Grazer Forscher untersuchen Eiweißmolekül Lactoferricin aus Muttermilch
15.05.2014
Treten gefährliche Keime auf, kommt es immer häufiger zu Resistenzen gegen die bisher eingesetzten Antibiotika. Dementsprechend arbeitet die Forschung auf Hochtouren daran, neue Strategien zu entwickeln, um hartnäckige Krankheitserreger weiterhin bekämpfen zu können. In diesem Zusammenhang haben sich Wissenschaftler aus Graz im Rahmen eines EU-Projekts mit dem in der Muttermilch vorkommenden Eiweißmolekül Lactoferricin auseinandergesetzt – und konnten nun entschlüsseln, wie das Peptid wirkt und in seiner Wirkweise verstärkt werden kann. Die aktuelle Studie könnte dementsprechend einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung innovativer Antibiotika leisten, so die Mitteilung der Karl-Franzens-Universität Graz.
Stillen bringt viele Vorteile mit sich
Wenn Mütter ihre Babys stillen, hat dies mehrere Vorteile: Fläschchen müssen nicht desinfiziert, Milchpulver nicht eingekauft und mehrmals täglich angemischt werden, außerdem ist es nicht notwendig, die Milch für jede Mahlzeit erst auf die richtige Temperatur zu bringen. Stattdessen kann das Baby im Prinzip zu jeder Zeit und an jedem Ort nach Bedarf gefüttert werden. Neben diesen praktischen Aspekten hat die Muttermilch aber noch einen weiteren entscheidenden Vorteil gegenüber Ersatznahrung – denn sie enthält von Vornherein alle Inhaltsstoffe, die für die Entwicklung des Kindes wichtig sind in der richtigen Dosis, wie zum Beispiel Kohlenhydrate oder fettspaltende Enzyme.
Eiweißmoleküle bei der Abwehr von Bakterien vorteilhaft gegenüber Antibiotika
Eine wichtige Rolle spielen zudem Eiweißstoffe aus der Muttermilch, die als ein Garant der natürlichen Immunabwehr gelten. Eines dieser kleinen Proteine ist dabei das Peptid „Lactoferricin“, welches eine starke Wirkung hat: „Körpereigene Peptide – kleine Eiweißmoleküle – haben in der Abwehr von Bakterien einen Vorteil gegenüber herkömmlichen Antibiotika: Sie wirken direkt und schnell auf die Zellmembran, die Hülle des Bakteriums, und zerstören diese, noch bevor sich Resistenzen bilden können“, erklärt Ass.-Prof. Dr. Dagmar Zweytick vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz.
Forscher verändern die Aminosäure-Sequenz des Lactoferricins
Lactoferricin kommt zwar in der natürlichen Muttermilch vor – allerdings in zu schwacher Form, um schwere Infektionen erfolgreich bekämpfen zu können. Um die Wirksamkeit zu verstärken, modifizierte nun ein Forscher-Team der Uni-Graz in Kooperation mit KollegInnen der Universitäten Ljubljana und Houston/Texas das Lactoferricin und konnte so die natürliche antibakterielle Aktivität verstärken sowie die Wirkweise des kleinen Moleküls entschlüsseln. Wie die Forscher aktuell im Fachjournal „PLOS ONE“ berichten, war im Rahmen des Projekts zunächst die Aminosäure-Sequenz des Lactoferricins verändert sowie eine sogenannte „Fettsäurekette“ angehängt worden (Acylierung). Nachfolgende Untersuchungen zeigten einen starken Effekt, denn sowohl die acylierten als auch die nicht-acylierten Varianten waren nun in der Lage, die Zellmembran des Bakteriums Escherichia coli – welches als Modellorganismus herangezogen wurde – stark zu schädigen. „Die positiv geladenen Peptide docken an die negativ geladenen Lipide der Bakterienzellmembran an und brechen diese auf. Darüber hinaus stören die acylierten Peptide auch die Zellteilung und damit die Vermehrung der Bakterien. Die Peptidvarianten wurden bereits international patentiert“, erklären die Forscher der Uni Graz.
Studie soll helfen, komplexe Wirkmechanismen zu klären
Mit ihrer Arbeit könnten die Forscher möglicherweise einen wichtigen Beitrag für die zukünftige Antibiotika-Forschung geleistet haben: „Insgesamt kann eingebracht werden, dassN-acylierte Peptide neben der Abtötung von Bakterien durch die starke Schädigung der Membran mit bakteriellen Lipiden wechselwirken – und zwar in einer Weise, die direkt oder indirekt Mängel bei der Zellteilung verursacht. […] Die Studie soll helfen, die mannigfaltigen Mechanismen zu klären, durch welche antimikrobielle Peptide auf Bakterienmembranen einwirken können, um die Peptid-Aktivität und Spezifität verbessern zu können“, so die Wissenschaftler in ihrem Fachartikel. (nr)
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