Die häufige Nutzung des Smartphones kann der Samenqualität schaden. Die Spermienkonzentration und die Gesamtspermienzahl gehen bei intensiver Smartphone-Nutzung offenbar deutlich zurück.
Forschende der Universität Genf (UNIGE) und des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) haben untersucht, inwiefern Smartphones Auswirkungen auf die Samenqualität junger Männer haben können. Die besorgniserregenden Studienergebnisse sind in dem Fachmagazin „Fertilitiy and Sterility“ veröffentlicht.
Schädliche Strahlung der Mobiltelefone?
Mögliche negative gesundheitliche Folgen der elektromagnetische Strahlung von Mobiltelefonen werden in der medizinischen Fachwelt bereits seit langem diskutiert. Verschiedene Studien haben unter anderem Auswirkungen auf die Nahrungsaufnahme, das Gedächtnis und das Krebsrisiko nahegelegt.
Allerdings kamen andere Forschungsarbeiten zu gegenteiligen Ergebnissen und eine Studie aus dem vergangenen Jahr hat beispielsweise gezeigt, dass kein erhöhtes Hirntumorrisiko durch die Handynutzung verursacht wird.
Unklar Auswirkungen auf die Samenqualität
Auch bei dem Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und der Samenqualität waren die früheren Studienergebnisse teilweise unschlüssig, berichtet Studienautorin Rita Rahban von der medizinischen Fakultät der UNIGE.
Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Studien an einer relativ kleinen Anzahl von Personen durchgeführt und Informationen zum Lebensstil kaum berücksichtigt wurden. Zudem seien Selektionsverzerrungen aufgetreten, da die Teilnehmenden in Fruchtbarkeitskliniken rekrutiert wurden.
Studie mit knapp 2.900 Männern
In der neuen Studie untersuchten die Forschenden daher die potenziellen Auswirkungen der Smartphone-Nutzung auf die Samenqualität anhand von 2.886 Schweizer Männern im Alter von 18 bis 22 Jahren, die zwischen 2005 und 2018 im Rahmen der Wehrpflicht für die Teilnahme rekrutiert wurden.
Die Samenqualität der Teilnehmenden wurde anhand von Samenproben und Parametern wie der Spermienkonzentration, der Gesamtspermienzahl, der Spermienmotilität und der Spermienmorphologie bestimmt, erläutert das Team.
Zudem füllten die „Männer einen detaillierten Fragebogen aus, der sich auf ihre Lebensgewohnheiten, ihren allgemeinen Gesundheitszustand und insbesondere auf die Häufigkeit, mit der sie ihre Telefone benutzten, sowie darauf, wo sie sie bei Nichtgebrauch platzierten, bezog“, erklärt Professor Serge Nef von der UNIGE.
Samenqualität signifikant verschlechtert
Die Auswertung der Daten hat gezeigt, dass eine Nutzung des Smartphones von mehr als 20 Mal pro Tag mit einer signifikant niedrigeren Spermienkonzentration und einer niedrigeren Gesamtspermienzahl verbunden war, im Vergleich zur Nutzung maximal einmal pro Woche, berichten die Forschenden
Das Risiko, dass die Spermienkonzentration und die Gesamtspermienzahl unter den Referenzwerten der Weltgesundheitsorganisation für fruchtbare Männer lag, sei bei den Männern mit hoher Smartphone-Nutzung um 30 Prozent beziehungsweise 21 Prozent erhöht.
Dies Aufbewahrungsposition des Smartphones – wie beispielsweise in der Hosentasche – hatte in der Studie indes keinen Einfluss auf die Samenqualität. „Allerdings war die Zahl der Personen in dieser Kohorte, die angaben, ihr Telefon nicht nah am Körper zu tragen, zu gering, um zu diesem speziellen Punkt eine wirklich belastbare Schlussfolgerung zu ziehen“, so Rahban.
Nachlassende Sendeleistung vorteilhaft?
Zudem konnten die Forschenden keine Zusammenhänge zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und der Beweglichkeit oder der Morphologie der Spermien feststellen. Auch schien der Zusammenhang zwischen der Handynutzung und der Samenqualität im Verlauf der Studie insgesamt zurückzugehen.
„Dieser Trend entspricht dem Übergang von 2G zu 3G und dann von 3G zu 4G, der zu einer Verringerung der Sendeleistung von Telefonen geführt hat“, erklärt Professor Martin Röösli vom Swiss TPH.
Negativer Trend seit 50 Jahren
Die Samenqualität hat laut den Forschenden insgesamt in den letzten fünfzig Jahren deutlich abgenommen und es werde angenommen, dass dieses Phänomen das Ergebnis einer Kombination aus Umweltfaktoren (endokrine Disruptoren, Pestizide, Strahlung) und Lebensgewohnheiten (Ernährung, Alkohol, Stress, Rauchen) ist.
Auch die Nutzung von Smartphones könnte laut den neuen Studienergebnisse in den vergangenen Jahrzehnten zu wesentlichen Verschlechterungen der Samenqualität beitragen haben. Eine Einschränkung der Studie ist allerdings, dass sie auf den selbstberichteten Daten der Teilnehmenden beruhten.
Daher seien nun prospektive Studien mit verbesserter Expositionsbewertung erforderlich, um zu überprüfen, ob die beobachteten Zusammenhänge kausal sind, so das Fazit des Forschungsteams. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Rita Rahban, Alfred Senn, Serge Nef, Martin Rӧӧsli: Association between self-reported mobile phone use and the semen quality of young men; in: Fertility and Sterility (veröffentlicht 31.10.2023), fertstert.org
- Université de Genève: Mobile phone use may affect semen quality (Abruf 02.11.2023), unige.ch
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.