Schlaf ist wichtig für den Schadstoffabbau im Gehirn
Eine aktuelle Studie vermittelt ein Verständnis dazu, wie unser Körper im Schlaf Giftstoffe aus unserem Gehirn entfernt. Dies könnte in Zukunft neue Wege zur Behandlung und Prävention neurodegenerativer Krankheiten wie Alzheimer eröffnen.
Bei der aktuellen Untersuchung der Boston University wurde festgestellt, wie der Körper im Schlaf Giftstoffe im Gehirn abbauen kann. Die Ergebnisse der Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Science“ publiziert.
Im Schlaf werden Toxine aus dem Gehirn entfernt
Im Schlaf durchläuft unser Gehirn verschiedene Phasen, von einem leichten Schlaf über einen Tiefschlaf, bis hin zum sogenanntem REM-Schlaf (Rapid Eye Movement). Eine wichtige Studie aus dem Jahr 2013 an Mäusen zeigte, dass während des Schlafs der Nagetiere Toxine wie Beta-Amyloid entfernt wurden. Die Forschenden wollten bei ihrer aktuellen Studie herausfinden, wie diese Giftstoffe ausgeschieden wurden und warum dieser Prozess nur im Schlaf stattfand.
Wie lief die Studie ab?
Die Teilnehmenden schliefen in einem MRT-Gerät. Um realistische Schlafzyklen zu erhalten, wurden die Tests um Mitternacht durchgeführt. Die Teilnehmenden trugen eine sogenannte EEG-Haube, damit elektrische Ströme im Gehirn aufgezeichnet werden können. So konnte festgestellt werden, in welchem Stadium des Schlafes sich die Personen befanden. Zudem wurde per MRT gezeigt, wie viel zerebrospinale Flüssigkeit (Liquor) in und aus dem Gehirn fließt.
Was passiert im Schlaf im Gehirn?
Während des Nicht-REM-Schlafes überspülten große, langsame Wellen von Zerebrospinalflüssigkeit das Gehirn. Die EEG-Werte halfen zu zeigen, warum dies so ist. Während des Nicht-REM-Schlafes beginnen die Neuronen sich zu synchronisieren und sie schalten sich gleichzeitig ein und aus. Da die Neuronen alle kurzzeitig aufhörten zu feuern, brauchten sie nicht mehr so viel Sauerstoff. Dies führte dazu, dass weniger Blut zum Gehirn floss. Liquor konnte so eindringen und den zurückgelassenen Raum füllen.
Schlaf dient nicht nur zur Erholung
Die elektrische Aktivität des Gehirns kann Flüssigkeit bewegen, dies war eine äußerst interessante Erkenntnis, berichten die Forschenden. Die dafür zuständigen Systeme seien sowohl in Mäusen als auch in Menschen von großer Bedeutung. Schlaf ist nicht nur eine Mittel zur Erholung und Entspannung, Schlaf hat noch eine ganz andere Funktion: Dadurch, dass sich so viele Neuronen gleichzeitig ausschalten – was im wachen Zustand nicht möglich wäre – sinkt die Blutmenge im Gehirn so stark ab, dass größere Mengen Liquor um das Gehirn zirkulieren und metabolische Nebenprodukte beseitigt werden können.
Ermöglichen die Ergebnisse eine Behandlung von Alzheimer?
Die Studie könnte klinische Anwendungsmöglichkeiten für die Behandlung von Alzheimer eröffnen. Jüngste Versuche, Medikamente zu entwickeln, haben Beta-Amyloid zum Ziel. Aber Medikamente, die zunächst vielversprechend wirkten, scheiterten, als sie in klinische Studien kamen. Anstatt zu versuchen, auf ein bestimmtes Molekül einzuwirken, könnten sich neue Interventionen stattdessen auf die Erhöhung der Menge an Liquor konzentrieren. So könnten schädliche Stoffe besser entfernt werden. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Nina E. Fultz, Giorgio Bonmassar, Kawin Setsompop, Robert A. Stickgold, Bruce R. Rosen et al.: Coupled electrophysiological, hemodynamic, and cerebrospinal fluid oscillations in human sleep, in Science (Abfrage: 01.11.2019), Science
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.