Diabetes entsteht oft durch einen ungesunden Lebensstil – und kann umgekehrt werden
Immer mehr Menschen leiden an Diabetes. Rund 8 Millionen Menschen sollen in Deutschland bereits erkrankt sein. Die meisten Patienten leiden am Typ II, der durch einen ungesunden Lebensstil ausgelöst wird. Die Ursachen sind zu wenig Bewegung, ungesundes Essen und Übergewicht. Ein britisches Wissenschaftsteam von der Newcastle University erforschte, was die genauen Ursachen sind und wie die Erkrankung – auch ohne Medikamente – wieder gestoppt werden kann.
Diabetes Typ 1 und Typ 2
Rund jeder zehnte Mensch in Deutschland leidet an der Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus. Etwa 90% von ihnen leiden unter dem Typ 2. Beim Diabetes mellitus Typ 2 wird der Blutzucker nur mangelhaft von den Zellen unseres Körpers aufgenommen.
Die Erkrankung entsteht meistens im Laufe des Lebens durch einen ungesunden Lebensstil. Der Typ 1 Diabetes ist meist angeboren und hier ist grundsätzlich die Insulinproduktion nicht in Ordnung. Das Insulin wird von Zellen der Bauchspeicheldrüse produziert. Durch einen unbekannten Autoimmunprozess kommt es zur Zerstörung diser Zellen. Im Gegensatz zum Typ 1 Diabetes sind beim Typ 2 Diabetes eigene Einflussmöglichkeiten da.
Probleme bei der Früherkennung von Typ 2- Diabetes
Im Gegensatz zur Typ 1- Erkrankung sind die Symptome bei Typ 2 sehr schwammig. Beim Typ 1 gibt es die klassischen Symptome wie Durstgefühl, vermehrtes Wasserlassen und Gewichtsabnahme. Diese haben sich auch im Bewußtsein der meisten Menschen verankert.
Symptome bei Diabetes
Die Symptomatik beim Typ 2 jedoch ist recht unspezifisch und wird infolgedessen bei vielen erst spät erkannt. Allgemeine Symptome wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit, allgemeine Schwäche, Gewichtszunahme, häufiges Hungergefühl und depressive Verstimmungen begleiten die Betroffenen über lange Zeit unerkannt und nicht richtig behandelt. So kommt es, dass die Erkrankung sich manifestieren kann.
Die Wissenschaftler der Newcastle University und der Glasgow University stellten bei ihrer Untersuchung fest, dass es für Betroffene möglich ist, ihre Erkrankung mit Typ-2-Diabetes rückgängig zu machen, wenn sie eine kalorienarme Ernährung zu sich nehmen. Die Experten veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der englischsprachigen Fachzeitschrift „The Lancet“.
Bauchfett kann lebensbedrohliche Komplikationen hervorrufen
Immer mehr Menschen erkranken an Typ-2-Diabetes. Dies steht im Zusammenhang mit einer voranschreitenden Adipositas-Epidemie, sagen die Mediziner. Angesammeltes Fett im Bauch verhindere die ordnungsgemäße Funktion der Bauchspeicheldrüse. Dadurch könne es zu schwerwiegenden und sogar lebensbedrohlichen Komplikationen kommen, wie beispielsweise Blindheit, Fußamputationen, Herzerkrankungen und Nierenerkrankungen.
Gewichtsabnahme führte bei neun von zehn Patienten zu einer Remission von Typ-2-Diabetes
Wenn von Typ-2-Diabetes betroffene Menschen abnehmen, kann dies laut Aussage der Experten die Erkrankung umkehren. So müssen die Betroffenen keine Medikamente mehr einnehmen und sie sind außerdem frei von den Symptomen und Risiken, welche normalerweise durch Typ-2-Diabetes entstehen. Neun von zehn Probanden, welche insgesamt 15 kg an Gewicht oder mehr abnahmen, erlebten eine Remission ihres Typ-2-Diabetes, sagen die Autoren. Dies zeige den wichtigen Zusammenhang zwischen Diabetes und Übergewicht, welcher auch schon in anderen Studien aufgedeckt wurde.
Ergebnisse könnten die Behandlung von Typ-2-Diabetes revolutionieren
Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung sind sehr vielversprechend. Sie könnten die Behandlung von Typ-2-Diabetes revolutionieren, erläutert Professor Roy Taylor von der Newcastle University. Ein wesentlicher Gewichtsverlust führe zu reduziertem Fett in der Leber und in der Bauchspeicheldrüse, wodurch diese Organe zu ihrer normalen Funktion zurückzukehren können. Mit einer entsprecehnden Diät könnte demnach vielen Menschen mit Diabetes geholfen werden.
