Viele weitverbreitete Aussagen über Krebs treffen nicht zu
Krebs ist eine Krankheit, vor der viele Menschen große Angst haben. Dies liegt zumindest teilweise daran, dass viele Mythen zum Thema Krebs kursieren, die eine Vorstellung schüren, die oft noch beängstigender ist, als die Erkrankung selbst. Der Onkologe Dr. Michael McNamara von der Cleveland Clinic klärt über die verbreitetsten Krebs-Mythen auf.
Mythos 1: Krebs endet immer mit dem Tod
Die meisten Arten von Krebs können durchaus erfolgreich behandelt und geheilt werden. Dies hängt stark davon ab, wann sie diagnostiziert werden. „Wir können nicht nur fortgeschrittenen Hodenkrebs und Lymphome (Morbus Hodgkin und Non-Hodgkin-Lymphome) heilen, sondern auch die meisten frühen Formen von Brust-, Dickdarm-, Prostata- und Hautkrebs, einschließlich Melanomen”, berichtet der Experte hierzu in einer Pressemitteilung der Cleveland Clinic.
Mythos 2: Krebs führt zu Haarausfall
Krebs selbst führt nicht dazu, dass betroffenen Personen automatisch die Haare ausfallen. Dr. McNamara berichtet, dass allerdings einige einige Formen der Krebsbehandlung (Chemotherapie und Bestrahlung) tatsächlich zu einem Verlust der Haare führen können.
Der Mediziner fügt hinzu, dass es auch viele Formen der Behandlung gibt, welche den Haaren nicht so stark schaden und lediglich begrenzten oder überhaupt keinen Haarausfall verursachen. „Ich würde schätzen, dass etwa die Hälfte der Chemotherapien, die wir einsetzen, keinen Haarausfall verursachen”, so der Fachmann. Es gebe zudem auch viele neuere, zielgerichtete Medikamente, welche nicht zu den traditionellen Therapien gehören, die keinen Haarausfall auslösen.
Mythos 3: Es ist möglich sich mit Krebs anzustecken
Man kann sich nicht bei einer anderen Person mit Krebs anstecken. Weder durch Kontakt noch durch Sekrete oder irgendeine Übertragung durch die Luft ist es möglich, dass eine Person seine Mitmenschen mit Krebs ansteckt.
Allerdings steckt laut dem Mediziner ein Stück Wahrheit in der Annahme, dass man sich mit Krebs anstecken kann. Denn einige Viren und Infektionen können das Krebsrisiko erhöhen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist das humane Papillomavirus (HPV), welches zu einem erhöhten Risiko für Gebärmutterhals- und Rachenkrebs beitragen kann. Das Epstein-Barr-Virus wird mit Nasen- und Kehlkopfkrebs und bestimmten Lymphomen in Verbindung gebracht. Krebserkrankungen durch Viren können teilweise erst Jahrzehnte nach der Exposition auftreten.
Mythos 4: Krebs ist immer mit Schmerzen verbunden
Bei Krebsarten, welche mit Schmerzen verbunden sind, liegt einer der Hauptschwerpunkte in der Behandlung auf der Linderung von Schmerzen. Es gibt aber auch durchaus einige Krebserkrankungen, welche keine Schmerzen verursachen.
Palliativmedizin und Schmerztherapie seien ein wichtiger Aspekt der Behandlung von Krebs. Es ist wichtig, dass man im Falle von Krebs auftretende Schmerzen sofort mit seinem Arzt oder seiner Ärztin bespricht, erläutert Dr. McNamara.
Mythos 5: Mutter hat Krebs, deswegen erkranken Kinder auch
Wenn ein Familienmitglied an Krebs erkrankt ist, könne sich das persönliche Risiko an bestimmten Krebsarten (beispielsweise Brust- oder Darmkrebs) zu erkranken, durchaus geringfügig erhöhen. Trotzdem sei die Entwicklung von Krebs in diesen Fällen nicht unvermeidlich.
Manche Menschen haben eine sehr ausgeprägte Krebsanamnese in der Familie oder ein Familienmitglied, bei dem die Diagnose in einem ungewöhnlich jungen Alter gestellt wurde. Beides deutet auf das Vorhandensein eines vererbbaren Krebsgens (beispielsweise Brustkrebsgen BRCA1) hin, berichtet der Mediziner. Es gebe aber Tests für viele dieser Mutationen.
Entscheiden sei allerdings, dass die meisten an Krebs erkrankten Menschen keine familiäre Vorbelastung mit der Krankheit aufweisen. Zusätzlich entwickeln auch die meisten Personen mit einer familiären Vorgeschichte von Krebs niemals die Krankheit, erläutert der Experte der Cleveland Clinic.
Mythos 6: Krebs erfordert immer eine sofortige Behandlung
Auch diese Vorstellung im Bezug auf Krebs treffe nicht immer zu. Nur weil jemand eine Krebsdiagnose erhält, bedeutet dies nicht, dass der Krebs sofort behandelt werden muss. Es ist durchaus möglich mit der Behandlung zu warten. Dies ist für manche Menschen nur schwer zu verstehen, fügt der Mediziner hinzu.
„Bei einigen langsam wachsenden Krebsarten greifen wir nicht zu invasiven Behandlungen, sondern warten ab, um zu sehen, ob sich der Krebs ausbreitet”, erklärt Dr. McNamara. Zu solchen Krebsarten gehören beispielsweise langsam wachsende Lymphome und Leukämien sowie einige Formen von Prostatakrebs.
In manchen Fällen sei es am besten, Therapien anzuwenden, welche die Krankheit kontrollieren, anstatt sie zu heilen. Dies ermögliche es, dass erkrankte Personen jahrelang mit dem Krebs leben können.
Krebs überhaupt nicht behandeln?
Unter bestimmten Umständen könne es auch durchaus sinnvoll sein, überhaupt nichts zu unternehmen. Sollten andere schwerwiegende Krankheiten vorliegen, stellt der Krebs vielleicht nicht die größte Bedrohung dar. Wenn Menschen sich bereits in einem späten Krebsstadium befinden, können sie sich dafür entscheiden, keine Krebsbehandlung zu erhalten, sondern eine palliative Pflege anstreben, um ihr Wohlbefinden zu erhalten, erklärt der Mediziner weiter.
In der Behandlung von Krebs wurden in den letzten Jahren viele medizinische Fortschritte erzielt, was Menschen den Umgang mit der Krankheit erleichtert und die Wahrscheinlichkeit für eine Heilung verbessert. Dr. McNamara fügt hinzu, dass es wichtig ist, dass an Krebs erkrankte Personen behandelnden Ärzten oder Ärztinnen aufkommende Fragen stellen und gegebenenfalls auch vorliegende Bedenken mitteilen. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: 6 Scary Cancer Myths, Debunked (veröffentlicht 28.09.2021), Cleveland Clinic
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.