Auswirkungen von Singen im Chor auf die Kognition
Singen in einem Chor verbessert die verbale Flexibilität von älteren Menschen, was auf positive Auswirkungen auf die Gehirnfunktionen schließen lässt. Denn verbesserte verbale Flexibilität spiegelt eine bessere kognitive Flexibilität wider.
Die positive Wirkung des Singens in einem Chor auf die verbale Flexibilität von älteren Menschen wurde in einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung von Forschenden der University of Helsinki nachgewiesen. Veröffentlicht wurde die entsprechende Studie in der englischsprachigen Fachzeitschrift „PLOS ONE“.
Kognitive Vorteile durch musikalische Tätigkeiten
Der allgemeine Lebensstil, einschließlich körperlicher Bewegung und Ernährung, hat starke Auswirkungen auf das Altern von Menschen. Musikalische Tätigkeiten scheinen dabei potenzielle kognitive Vorteile mit sich zu bringen. Bisher hat sich die Forschung in diesem Bereich allerdings hauptsächlich auf das Musizieren mit Musikinstrumenten konzentriert.
Kognitive Vorteile durch das Spielen von Instrumenten
Die kognitiven Vorteile des Spielens eines Instruments sind bereits recht gut bekannt: Dies kann zum Beispiel die kognitive Flexibilität verbessern, d. h. die Fähigkeit, den Fokus zwischen verschiedenen Denkprozessen zu regulieren und zu wechseln. Mögliche kognitive Vorteile des Singens in einem Chor wurden dagegen bisher nur wenig untersucht, berichten die Forschenden.
Singen verbesserte verbale Flexibilität
Bei der aktuellen Untersuchung stellte das Team nun fest, dass das Singen im Chor ähnliche Vorteile wie das Spielen eines Instruments mit sich bringen kann. Die Ergebnisse zeigen, dass ältere singende Menschen eine bessere verbale Flexibilität aufwiesen, als die Teilnehmenden der Kontrollgruppe, welche nicht in einem Chor sangen. Verbale Flexibilität spiegelt eine bessere kognitive Flexibilität wider, erläutern die Forschenden.
„Dies unterstützt frühere Erkenntnisse über die Auswirkungen des Spielens eines Instruments auf die kognitiven Funktionen älterer Menschen und gibt einige Hinweise darauf, dass auch das Chorsingen möglicherweise ähnliche positive Auswirkungen hat”, so die Studienautorin Emmi Pentikäinen von der University of Helsinki in einer Pressemitteilung. „Diese Ergebnisse erweitern unser Verständnis darüber, wie verschiedene Aktivitäten auch im späteren Leben die Kognition beeinflussen können”, erklärt Pentikäinen weiter.
Singen im Chor stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl
Bei der Studie wurde auch der möglichen Nutzen des Chorsingens für das emotionale und soziale Wohlbefinden älterer Menschen untersucht. Anhand ausgefüllter Fragebögen wurde deutlich, dass Menschen, welche über einen längeren Zeitraum (mehr als zehn Jahre) in einem Chor gesungen hatten, ein größeres soziales Zusammengehörigkeitsgefühl empfanden als diejenigen mit weniger oder keiner Erfahrung im Chor, berichten die Fachleute.
Bezüglich der Bewertung des eigenen Gesundheitszustandes zeigte sich, dass die Teilnehmenden, die vor weniger als zehn Jahren mit dem Chorsingen begonnen hatten, insgesamt am zufriedensten mit ihrer Gesundheit waren. Sie bewerteten diesen besser als die Teilnehmenden, die nicht in einem Chor sangen, aber auch besser als die Teilnehmenden mit längerer Gesangserfahrung.
„Es ist möglich, dass die Menschen, die später im Leben einem Chor beigetreten sind, dadurch die Motivation gefunden haben, ihre Gesundheit durch einen aktiven und gesunden Lebensstil zu erhalten. Andererseits könnten sich die Beziehungen und sozialen Netzwerke, durch die Chorzugehörigkeit bei denjenigen, die länger dabei waren, als fester Bestandteil ihres Lebens etabliert haben und sich daher als ein größeres Gefühl der sozialen Zusammengehörigkeit zeigen”, so Pentikäinen.
Wohlbefinden von älteren Menschen verbessern
Das Altern bringt Veränderungen der kognitiven Funktionen mit sich, die sich ebenso wie die körperlichen Altersbeschwerden auf das Wohlbefinden auswirken können. Daher sei es wichtig, Wege zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Lebensqualität älterer Erwachsener zu identifizieren, erläutert das Team. Laut Pentikäinen bietet das Singen im Chor eine gute Möglichkeit, um das Wohlbefinden älterer Menschen zu unterstützen, da es flexible exekutive Funktionen und die Regulierung der Aufmerksamkeit erfordere.
Vielseitige Informationsverarbeitung
„Chorsingen ist in der Praxis einfach und mit geringem Aufwand zu betreiben. Es ist jedoch eine Aktivität, die eine vielseitige Informationsverarbeitung erfordert”, erklärt Pentikäinen. Die verschiedenen sensorischen Reize, die Motorik im Zusammenhang mit der Stimmproduktion und -kontrolle, die sprachliche Leistung, das Erlernen und Einprägen von Melodien und Texten sowie die Emotionen, die durch die gesungenen Stücke geweckt werden, scheinen auf das Gehirn wie eine Art Training zu wirken, mit dem sich die kognitiven Funktionen deutlich verbessern lassen. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Emmi Pentikäinen, Anni Pitkäniemi, Sini-Tuuli Siponkoski, Maarit Jansson, Jukka Louhivuori et al.: Beneficial effects of choir singing on cognition and well-being of older adults: Evidence from a cross-sectional study, in PLOS ONE (veröffentlicht 03.02.2021), PLOS ONE
- University of Helsinki: Researchers investigate the health benefits of choir singing – Indications of improved cognitive functioning among the elderly (veröffentlicht 10.02.2021), University of Helsinki
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.