Metabolismus-Veränderungen im Laufe des Lebens
Wie sich der Stoffwechsel im Laufe des Lebens von Geburt an bis ins hohe Alter verändert, analysierte ein amerikanisches Forschungsteam. Die Ergebnisse sorgten gleich für mehrere Überraschungen. Demnach erreicht der Energieverbrauch beispielsweise nicht den Höhepunkt im Teenager-Alter. Auch scheint der Metabolismus weitaus länger stabil zu bleiben als bislang angenommen.
Wie verändert sich unser Metabolismus im Laufe des Lebens? Forschende der Duke University (USA) gingen in ihrer neusten Studie dieser Frage nach und zeigten so die Höhen und Tiefen des menschlichen Stoffwechsels auf. Die überraschenden Ergebnisse präsentierte die Arbeitsgruppe kürzlich im renommierten Fachjournal „Science“.
Als man noch essen konnte was man wollte
Viele Menschen erinnern sich noch an eine Zeit in ihrem Leben, wo sie bedenkenlos alles essen konnten, ohne zuzunehmen. Meistens liegt dieser Zeitraum in den Teenager-Jahren und im jungen Erwachsenenalter. Bislang herrschte die Meinung vor, dass die Geschwindigkeit, mit der der Körper Energie verbrennt, in diesem Alter besonders hoch ist. Doch laut der aktuellen Studie gibt es einen Zeitpunkt im Leben, wo der Stoffwechsel wesentlich schneller ist.
„Es gibt viele physiologische Veränderungen, die mit dem Erwachsenwerden und dem Älterwerden einhergehen“, bestätigt Professor Herman Pontzer aus dem Studienteam. Bislang wurden die größten Veränderungen im Metabolismus in Lebensphasen wie der Pubertät oder der Menopause vermutet. Die Arbeitsgruppe legt jedoch nage, dass diese typischen Meilensteine nicht zwangsweise zu Änderungen im Stoffwechsel führen.
Stoffwechsel in allen Altersklassen analysiert
Tatsächlich erreiche der Stoffwechsel den höchsten Energieverbrauch im Leben bereits lange vor dem Teenager-Alter. Zu dieser Erkenntnis kamen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, indem sie den Kalorienverbrauch von über 6.600 Menschen analysierten. Die jüngsten Probandinnen und Probanden waren nur eine Woche alt, die ältesten 95 Jahre.
Ermittlung des Gesamtenergieverbrauchs
Um den täglichen Gesamtenergieverbrauch zu ermitteln, analysierte die Arbeitsgruppe Daten zum Urin der Teilnehmenden. Zuvor tranken alle Beteiligten speziell markiertes Wasser. Auf diese Weise konnte ermittelt werden, wie schnell das markierte Wasser ausgeschwemmt wurde. Die verwendete Methode gilt den Forschenden zufolge als Goldstandard für die Messung des täglichen Energieverbrauchs im normalen Alltag außerhalb eines Labors.
Stoffwechsel-Höhepunkt am ersten Geburtstag erreicht
Die Auswertung dieser Daten offenbarte unter anderem, dass der Mensch bereits im Säuglingsalter die höchste Stoffwechselrate im Leben erreicht. Der Energiebedarf schieße in den ersten 12 Lebensmonaten in die Höhe. Ein einjähriger Mensch verbrenne an seinem ersten Geburtstag in Abhängigkeit von der Körpergröße rund 50 Prozent mehr Kalorien als ein Erwachsener.
Bis zum 20 Lebensjahr verlangsamt sich der Stoffwechsel
Nach diesem anfänglichen Schub im Säuglingsalter verlangsame sich der Metabolismus den Daten zufolge jedes Jahr um rund drei Prozent. Dieser Trend setzte sich bis zum Alter von rund 20 Jahren fort. Danach pendele sich der Stoffwechsel auf ein konstanteres Maß ein.
Obwohl die Teenagerjahre eine Zeit der Wachstumsschübe sind, konnte die Arbeitsgruppe keinen Anstieg des täglichen Kalorienbedarfs in der Pubertät feststellen, wenn die Körpergröße berücksichtigt wurde. „Wir dachten wirklich, dass die Pubertät anders verlaufen würde, aber das ist nicht der Fall“, betont Pontzer.
Nimmt man ab dem 30. Lebensjahr schneller zu?
In der Lebensmitte zeigte sich eine weitere Überraschung. Frühere Studien deuteten darauf hin, dass sich ungefähr ab 30 Jahren der Metabolismus verlangsamt und man deshalb schneller Gewicht zulegt. Die neusten Ergebnisse legen jedoch nahe, dass Gewichtszunahmen ab 30 Jahre nicht auf den Metabolismus geschoben werden können. Die Daten zeigen, dass der Stoffwechsel von 20 bis 60 Jahren am stabilsten im Leben ist.
Metabolismus fährt langsamer runter als gedacht
Erst ab einem Alter von durchschnittlich 60 Jahren nehme der Energieverbrauch langsam ab. Dabei sinkt der Metabolismus der Studie zufolge um rund 0,7 Prozent jährlich. Eine 90 jährige Person verbrauche also rund 26 Prozent weniger Kalorien als ein Mensch in der Lebensmitte. Die Forschenden vermuten, dass der Verlust an Muskelmasse mit zunehmendem Alter für den geringeren Energiebedarf verantwortlich sein könnte. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Duke University: Metabolism changes with age, just not when you might think (veröffentlicht: 12.08.2021), today.duke.edu
- Herman Pontzer, Yosuke Yamada, Hiroyuki Sagayama, et al.: Daily Energy Expenditure Through the Human Life Course; in: Science, 2021., science.sciencemag.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.