Übergebrauch von Schmerzmitteln kann Kopfschmerzen verstärken
Millionen Menschen in Deutschland leiden immer wieder mal an Kopfschmerzen. Viele Betroffene greifen dann schnell zu frei verkäuflichen Arzneimitteln. Doch wer zu oft solche Schmerzmittel schluckt, läuft Gefahr, die Beschwerden sogar noch zu verstärken. Darauf weisen nun Gesundheitsexperten hin. Häufig können Kopfschmerzen auch ohne Medikamente behandelt werden.
Es müssen nicht immer Medikamente sein
Schmerzen an den Schläfen und ein brummender Schädel: Kopfschmerzen zählen mittlerweile zu den Volkskrankheiten. Zwar lassen sich die Beschwerden in vielen Fällen mit Hausmitteln wie Pfefferminzöl, Melissengeist oder Kaffee mit Zitrone beheben, doch viele Bundesbürger greifen lieber zu Medikamenten. Wenn dies zu häufig geschieht, besteht die Gefahr, dass die Schmerzen weiter verstärkt werden, berichten Experten.
Vorbeugend gegen Schmerzen aktiv werden
Schmerzmittel und Migräne-Medikamente können vorbestehende Kopfschmerzen verstärken und in eine chronische Krankheit verwandeln, wenn sie zu oft, zu lange oder zu hoch dosiert eingenommen werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) empfehlen Menschen mit häufigen Kopfschmerzen daher, vorbeugend gegen die Schmerzen aktiv zu werden, um nicht in einen Teufelskreis von Schmerzen und Medikation zu geraten.
„Unkomplizierte Migräne oder Kopfschmerz vom Spannungstyp können Patienten vielfach selbst behandeln. Allerdings sollten sie nicht häufiger als an zehn Tagen pro Monat Schmerztabletten einnehmen“, erklärt PD Dr. Stefanie Förderreuther, Präsidentin DMKG in einer Mitteilung.
Durch eine gezielte Prävention kann der Bedarf an Schmerzmitteln gesenkt werden. Laut der Neurologin könnten die meisten Patienten ihre Kopfschmerzen mit ärztlicher und gegebenenfalls psychotherapeutischer Hilfe in den Griff bekommen.
Durch Schmerz- oder Migränemittel verursachte Kopfschmerzen
Die Experten gehen davon aus, dass mindestens eine halbe Million Menschen in Deutschland durch Schmerz- oder Migränemittel verursachtes Kopfweh haben.
„Das Krankheitsbild ist häufiger bei Frauen, bei Patienten mit Depressionen, Angsterkrankungen oder anderen chronischen Schmerzen, wie z.B. Rückenschmerzen“, erläutert Prof. Hans-Christoph Diener, Essen, Kopfschmerzexperte der DGN.
„Die meisten Patienten ahnen nicht, dass Schmerztabletten die Schmerzursache sein können“, so Diener.
Umso wichtiger sei es, dass Experten über das Risiko aufklären und zu wirksamen Behandlungsalternativen beraten.
Neue Leitlinie
In der neuen Leitlinie zur Diagnose und Therapie des Kopfschmerzes durch Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln empfehlen Diener und seine Kollegen ein dreistufiges Vorgehen für Personen, die von einem Übergebrauch und Dauerkopfschmerzen betroffen sind.
„Die erste Maßnahme sollte stets in der Schulung und Beratung von Patienten liegen, mit dem Ziel, die Einnahme von Akutmedikamenten zu reduzieren“, erläutert PD Dr. Charly Gaul, Generalsekretär der DMKG.
„Der zweite Schritt ist eine medikamentöse Prophylaxe der zugrunde liegenden Kopfschmerzerkrankung“, so der Fachmann.
„Wirkt diese Therapie nicht, sollte als dritter Schritt eine Medikamentenpause angestrebt werden. Dieser Entzug kann je nach Konstellation ambulant, tagesklinisch oder stationär durchgeführt werden.“
Ausdauersport und Entspannung gegen Kopfschmerzattacken
Damit Kopfschmerz durch ein Zuviel an Medikamenten erst gar nicht entsteht, raten DGN und DMKG zu einer konsequenten vorbeugenden Behandlung.
Neben Medikamenten können Ausdauersport, Entspannung und Stressmanagement helfen, Kopfschmerzattacken vorzubeugen.
„Auch die Verhaltenstherapie hat sich in der Prophylaxe als wirksam erwiesen“, erklärt Prof. Peter Kropp, Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Rostock.
Möglichkeiten der Prävention werden nicht ausgeschöpft
Allerdings würden diese Möglichkeiten der Prävention längst nicht ausgeschöpft, bemerkt Stefanie Förderreuther
„Viele Patienten wissen schlicht nicht, dass man vorbeugend gegen Kopfschmerzen vorgehen kann. Das ist einfach nicht in den Köpfen der Menschen. Das liegt unter anderem daran, dass sie in der Werbung nur die Akutbehandlung von Kopfschmerzen sehen“, so die Expertin.
„Für vorbeugende, in der Regel verschreibungspflichtige Medikamente darf dagegen nicht geworben werden. Und hinter verhaltenstherapeutisch ausgerichteten vorbeugenden Strategien steht keine Firma, die ein Interesse an Werbung hätte.“
Laut der Ärztin könne den meisten Patienten mit einer leitliniengerechten Therapie geholfen werden. Selbst Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Akutmedikamenten seien behandelbar und keine Sackgasse. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.