Welche Rolle spielt das Hautmikrobiom bei Umwelterkrankungen?
Sogenannte Umwelterkrankungen der Haut wie beispielsweise Schuppenflechte oder Neurodermitis haben in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Als Auslöser gerät immer mehr die Schädigung des natürlichen Hautmikrobioms unter Verdacht. Diese Schutzschicht der Haut wirkt wie eine Barriere, die im direkten Kontakt mit der Umwelt steht. Doch die Erforschung des Hautmikrobioms steckt noch in den Kinderschuhen.
Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben sich zum Ziel gesetzt, das Mikrobiom der Haut und die Rolle der Mikrobengemeinschaft bei der Entstehung von Hauterkrankungen wie insbesondere Umweltkrankheiten näher zu beleuchten. Ihre ersten Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „The ISME Journal“ vorgestellt.
Das Mikrobiom der Haut ist derzeit ein Mysterium
Der westliche Lebensstil und die fortschreitende Entfernung von der Natur bewirkt, dass die Vielfalt der mikrobiellen Besiedlung des Körpers deutlich abnimmt. Immer mehr Forschungsgruppen sehen in dieser Verarmung des Mikrobioms den Grund für entzündliche Krankheitsbilder der Haut, die sich häufig als Schuppenflechte oder Neurodermitis manifestieren. Das Hautmikrobiom stellt also ein wichtiges potentielles therapeutisches Ziel bei Umwelerkrankungen dar, doch derzeit ist der Wissensstand über diese Mikrobengemeinschaft stark begrenzt.
Was wurde untersucht?
Für seine Grundlagenforschung verwendete das Team unterschiedliche Mausmodelle. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten herausfinden, wie sich das Hautmikrobiom bei wildlebenden Mäusen von dem Mikrobiom von Labormäusen unterscheidet. Untersucht wurde das Hautmikrobiom von insgesamt 200 wildlebenden Mäuse aus rund 30 verschiedenen Lebensräumen. Dies wurde mit dem Mikrobiom von Labormäusen verglichen, die in hygienischen Umgebungen leben. Auf dieser Grundlage sollen künftig verbesserte dermatologische Modelle für den Menschen erstellt werden.
Grundzusammensetzung ähnelte sich
Als erste grundlegende Erkenntnis entdeckte das Team um Professor John Baines, dass die generelle Zusammensetzung der Mikroorganismen auf der Haut bei wildlebenden Tieren und Labormäusen große Übereinstimmungen zeigt, obwohl sich die Lebensbedingungen radikal voneinander unterscheiden. Dies deutet darauf hin, dass ein Großteil der Besiedlung durch das Wirtslebewesen gesteuert wird.
„Diese globale Übereinstimmung deutet darauf hin, dass trotz eines großen Pools zur Besiedlung infrage kommender Mikroorganismen in der Umwelt sich vor allem eine relativ ähnliche und stabile Zusammensetzung von Kleinstlebewesen auf der Haut der Tiere ansiedelt“, betont Studienerstautorin Dr. Meriem Belheouane. Dieser Prozess scheint unabhängig von den tatsächlichen Lebensbedingungen und Lebensräumen abzulaufen.
Der Unterschied liegt im Detail
Einige Unterschiede gab es aber: Die Haut der wildlebenden Mäuse wiesen einige Mikroben auf, die in Abhängigkeit mit dem Lebensraum zu stehen scheinen. Vor allem innerhalb der Bakteriengattung Staphylococcus kam es zu Abweichungen zwischen den Labormäusen und wildlebenden Tieren. Die Unterschiede deuten darauf hin, dass sich bestimmte Bakterien nur in Abhängigkeit mit dem Lebensraum entwickeln, um bestimmte Funktionen innerhalb des Mikrobioms zu übernehmen.
Was bedeutet dies für den Menschen?
Dieses Modell liefert wichtige Grundlagen, die zu einem besseren Verständnis des Hautmikrobioms beitragen. Künftig soll untersucht werden, wie sich das Mikrobiom der menschlichen Haut im kranken Zustand von der Haut im gesunden Zustand unterscheidet. Die Mäuse liefern zudem erste Hinweise, warum wildlebende Tiere andere Immunmerkmale aufweisen als Labormäuse. „Die neuen Erkenntnisse können so dazu beitragen, die biomedizinische Hautforschung voranzubringen und bilden einen weiteren Schritt in Richtung künftiger therapeutischer Eingriffe, die auf dem Hautmikrobiom basieren“, resümiert Baines. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: Wildtiere erlauben neue Erkenntnisse über das Hautmikrobiom (veröffentlicht: 18.06.2020), uni-kiel.de
- Meriem Belheouane, Marie Vallier, Aleksa Čepić, Cecilia J. Chung, Saleh Ibrahim, John F. Baines: Assessing similarities and disparities in the skin microbiota between wild- and laboratory populations of house mice; in: The ISME Journal, 2020, nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.