Frauen in Entwicklungsländern fehlt der Zugang zu Verhütungsmitteln
Immer weniger Frauen brechen in den Industrieländern ihre Schwangerschaft ab. Wie eine neue Studie im Fachmagazin „Lancet“ zeigt, fiel die jährliche Rate der Abtreibungen zwischen 1990 und 2014 in reichen Ländern von 46 auf 27 pro 1000 Frauen. In vielen Teilen Afrikas und Asiens stellt sich die Lage hingegen ganz anders dar. Denn gerade in Ländern, wo ein Abtreibungsverbot herrscht, besteht meist kein Zugang zu Verhütungsmitteln oder Beratungsstellen. In der Folge entstehen mehr ungewollte Schwangerschaften, welche die Betroffenen auf illegalem Weg abbrechen lassen.
Zeitpunkt der Elternschaft kann selbst entschieden werden
Familienplanung ist hierzulande kein Problem. Dank uneingeschränktem Zugang zu modernen Verhütungsmitteln können wir selbst entscheiden, wann und mit wem wir ein Kind bekommen oder uns bewusst dagegen entscheiden. Wird eine Frau ungewollt schwanger, kann sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Abbruch vornehmen lassen. Denn bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche bleibt dieser nach Paragraf 218 StGB unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Pflicht ist allerdings eine vorherige Beratung bei einem Frauenarzt oder Anlaufstellen wie Pro Familia oder dem Deutschen Roten Kreuz. Auch nach Ende der zwölften Woche ist unter bestimmten Umständen ein Abbruch möglich. Hierzu zählen z.B. eine bestehende Lebensgefahr für die Frau oder eine Schwangerschaft nach einem Sexualverbrechen.
Ähnlich sieht die Lage in den anderen Ländern West- und Nordeuropas oder in den USA aus, auch hier kann die Entscheidung Pro bzw. Contra Elternschaft weitgehend selbst getroffen werden. Dies spiegelt sich in der Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche wieder: Denn zwischen 1990 und 2014 sank die Rate der Abtreibungen in den Industrieländern pro von 46 auf 27 pro 1000 Frauen, so das Ergebnis der in „The Lancet“ veröffentlichten Studie. Besonders stark sei demnach der Rückgang der Abtreibungen in Osteuropa, wo die Rate von 88 auf 42 von 1000 Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter zwischen 15 und 44 Jahren fiel.
Abbrüche sind meist verboten
In vielen ärmeren Ländern Afrikas oder Asiens stellt sich die Situation hingegen ganz anders dar. Dort können die Menschen meist nicht selbst entscheiden, ob bzw. wann sie ein Kind bekommen wollen. Stattdessen bleibt der Zugang zu Verhütungsmitteln verwehrt, es besteht keine ausreichende medizinische Versorgung und Schwangerschaftsabbrüche sind meist verboten. Doch trotz teilweise sehr strenger Gesetze lassen sich viele Frauen davon offenbar nicht bremsen, sondern suchen sich eigene Wege, um eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen zu lassen.
Denn wie das Team aus Forschern von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), des privaten Guttmacher-Instituts für Reproduktionsmedizin und verschiedenen Universitäten im Rahmen seiner Studie herausgefunden hat, ist die Zahl der Abtreibungen in Entwicklungsländern sogar höher als in reicheren Nationen. Demnach sei die Rate der Abbrüche in den westlichen Staaten seit 1990 deutlich zurückgegangen – in den Entwicklungsländern hingegen nicht. Hier sank die Rate laut der Studie insgesamt lediglich minimal von 39 auf 37 von 1000 Frauen pro Jahr. In einigen Gebieten stieg der Anteil der Abbrüche sogar, allem voran in Lateinamerika und der Karibik (von 23% auf 32%), aber auch in Süd- und Zentralasien (von 17% auf 25%) sowie im südlichen Afrika (von 17% auf 24%).
Frauen können ungewollte Schwangerschaften nicht verhindern
Der größte Anteil der ungewollten Schwangerschaften betreffe dabei diejenigen, die keinen Zugang zu modernen Verhütungsmittel wie z.B. Pille oder Spirale haben und in der Folge das Kind abtreiben würden, schreiben die Wissenschaftler um Dr. Gilda Sedgh vom Guttmacher-Institut in New York. „Hohe Abtreibungsraten sind direkt mit einem hohen Maß an ungedecktem Bedarf an Verhütungsmitteln korreliert. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Frauen in vielen Entwicklungsregionen Verhütungsmittel fehlen und sie dadurch nicht in der Lage sind, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern“, so der Hauptautor der Studie, Dr. Sedgh laut einer Mitteilung des Instituts.
Strenge Gesetze fördern illegale Abtreibungen
„Abtreibungen werden nicht dadurch verhindert, dass man sie kriminalisiert – dadurch werden Frauen vielmehr dazu gebracht, illegale Dienstleistungen oder Methoden anzuwenden“, warnte auch Diana Greene Forster von der Universität Kalifornien in einem Kommentar zu der Studie. Um die Zahl der Abbrüche zu verringern, könne ihrer Ansicht nach ein einfaches Prozedere helfen: Demografen müssten demnach die Regionen ermitteln, in denen viele Frauen leben, die nicht schwanger werden möchten, aber keinen entsprechenden Zugang zu Verhütungsmitteln haben. Sind diese bekannt, müsste die Situation vor Ort geändert werden. „Die Sicherstellung des Zugangs zu sexueller und reproduktiver Gesundheit könnte Millionen von Frauen helfen, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden und den Zugang zu sicherer Abtreibung gewährleisten“, so die Forscher in ihrem Artikel. (nr)
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