Stärker ausgeprägter Materialismus und das Bedürfnis, sich in sozialen Netzwerken mit anderen zu vergleichen, mindern das allgemeine Wohlbefinden und tragen dazu bei, dass sich die Betroffenen unglücklich fühlen.
In einer neuen Online-Studie haben Fachleute der Ruhr-Universität Bochum (RUB) untersucht, wie Materialismus in Social Media mit einer geringeren Lebenszufriedenheit zusammenhängt. Die Ergebnisse sind in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Telematics and Informatics Reports“ nachzulesen.
Was ist Materialismus?
Social Media bietet viele neue Möglichkeiten, auch um materialistische Bedürfnisse und Ziele zu verfolgen und zu befriedigen. Unter Materialismus versteht man das ständige Streben nach Vermehrung und Präsentation des eigenen Besitzes in Form von materiellen und immateriellen Gütern, erklären die Forschenden.
So sei es zum Beispiel für materialistisch eingestellte Menschen einfach, sich in Social Media mit anderen zu vergleichen und digitalen Besitz (in Form von Freundschaften oder Followern) anzuhäufen, fügt das Team hinzu.
Auswirkungen auf das Wohlbefinden
Die Ergebnisse der neuen Studie zeigen jedoch, dass sich eine solche materialistische Nutzung von Social Media unter bestimmten Bedingungen auch negativ auf die Zufriedenheit und das allgemeine Wohlbefinden auswirken kann.
Für die Studie führten die Forschenden eine Online-Umfrage mit insgesamt 1.230 Teilnehmenden durch, um herauszufinden, inwieweit Materialismus in Social Media mit einer geringeren Lebenszufriedenheit verbunden ist.
Hohe Social-Media-Nutzung
Eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme war, mindestens einmal pro Woche mindestens einen Social Media-Kanal zu nutzen. Tatsächlich zeigte sich, dass die Teilnehmenden nach eigenen Angaben durchschnittlich etwas mehr als zwei Stunden pro Tag mit der Nutzung von Social Media verbrachten.
Die Teilnehmenden wurden gebeten, sechs verschiedene Fragebögen auszufüllen. Diese sollten den Fachleuten dabei helfen, festzustellen, inwieweit diese Personen eine materialistische Einstellung haben und ob sie dazu neigen, sich in Social Media mit anderen zu vergleichen.
Die Fragebögen dienten auch zur Beantwortung der Fragen, ob die Teilnehmenden Social Media eher aktiv oder passiv nutzten, ob eine Abhängigkeit von Social Media vorlag und wie gestresst oder zufrieden die Teilnehmenden mit ihrem Leben im Allgemeinen waren.
„Wir konnten anhand der Daten belegen, dass eine stärkere materialistische Orientierung mit der Tendenz einhergeht, sich mit anderen zu vergleichen“, berichtet Studienautor Phillip Ozimek in einer Pressemitteilung.
Vergleichen leicht gemacht in Social Media
Vor allem durch die passive Nutzung, also das Betrachten von Inhalten, die von anderen Nutzern gepostet werden, sei es sehr einfach, sich in Social Media mit anderen zu vergleichen, so das Team. Es habe sich gezeigt, dass es eine Verbindung zwischen Materialismus, der passiven Nutzung von Social Media und der Sucht nach Social Media gibt.
Wie Social Media Stress fördert
„Darunter verstehen wir zum Beispiel, dass Betroffene ständig an die Kanäle denken und befürchten, etwas zu verpassen, wenn sie nicht online sind“, so Ozimek. Das führe zu Stress oder anders ausgedrückt zu einer Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit, was letztlich mit einer geringeren Lebenszufriedenheit verbunden sei.
Insgesamt liefert die Studie weitere Beweise dafür, dass die Nutzung von Social Media mit Risiken verbunden ist, insbesondere für Menschen mit einer stark materialistischen Denkweise, fügt Ozimek hinzu.
Dies sei besonders besorgniserregend, da Social Media eine materialistische Einstellung nicht nur auslösen, sondern auch verstärken könne, etwa durch sogenanntes Influencer-Marketing. Darüber hinaus ziehen Social-Media.Plattformen generell Materialisten an, da sie sich hervorragend zur Befriedigung vieler materialistischer Bedürfnisse eignen, so der Experte.
Social-Media-Nutzung reduzieren
Generell sei es ratsam, sich bewusst zu machen, wie viel Zeit man mit Social Media verbringt und diese Zeit zu reduzieren, rät Ozimek. Ganz auf Social Media zu verzichten, sei jedoch nicht erforderlich und könne auch zu einer anschließenden Überkompensation führen.
Aufgrund der neuen Erkenntnisse ist das Team der Ansicht, dass sowohl Materialismus als auch die Nutzung sozialer Medien bei Menschen, die wegen psychischer Störungen behandelt werden, berücksichtigt werden sollten. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Phillip Ozimek, Julia Brailovskaia, Hans-Werner Bierhoff, Elke Rohmann: Materialism in social media–More social media addiction and stress symptoms, less satisfaction with life; in: Telematics and Informatics Reports (veröffentlicht Volume 13, März 2024), Telematics and Informatics Reports
- Ruhr-Universität Bochum: Warum Materialismus in Sozialen Medien stresst und unglücklich macht (veröffentlicht 19.01.2024), RUB
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.