Forschungsgroßprojekte zu seelischen Leiden
19.02.2014
Psychische Leiden sorgen in Deutschland immer öfter für Arbeitsausfälle und sind mittlerweile der häufigste Grund für Frühverrentungen und die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit. Der Bund stellt nun 35 Millionen Euro für ein Forschungsprojekt zu psychischen Erkrankungen bereit.
Häufigster Grund für Frühverrentungen
Menschen, die unter einer psychischen Erkrankung wie Depression, Schizophrenie, Angststörung oder Alkoholsucht leiden, müssen in der Regel erhebliche Einbußen ihrer Lebensqualität hinnehmen. Außerdem verursachen diese seelischen Störungen für das Gesundheitssystem enorme Kosten. Mittlerweile sind solche Leiden in Deutschland der häufigste Grund für Frühverrentungen und die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit. Die „Osnabrücker Neue Zeitung schreibt, dass es unübersehbar ist, „dass die Zahl der Arbeitnehmer, die wegen einer psychischen Erkrankung früher in Rente gehen, in den vergangenen zehn Jahren um 25000 gestiegen ist.“ Fast 15 Prozent aller Krankschreibungen sind auf seelische Erkrankungen zurückzuführen. Und die Tendenz ist steigend.
35 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren
Im Sommer dieses Jahres startet das Bundesforschungsministerium deshalb ein neues Forschungsnetz zu psychischen Erkrankungen und stellt dafür in den folgenden vier Jahren insgesamt 35 Millionen Euro bereit. Neun Forschungsverbünde wurden aus 46 Anträgen für die Forschung ausgewählt. Davon werden zwei von Dresdner Wissenschaftlern koordiniert.
Früherkennung und Frühintervention von manisch-depressiven Erkrankungen
Die Projekte in der Regie von Professor Michael Bauer vom Universitätsklinikum der TU Dresden, befassen sich mit bipolaren Störungen, auch als manisch-depressive Erkrankungen bekannt. Diese Störungen gehen mit starken Stimmungs- und Aktivitätsschwankungen zwischen hoch (manisch) und tief (depressiv) einher. „Diese Erkrankungen werden in der ärztlichen Praxis häufig nicht erkannt“, so der Mediziner gegenüber der „Sächsischen Zeitung“. Bis zur Diagnose dauere es im Durchschnitt acht Jahre, was für die Betroffenen eine hohe zusätzliche Belastung darstellt. „Uns geht es um eine verbesserte Früherkennung und Frühintervention.“ Die Forscher wollen unter anderem den genetischen Fingerabdruck der Erkrankungen aufspüren, Frühwarnzeichen für die nicht seltenen Rückfälle identifizieren und einen gezielteren, personalisierten Medikamenteneinsatz ermöglichen. Wie Bauer betont, werden durch den mit fünf Millionen Euro geförderten Verbund von acht Partnern die bipolaren Störungen erstmals in einem Großprojekt untersucht.
Behandlungsprogramme gegen Angstattacken
In einem weiteren Vorhaben erforscht ein Team um Hans-Ulrich Wittchen, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der TU Dresden, Angststörungen. Die Dresdner Forscher entwickeln neue Behandlungsprogramme, mit denen Patienten etwa sogenannte Auslöschungsmechanismen gegen Angstattacken trainieren können. Genetische und bildgebende Studien sollen den Wissenschaftlern helfen, die Krankheit besser zu verstehen. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge erleiden bis zu 40 Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal eine psychische Erkrankung. Laut DAK gab es 2012 in Sachsen pro 100 Versicherte 208 Fehltage wegen psychischen Leiden. Das waren rund 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor. (ad)
Bild: Rosi v. Dannen / pixelio.de
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