Durch eine Angleichung der Darmflora können Angststörungen und Depressionen offenbar von Müttern auf ihren Nachwuchs übertragen werden – zumindest bei Ratten. Dies verdeutlicht einerseits die Bedeutung der Darmflora für die psychische Gesundheit und zeigt anderseits, wie wichtige eine gute psychische Gesundheit der Mütter ist.
Ein chinesisches Forschungsteam hat an Ratten untersucht, ob die Übertragung des Darmmikrobioms bei der Entwicklung von Ängsten und Depressionen eine Rolle spielt. Die entsprechenden Studienergebnisse sind in dem „Journal of Affective Disorders“ veröffentlicht.
Darmflora beeinflusst psychisches Wohlbefinden
Dass die Darmmikrobiota einen Einfluss auf die psychische Gesundheit haben, gilt mittlerweile als eindeutig belegt. So konnte ein niederländisches Forschungsteam bereits vor gut zwei Jahren nachweisen, dass Darmbakterien über die Darm-Hirn-Achse Depressionen beeinflussen.
Zudem zeigte letztes Jahr eine Studie unter Beteiligung von Forschenden der University of Virginia, dass bestimmte Darmbakterien vor Ängsten und Depression schützen und Fachleute der University of Colorado Boulder kamen erst kürzlich zu dem Schluss, dass eine fettreiche Ernährung über ihren Einfluss auf die Darmflora Stress und Ängste fördern kann.
Übertragung durch die Darmflora?
Daher gingen die Forschenden in der aktuellen Studie der Frage nach, ob väterliche und mütterliche Ängste und Depressionen durch die Übertragung des Darmmikrobioms an die Nachkommen weitergegeben werden können.
Hierfür wurde der Nachwuchs von Ratten jeweils für zwei, vier oder sechs Monate mit ihren depressiven Mutter- oder Vater-Ratten gehalten.
Dabei ermittelten die Forschenden die angst- und depressionsähnlichen Verhaltensweisen sowie die Interaktions- und Betreuungsaktivitäten zwischen Mutter/Vater und ihren Jungen. Zudem analysierten sie die Zusammensetzung der Darmflora und den Zusammenhang mit den Verhaltensweisen der Tiere.
Auch wurde eine fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT) durchgeführt, um die Darmflora von depressiven beziehungsweise gesunden Mutterratten in den Nachkommen zu etablieren und so den Einfluss der Darmflora bei der Vermittlung von Ängsten und Depressionen bei den Welpen konkret zu überprüfen.
Übertragbarkeit bestätigt
In den Untersuchungen wurden zwischen Rattenmüttern und -welpen intensive Interaktionen und eine Angleichung der Darmflora beobachtet. Dies war mit verstärken Anzeichen für Ängste und Depressionen bei dem Nachwuchs verbunden.
Die Übertragung der Darmmikrobiota mittels FMT hat die angst- und depressionsähnlichen Phänotypen der Darmflora hervorgerufen oder abgeschwächt, je nachdem, ob die Mikrobiota von gesunden oder depressiven Muttertieren stammten, berichtet das Team weiter.
Im Vergleich dazu seien bei den Jungtieren, die mit depressiven Rattenvätern zusammenlebten, weniger Angstzustände und Depressionen aufgetreten, was die Forschenden auf die geringeren Interaktionen und die geringere Angleichung der Darmflora zurückführen.
Wichtige Erkenntnisse
„Diese Daten belegen, dass depressive Mütter Angst und Depressionen über die Assimilation der Darmmikrobiota, die mit häufigen Interaktionen zusammenhängt, an ihre Jungen weitergeben können“, resümieren die Forschenden.
Somit unterstreiche die Studie die Bedeutung der psychischen Gesundheit der Mütter bei der Verhinderung von Ängsten und Depressionen in der Kindheit und zeige, dass die Darmflora eine wesentliche Rolle bei der Therapie der psychischen Störungen spielen könnte. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Huiliang Zhang, Hui Wei, Xuan Qin, Haiyue Song, Mengzhe Yang, Lun Zhang, Yi Liu, Zhuoqun Wang, Yiren Zhang, Yiwen Lai, Jiayu Yang, Yu Chen, Zhongshan Chen, Ji Zeng, Xiaochuan Wang, Rong Liu: Is anxiety and depression transmissible? — Depressed mother rats transmit anxiety- and depression-like phenotypes to cohabited rat pups through gut microbiota assimilation; in: Journal of Affective Disorders (veröffentlicht 24.08.2024), sciencedirect.com
- Sylvana I. S. Rendeiro de Noronha, Lauro Angelo Gonçalves de Moraes, James E. Hassell Jr., Christopher E. Stamper, Mathew R. Arnold, Jared D. Heinze, Christine L. Foxx, Margaret M. Lieb, Kristin E. Cler, Bree L. Karns, Sophia Jaekel, Kelsey M. Loupy, Fernanda C. S. Silva, Deoclécio Alves Chianca-Jr., Christopher A. Lowry, Rodrigo Cunha de Menezes: High-fat diet, microbiome-gut-brain axis signaling, and anxiety-like behavior in male rats; in: Biological Research (06.05.2024), biolres.biomedcentral.com
- Jos A. Bosch, Max Nieuwdorp, Anja Lok, et al.: The gut microbiota and depressive symptoms across ethnic groups; in: Nature Communications (2022), nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.