Drohende Schäden des ungeborenen Kindes durch Jodmangel in der Schwangerschaft
22.01.2015
Jodmangel bei Schwangeren kann zu Beeinträchtigungen der Gehirnentwicklung des ungeborenen Kindes führen, weshalb Frauen idealerweise schon im Vorfeld ihre Jodaufnahme erhöhen sollten, so das Ergebnis einer gemeinsamen Studie der MedUni Wien und Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Veröffentlicht wurde die Studie in dem Fachmagazin „European Journal of Clinical Nutrition“.
Den Angaben der Forscher zufolge leiden schwangere Frauen in Österreich häufig unter Jodmangel, der auch dann auftrete, wenn sie während der Schwangerschaft beginnen, vom Arzt verordnete Jod-Präparate zu sich zu nehmen. Dies lasse „den Schluss zu, dass Frauen bereits dann vermehrt Jod zu sich nehmen sollten, wenn sie planen, schwanger zu werden“, berichten die Studienautoren Heidelinde Lindorfer und Alois Gessl von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien.
Österreichische Bevölkerung mit latentem Jodmangel
In der österreichischen Bevölkerung ist laut Angaben der Wissenschaftler ohnehin „ein gewisser Mangel an diesem wichtigen Spurenelement gegeben“, was damit im Zusammenhang stehe, dass Österreich eine der niedrigsten Jodierungen des Salzes weltweit aufweise. Lediglich 15 bis maximal 20 Milligramm pro Kilogramm Salz seien hier vorgesehen, wohingegen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 20 bis 40 Milligramm pro Kilogramm Salz empfehle. Der latente Jodmangel kann sich im Zuge der Schwangerschaft deutlich verschärfen und schlimmstenfalls Entwicklungsstörungen des ungeborenen Kindes bedingen, berichten die österreichischen Wissenschaftler weiter.
Während der Schwangerschaft braucht der Körper deutlich mehr Jod
„Wenn sie schwanger sind, ist es zu spät“, betonen Heidelinde Lindorfer und Alois Gessl. Denn „dann sind die Jod-Speicher offenbar bereits so leer, dass sie während der Schwangerschaft aufgrund des um rund 50 Prozent höheren Bedarfs an Jod nicht mehr adäquat gefüllt werden können.“ Auch die Einnahme der Vorgesehenen Jod-Präparate bringt hier den Studienautoren zufolge keine verlässliche Abhilfe. Denn parallel müssen die Schwangeren dem Körper dennoch vermehrt Jod zuführen. „Jede schwangere Frau sollte laut WHO täglich rund 250 Mikrogramm Jod zu sich nehmen, was bis zum Ende der Stillperiode fortgeführt werden sollte“, erläutern die Studienautoren und ergänzen, dass das Jod dabei hauptsächlich über Kochsalz aufgenommen werde. Dies berge jedoch einige Probleme, da Kochsalz in der Bevölkerung teilweise negativ besetzt sei und zusätzlich aus medizinischen Gründen generell eine Einschränkung der Salzaufnahme empfohlen werde.
Beeinträchtigungen des ungeborenen Kindes
Jodmangel der Schwangeren kann laut Angaben der Forscher zu erheblichen Beeinträchtigungen des ungeborenen Kindes führen, da das Spurenelement „extrem wichtig für die Gehirnentwicklung des Embryos“ ist. Bereits bei einem milden Jodmangel werde die intellektuelle Entwicklung des Kindes nachweislich beeinträchtigt. Studien in Großbritannien und Australien hätten hier eine Verringerung des Intelligenzquotienten nachgewiesen. Schlimmstenfalls könne der Jod-Mangel zu einem sogenannten „Kretinismus mit Stoffwechselveränderungen, Missbildungen des Skeletts und einer Schilddrüsenunterfunktion“ führen. Allerdings sei dieses Krankheitsbild in Österreich heute gänzlich verschwunden, so die Mitteilung der MedUni Wien.
Wenig Interesse der Schwangeren an Spurenelementen und Vitaminen
Die Wissenschaftler bemängeln, dass Schwangere in Österreich generell nur ein geringes Interesse an Spurenelementen und Vitaminen zeigen. Dies gelte auch für ihre betreuenden Ärzten. Ein Drittel der 246 interviewten Frauen in der Diabetes-Ambulanz der Universitätsklinik für Innere Medizin III beziehungsweise der Schwangerenambulanz der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien habe angegeben, „überhaupt keine Vitamine oder unterstützende Präparate wie etwa Folsäure zu nehmen“ und von den restlichen zwei Drittel habe wiederum nur die Hälfte ein jodhaltiges Präparat eingenommen. „Die meisten Frauen sind sich der Bedeutung von Jod in der Schwangerschaft nicht ausreichend bewusst“, so das Fazit der Forscher. Hier seien auch die Gesundheitsbehörden verstärkt gefragt.
Migrantinnen zeigen seltener Jodmangel
Eine Ausnahme bei den Ergebnissen stellen laut Aussage der Forscher schwangere Migrantinnen dar, die insgesamt deutlich besser mit Jod versorgt seien. „Urinmessungen mittels Massenspektrometrie ergaben höhere Jod-Konzentrationen bei Frauen mit Migrationshintergrund – unabhängig von der Schwangerschaftswoche und von dem Vorliegen eines Gestationsdiabetes“, so die Mitteilung der MedUni Wien. (fp)
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