Giftalarm: Fischvergiftung Ciguatera immer häufiger auch in Europa
30.01.2015
Die tropische Fischvergiftung Ciguatera tritt immer häufiger auch in Europa auf. Meist sind Reisende, die sich in den sogenannten Endemiegebieten des Pazifiks und der Karibik aufgehalten haben, betroffen. Auslöser dieser besonders schweren Form der Fischvergiftung sind Ciguatoxine, giftige Produkte von einzelligen Geißeltierchen. Im menschlichen Körper können sie schwerwiegende neurologische Probleme verursachen, während sie für Fische keine Gefahr darstellen.
Schwere Vergiftung durch Ciguatoxine in tropischen Fischen
Die weltweite Zunahme der Fälle von Ciguatera wird von Experten auf die fortschreitende Zerstörung der Riffe und den Anstieg der Meerestemperatur zurückgeführt. Denn die krankheitsauslösenden Ciguatoxine stammen von sogenannten Dinoflagellaten, die in Korallenriffen auf Algen und Seetang leben. Sie dienen den Fischen des Riffs als Nahrung. Durch die langsame aber stetige Erhöhung der Meerestemperatur wird die Vermehrung der Algen gefördert, informiert das gemeinnützige Europäische Informationszentrum für Lebensmittel EUFIC. Folglich steht auch mehr Nahrung zur Verfügung. Die giftigen Ciguatoxine reichen sich innerhalb der Nahrungskette wie folgt an: Geißeltierchen – Alge – Pflanzenfresserfisch – Raubfisch. Am stärksten sind die großen Jäger betroffen, wobei Barrakudas, Makrelen, Snapper und Zackenbarsch die höchsten Konzentrationen der Toxine aufweisen.
Während die Ciguatoxine für die Fische ungefährlich sind, können sie beim Menschen schwere Vergiftungen auslösen. „Sie verursachen bereits in Dosen von 0,1 Mikrogramm pro Kilogramm Krankheitserscheinungen und häufig schwerwiegende neurologische Probleme. Die belasteten Fische sind durch Geschmack, Beschaffenheit oder Geruch nicht zu erkennen. Außerdem lassen sich Ciguatoxine nicht inaktivieren – weder durch Erhitzen oder Gefrieren noch durch Magensäure. In gefrorenem Fisch sind sie quasi unbegrenzt haltbar", zitiert die Online-Ausgabe von „Die Welt“ Prof. Dr. Katharina Zimmermann von der Universitätsklinik Erlangen. Die Anästhesistin erforscht den Mechanismus der Überempfindlichkeit bei Ciguatoxin-Vergiftung.
Während Ciguatera früher nur in den Tropen auftrat, sprechen Experten mittlerweile von einer globalen Bedrohung. So wurden auf den Kanarischen Inseln seit 2008 mindestens zehn Ciguatera-Epidemien registriert. Am stärksten war die Gelbschwanzmakrelen (Yellowtail Amberjack) betroffen. 2013 erkrankten mindestens zehn Personen an der gefährlichen Fischvergiftung. Da sich belastete Fische äußerlich nicht von anderen Fischen unterscheiden, ist es sehr schwierig, betroffene Fische auszusortieren. Folglich gelangen immer wieder Fische, die zum Teil sogar sehr stark mit den Toxinen belastet sind, in den Handel.
Gefährliche Fischvergiftung kann mit schweren neurologischen Problemen einhergehen
Zimmermann hat im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit elf Betroffene zur Schwere und Häufigkeit ihrer Vergiftungssymptome befragt. „Die Erstsymptome ähnelten sich bei allen Betroffenen", so die Wissenschaftlerin. „Etwa 45 Minuten nach dem Fischkonsum entwickelte sich bei der Mehrzahl ein Brennen der Mundschleimhaut. Nach vier bis zwölf Stunden folgten Durchfall, Übelkeit und Erbrechen. Charakteristisch ist ein Absinken der Körpertemperatur, das sich als allgemeines Kältegefühl äußert und von allen Patienten festgestellt wurde. Dies ist oft gepaart mit Frieren, das die akute Vergiftungsphase überdauert."
Hinzu kommt ein starker Juckreiz, der sich bei fast allen Betroffenen bemerkbar machte und sechs bis acht Wochen nach dem Fischverzehr noch vorhanden war. In Einzelfällen trat er sogar nach einem Jahr in Form von Anfällen auf. „Viele der Patienten klagten über ein längerfristig bestehendes allgemeines Schwächegefühl, begleitet von geringer Belastbarkeit und leichter Ermüdbarkeit", berichtet Zimmermann. „Diese Schwächegefühl bestand in Einzelfällen sogar über mehrere Monate. Fast alle Betroffenen gaben an, über mindestens eine, im Durchschnitt über 3,5 Wochen, vermehrt zu frieren".
Weitere Symptome, die ebenfalls über einen längeren Zeitraum auftreten können, sind Zittern, Schwitzen, Schmerzen und ein starker Harndrang. Besonders auffällig bei Ciguatera "ist das veränderte Empfinden von Kälte und Wärme". So empfinden die Patienten "kaltes Wasser oder kalte Luft als heiß".
Therapie von Ciguatera kann lediglich Symptome lindern
Ciguatera gehört zu den Erkrankungen, für die es keine ursächliche Therapie gibt. Ärzte können lediglich die Symptome lindern. Zudem können Infusionen mit dem Zuckeralkohol Mannitol die Ausscheidung des Giftes fördern, sofern die Behandlung spätestens zwei bis drei Tage nach dem Verzehr des Fisches erfolgt. Da die belasteten Fische äußerlich nicht von unbelasteten zu unterscheiden sind, rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Reisenden in den betroffenen Regionen zum Verzicht auf den Verzehr von Tropenfisch.
In Deutschland wurden zwischen 2000 und 2013 insgesamt 61 Fälle von Ciguatera bei den Giftinformationszentren registriert. Meist waren Urlauber betroffen, die den belasteten Fisch während ihrer Reise gegessen haben. Hierzulande trat im November 2012 erstmal eine größere Epidemie auf. Damals litten 20 meist aus Norddeutschland stammende Menschen an den typischen Symptomen der Fischvergiftung. Sie hatten importierte Fischfilets verzehrt.
Warnung vor belastetem Fisch
Aktuell warnt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf seinem Internetportal „ www.lebensmittelwarnung.de“ vor dem Verzehr von Fischfilets der Marke PTC Snapper. Die betroffenen Produkte waren Anfang Dezember 2014 im Handel und tragen das Haltbarkeitsdatum 11.10. 2015 (Lot Nr. PTKVAC1301). Der aus Indonesien stammende Fisch könnte Algengifte enthalten, die Ciguatera verursachen. (ag)
Bild: w.r.wagner / pixelio.de
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