Abnehmen kann zu einer dauerhaften Remission führen
Abnehmen ist nicht nur mit einer besseren Behandlung von Typ-2-Diabetes verbunden, ein signifikanter Gewichtsverlust kann tatsächlich zu einer dauerhaften Remission führen, erklären die Experten. Weltweit habe sich die Zahl der Menschen mit Typ-2-Diabetes in 35 Jahren von 108 Millionen im Jahr 1980 auf 422 Millionen im Jahr 2014 vervierfacht. Bis zum Jahr 2040 sei sogar eine Zunahme auf 642 Millionen zu erwarten. Im Vereinigten Königreich sei fast einer von zehn Erwachsenen an Typ-2-Diabetes erkrankt.
Diabetes-Remission durch Kalorienreduktion wird selten diskutiert
Statt sich mit der eigentlichen Ursache zu befassen, konzentrieren sich die Richtlinien für die Behandlung von Typ-2-Diabetes auf die Senkung des Blutzuckerspiegels durch eine medikamentöse Therapie. Ernährung und Lebensstil werden zwar auch angesprochen, aber eine Diabetes-Remission durch Kalorienreduktion wird selten diskutiert , so Professor Taylor.
Bariatrische Chirurgie ist teurer und risikoreicher
Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Studien ist, dass wir eine Diät zur Gewichtsreduktion ohne Zunahme der körperlichen Aktivität empfohlen haben, erklären die Mediziner. Für eine Langzeitbeobachtung sei aber auch eine erhöhte tägliche Aktivität wichtig. Auch die sogenannte bariatrische Chirurgie (Magenverkleinerungen etc.) könne bei etwa drei Viertel der Menschen eine Remission des Diabetes erreichen, aber eine solche Behandlung sei teurer und risikoreicher und stehe nur einer kleinen Anzahl von Patienten zur Verfügung.
298 Probanden nahmen an der Studie teil
Die Wissenschaftler untersuchten für ihre Studie 298 Erwachsene im Alter von 20 bis 65 Jahren, bei denen in den letzten sechs Jahren Typ-2-Diabetes diagnostiziert wurde. Die Hälfte der Patienten begannen mit einer sehr kalorienarmen Ernährung, die restlichen Teilnehmer dienten als Kontrollgruppe. Die Probanden mit einer kalorienarmen Ernährung hatten nach einem Jahr durchschnittlich 10 kg abgenommen. Knapp die Hälfte dieser Probanden konnte so ihren diabetischen Zustand umkehren. Dagegen konnten nur vier Prozent der Menschen in der Kontrollgruppe eine Remission erreichen.
Probanden nahmen am Tag nur 825 bis 853 Kalorien zu sich
Die Teilenehmer nahmen für einen Zeitraum von drei bis fünf Monaten am Tag 825 bis 853 Kalorien zu sich und dabei durchgehend von Experten begleitet und zum Sport ermutigt. Außerdem wurde auch eine kognitive Verhaltenstherapie durchgeführt. Selbst wenn Sie bereits seit sechs Jahren an Typ-2-Diabetes erkrankt sind, ist trotzdem eine Remission der Erkrankung möglich, sagt Prof. Michael Lean von der Glasgow University. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen konzentrierten sich die Forscher auf die Notwendigkeit, die Gewichtsabnahme durch Ernährung und Bewegung langfristig aufrecht zu erhalten.
Ziele beim Gewichtsverlust sind für viele Menschen zu erreichen
Sehr große Gewichtsverluste, welche durch die bariatrische Chirurgie herbeigeführt werden, sind nicht notwendig zur Umkehr der Erkrankung, berichten die Forscher. Die Ziele beim Gewichtsverlust seien durch das neue Programm für viele Menschen zu erreichen. Die große Herausforderung ist eher die langfristige Vermeidung einer Gewichtszunahme, erklären die Autoren. (sb, as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Prof. Michael EJ Lean, Wilma S. Leslie, Alison C. Barnes, Naomi Brosnahan, George Thom, Louise McCombie, Carl Peters, Sviatlana Zhyzhneuskaya, Ahmad Al-Mrabeh, Kieren G. Hollingsworth, Angela M. Rodrigues, Lucia Rehackova, Prof. Ashley J. Adamson, Prof. Falko F Sniehotta, Prof. John C Mathers, Hazel M. Ross, Yvonne McIlvenna, Renae Stefanetti, Prof. Michael Trenell, Paul Welsh, Sharon Kean, Prof. Ian Ford: Primary care-led weight management for remission of type 2 diabetes (DiRECT): an open-label, cluster-randomised trial; in: The Lancet (veröffentlicht 05.12.2017), The Lancet
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.