Kolonkarzinom: Moleküle beeinflussen Streuung von Metastasen bei Dickdarmkrebs
Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Die Heilungschancen hängen stark davon ab, wie früh der Krebs entdeckt wird und ob er bereits gestreut hat. Forscher aus Österreich haben nun herausgefunden, dass bestimmte Moleküle eine tragende Rolle in der Streuung von Metastasen bei Dickdarmkrebs spielen.
Bessere Behandlungsmöglichkeiten durch frühe Diagnose
Gesundheitsexperten zufolge ist Darmkrebs für Männer nach Prostata- und Lungenkrebs die dritthäufigste und für Frauen nach Brustkrebs die zweithäufigste Krebstodesursache in Deutschland. Jedes Jahr sterben hierzulande rund 26.000 Menschen daran. Die Heilungschancen hängen stark davon ab, wie früh der Krebs entdeckt wird. Und auch davon, ob er bereits gestreut hat. Neusten Erkenntnissen zufolge spielen bestimmte Moleküle in der Streuung von Metastasen bei Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom) eine tragende Rolle.
Besseres Verständnis der Erkrankung
Das Kolonkarzinom ist auch in Österreich eine der häufigsten Krebserkrankungen. An der Medizinischen Universität Graz wird intensiv an den dieser Erkrankung zugrunde liegenden molekularen Mechanismen geforscht.
Wie die Hochschule auf ihrer Webseite berichtet, zeigen aktuelle Forschungsergebnisse, dass sogenannte MicroRNAs – kleine nicht-kodierende RNA Moleküle, welche die Genexpression maßgeblich beeinflussen – eine tragende Rolle in der Streuung von Metastasen beim Kolonkarzinom spielen.
Die Identifizierung der zu Grunde liegenden molekularen Mechanismen soll zu einem besseren Verständnis der Erkrankung führen und den Weg zur Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze ebnen.
Die Forschungsergebnisse der Grazer Experten wurden kürzlich in den renommierten Journals „Clinical Cancer Research“ und „Genome Biology“ veröffentlicht.
Krebszellen benötigen Eiweißmoleküle
„In allen Körperzellen und somit auch in Tumorzellen laufen ständig biochemische Prozesse ab, welche maßgeblich durch Eiweißmoleküle (Proteine) gesteuert werden“, erklärt Assoz.-Prof. PD Mag. Dr. Martin Pichler, Leiter der Research Unit „Non-coding RNAs and Genome Editing in Cancer“, Med Uni Graz.
Krebszellen benötigen diese Eiweißmoleküle, um in gesundes Gewebe eindringen zu können, sich auszubreiten und in das Blutgefäßsystem eintreten sowie in andere Organe streuen zu können. Ob und wie viele solcher Eiweißstoffe gebildet werden, ist ein subtil reguliertes und komplex kontrolliertes Gleichgewicht.
„Eine Ebene dieser Regulation läuft über MircroRNAs, welche die Produktion der Eiweißstoffe hemmen können. Dieser Mechanismus in Krebszellen wurde erstmals von Prof. George A Calin im Jahr 2002 beschrieben. Der international renommierte Experte ist derzeit als Gastprofessor an der Med Uni Graz in der Forschung und Lehre tätig“, so Pichler.
Anomalien von Molekülen untersucht
Gemeinsam mit George Calin und Wissenschaftlern seiner eigenen Forschungsgruppe untersucht der Onkologe und Molekularbiologe Pichler die Anomalien dieser „Non-Coding RNAs“ beim Dickdarmkrebs.
„Hat man früher angenommen, dass nur die für Protein-kodierenden („Coding“) Gene definierten Abschnitte im menschlichen Genom Bedeutung haben, und die viel umfangreicheren dazwischen liegenden Abschnitte irrelevant sind – diese wurden von einigen AutorInnen sogar als „Junk DNA“ bezeichnet – hat sich das Wissen um jene „Non-coding“ Anteile vervielfacht“, sagt Pichler.
Und weiter: „Pharmakologische und Biomarker Studien weisen auf das große Potential für die Nutzung dieser MicroRNAs hin, nicht nur bei Krebserkrankungen, sondern auch bei Infektionserkrankungen oder Stoffwechselerkrankungen.“
Ergebnisse für mögliche therapeutische Ansätze nutzbar
Im Rahmen mehrerer aktueller wissenschaftlicher Arbeiten konnten die Forscher einige dieser MicroRNAs und andere Non-Coding RNAs entdecken, welche die Ausbreitung von Dickdarmkrebszellen regulieren.
So beschreiben die Wissenschaftler beispielsweise die Rolle der MicroRNA miR-196b-5p als möglichen Biomarker zur Prognose der Metastasierung von Dickdarmkrebs. Zwei unabhängige Kohorten mit insgesamt rund 300 PatientInnen zeigen, dass eine niedrige miR-196b-5p Expression signifikant mit Metastasenbildung assoziiert ist.
Die Experten haben entdeckt, dass miR-196b-5p einen direkten Einfluss auf die Krebszellmigration und die Bildung von Metastasen ausübt, wobei das verminderte Vorkommen von miR-196b-5p zu einer erhöhten Metastasenbildung führte, wohingegen eine Überexpression den gegenteiligen Effekt erzielte und die Metastasierung hemmte.
„Könnte man hier ansetzen und die Funktion dieser Regulatoren beeinflussen, wären die Ergebnisse unserer Studien für mögliche therapeutische Ansätze potentiell nutzbar“, so die Erstautorin einer der Studien Dr. Verena Stiegelbauer von der Med Uni Graz. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.