Schokoladen-Konsum kann ungeahntes Suchtpotential entfalten
21.09.2012
Bereits der Anblick von Schokolade genügt, um die Ausschüttung einer opiumähnliche Substanz im Gehirn zu bewirken. Diese löst zumindest bei Raten ungezügelte Essgier aus. Laut Forschern ist es sehr wahrscheinlich, dass auch Menschen durch die Substanz zu übermäßigem Essen und Suchtverhalten angetrieben werden.
Schokolade birgt ungeahntes Suchtpotential
Schokolade schmeckt nicht nur gut sondern birgt zudem ein ungeahntes Suchtpotential. Forscher berichten im Fachmagazin "Current Biologie", warum der Verzicht auf die Leckerei so schwer fällt. Schon während des Anblicks von Schokolade wird im Gehirn eine opiumähnliche Substanz, das sogenannte Enkephalin, ausgeschüttet. Bei Ratten bewirkt das Neuropeptid hemmungslose Fressattacken. Wie die Wissenschaftler berichten löse es im Gehirn Befehle wie „Iss jetzt“ oder „Iss mehr davon“ aus. Es sei sehr wahrscheinlich, dass Enkephalin auch beim Menschen zu hemmungslosen Essgelüsten führt.
Für die Studie erhielten die Ratten Schokodrops. „Diese begannen sofort zu fressen und gleichzeitig stieg die Enkephalinkonzentrationen in ihrem Gehirn bis auf 150 Prozent des Normalwerts", berichten die Forscher. Die Werte seien erst nach 40 Minuten, nachdem die Tiere nicht mehr gefressen hatten, wieder gesunken, während andere Signalstoffe unverändert blieben. Um die Konzentration der Stoffe zu messen, wurde ein Mikrochip ins sogenannte Neostriatum im Gehirn der Ratten implantiert. Dieses steht normalerweise mit der Steuerung von Bewegungen in Verbindung.
Enkephalin verursacht ungehemmte Essattacken
In weiteren Versuchen spritzten die Wissenschaftler kleine Mengen von Enkephalin in die Gehirne der Ratten. Daraufhin fraßen die Tiere die doppelte Menge Schokolade, was auf einen Menschen gerechnet etwa 3,6 Kilogramm Schokolade entspricht. Das Enkephalin habe aber nicht dazu geführt, dass den Ratten die Leckerei besser geschmeckt habe, berichten die Forscher. Typische, unbewusst auftretende Wohlfühlsignale zeigten die Tiere sowohl mit als auch ohne das zusätzliche Neuropeptid gleichermaßen.
„Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Enkephalin nicht nur bei Ratten, sondern auch beim Menschen übermäßiges Essen und Suchtverhalten antreibt", erklärt Alexandra DiFeliceantonio, University of Michigan in Ann Arbor. Auch bei Übergewichtigen seien die Hirnzellen im dorsalen Neostriatum aktiv, wenn sie Nahrungsmittel ansehen. Ähnlich verhalte es sich bei Drogensüchtigen, die andren beim Drogenkonsum zusehen. „Das Gehirn hat offenbar mehr Möglichkeiten, uns zu übermäßigem Süßigkeitenkonsum zu bringen, als bislang gedacht", sagt DiFeliceantonio.
Süßigkeiten machen süchtig
Dass Süßigkeiten süchtig machen, fanden US-amerikanische Wissenschaftler bereits Ende 2010 heraus. Paul Johnson und Paul Kenny vom Scripps Research Institute haben normal- und übergewichtige Ratten im Rahmen ihrer Untersuchung mit Leckereien gefüttert. Gleichzeit setzten sie bei den Tieren einen unangenehmer Reiz. Die Forscher wollten herausfinden, wie viel wohlschmeckende Nahrung fettleibige und normalgewichtigen Ratten fressen, wenn sie zeitgleich etwas Unangenehmes aushalten müssen. Johnson und Kenny fanden heraus, dass bestimmte Rezeptoren im Gehirn der stark übergewichtigen Ratten weniger aktiv waren, so dass die Nager zwanghaft weiter fraßen. Die anderen Ratten verzichteten aufgrund der unangenehmen Reize auf die Süßigkeiten.
Die zwanghafte fressenden übergewichtigen Tiere zeigten eine geringere Aktivität der Dopamin-D2-Rezeptoren, die als Empfangseinheit für Signale durch den Neurotransmitter Dopamin fungieren und zum Belohnungssystem des Gehirns gehören. Die Reaktion der D2-Rezeptoren auf den Verzehr von Süßigkeiten sei den Prozessen im Gehirn Drogenabhängiger sehr ähnlich, schrieben die Forscher. Mit ihrer Studie sei der Beweis erbracht, dass übermäßiger Süßigkeitenkonsum im Laufe der Zeit in gewisser Hinsicht süchtig mache. (ag)
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Bild: S. Hainz / pixelio.de
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