Schlechte Gesundheit der Kinder in Deutschland
05.07.2011
Die Gesundheit der Kinder hat sich in den vergangenen zehn Jahren deutschlandweit deutlich verschlechtert, so das Ergebnis einer im Auftrag der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) durchgeführten Studie des Forsa-Instituts. Das Markt-, Meinungs- und Sozialforschungsinstitut hat im April 100 Kinder- und Jugendärzte in Deutschland zu der Entwicklung des Gesundheitszustandes der Heranwachsenden befragt.
Im Rahmen der Studie konstatierten die Kinderärzte eine deutliche Verschlechterung der Gesundheit von Mädchen und Jungen in den vergangenen zehn Jahren. Insbesondere bei den Grundschülern im Alter zwischen sechs und acht Jahren haben gesundheitliche Probleme wie Übergewicht, Fettleibigkeit (Adipositas) oder psychische Störungen deutlich zugenommen, berichtete Christina Sewekow von der DAK bei Vorstellung der Studienergebnisse in Hamburg. Die Expertin der DAK wertete die Aussagen der Kinderärzte als „alarmierend“ und betonte, dass „die Gesundheitserziehung unserer Kinder in Deutschland ein stärkeres Gewicht bekommen“ müsse.
Kinderärzte sehen Verschlechterung des Gesundheitszustandes
Mehr als 50 Prozent der befragten Kinderärzte gaben an, dass in den letzten zehn Jahren der Gesundheitszustand der Heranwachsenden sich tendenziell verschlechtert habe. 51 Prozent der Kinderärzte erklärten, dass sich der Gesundheitszustand der Kinder seit dem Jahr 2000 eher verschlechtert habe, vier Prozent sprachen von einer deutlichen Verschlechterung. Bei den psychischen Problemen und Verhaltensauffälligkeiten stellten „mit 97 Prozent fast alle befragten Kinderärzte fest, dass diese zugenommen haben“, erklärte die DAK-Sprecherin. Christina Sewekow zufolge sahen 55 Prozent der befragten Mediziner bei den psychischen Problemen und Verhaltensauffälligkeiten in den vergangenen zehn Jahren sogar einen „starken“ Anstieg. Als Ursache für die wachsenden Beschwerden der Heranwachsenden nannten die Kinderärzte das Zusammenspiel von ungesunder Ernährung, Bewegungsmangel sowie dem Zeitvertreib mit Fernsehen bzw. Computer und Konsolen. Dieser ungesunde Lebenswandel bildet nach Einschätzung der Mediziner die größte gesundheitliche Bedrohung für die Kinder. Darüber hinaus bemängelten die Kinderärzte auch die fehlende Vorbildfunktion der Eltern und benannten diese im Rahmen der DAK-Studie häufig als Risikofaktor für die Gesundheit der Heranwachsenden. Außerdem gaben 61 Prozent der Ärzte an, dass in den Schulen zu wenig oder unzureichender Sportunterricht stattfinde.
Gesundheitsprobleme durch Übergewicht schon im Grundschulalter
Vor allem die Grundschüler im Alter zwischen sechs und acht Jahren leiden den Einschätzungen der Mediziner zufolge besonders häufig an Gesundheitsproblemen durch Übergewicht. So stellten „95 Prozent der Kinderärzte hier eine Zunahme fest“, erklärte die DAK-Sprecherin Christina Sewekow. Darüber hinaus haben laut Aussage der Kinderärzte die motorischen Defizite aber auch die Sprach- und Hörprobleme ebenfalls deutlich zugenommen, so das Ergebnis der aktuellen DAK-Studie. Diese Diagnosen würden bei den Drei- bis Fünfjährigen am häufigsten gestellt, so die Aussage von Sewekow. Für die Sprecherin der DAK sind die Einschätzungen der Mediziner alarmierend, da häufig schon im Kindesalter der Grundstein für erhebliche gesundheitliche Probleme im späteren Lebensverlauf gelegt werde. Daher sollte das Konzept der Früherkennung dringend überprüft und notfalls überarbeitet werden, betonte Christina Sewekow. Dabei sollte jedoch nicht die Ausweitung der Vorsorgeuntersuchungen im Vordergrund stehen, sondern eine Schwerpunktbildung bei der Untersuchung einzelner Probleme wie beispielsweise beim Übergewicht erfolgen, forderte die DAK-Sprecherin. Um den langfristigen Erfolg der entsprechenden Programme zu gewährleisten, sei es „wichtig, auch Eltern und Schule mehr einzubinden“, erklärte Sewekow.
Ernährungsgewohnheiten als Risikofaktor für die Gesundheit
Mehrfach wurde in der Vergangenheit bereits die Ernährung von Kleinkindern als möglicher Risikofaktor für die Gesundheit der Heranwachsenden kritisiert. Erst im Mai dieses Jahres hatte das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) eine Studie vorgestellt, der zufolge viele Kleinkinder nicht nur ungesund ernährt werden sondern auch im Schnitt deutlich zu wenig Flüssigkeit pro Tag aufnehmen. Hierdurch würden langfristig erhebliche Beeinträchtigungen für die Gesundheit drohen, erklärten die Wissenschaftler des FKE. Die Kleinkinder verzehren einerseits zu viel Süßigkeiten, Fleisch und Wurst, anderseits werde mit 0,4 Liter pro Tag deutlich zu wenig getrunken, berichteten die Ernährungsexperten. Vor allem der Süßigkeitenkonsum von durchschnittlich 50 Gramm pro Tag (empfohlen max. 30 Gramm) bereitete den Ernährungswissenschaftlern Sorge. Die Expertin des FKE, Ernährungswissenschaftlerin Dr. oec. troph. Annett Hilbig, stufte die Ergebnisse der Studie als besonders bedenklich ein, da sich vor allem im Kleinkindalter die Ernährungsgewohnheiten herausbilden und so häufig schon im frühen Kindesalter der Grundstein für eine lebenslang falsche Ernährung gesetzt werde. (fp)
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