Viele Menschen, die bereits Mobbing-Erfahrungen gemacht haben, sind ein Leben lang damit gezeichnet. Laut einer aktuellen Studie leiden im weiteren Verlauf etwa 30 Prozent der Betroffenen an Depressionen. Die Erkrankung ist laut der Forscher „eine Spätfolge der Verleumdungen, Bedrohungen und Demütigungen.“
Schwere Erkrankungen als Folge
„Junge Mobbing-Opfer leiden auch Jahre später an den Folgen der sozialen Demütigungen“, lautet das Ergebnis einer britischen Studie. Die Wissenschaftler resultieren in dem Fachmagazin “The BMJ Journal”, dass etwa „jeder dritte junge britische Erwachsene, der an einer Depression leidet, als Kind gemobbt wurde“.
Für die Untersuchung werteten die Forscher eine Großstudie aus, die in den 90er Jahren in der Stadt Bristol unternommen wurde. Die Menschen in der Stadt, in der etwa 14.500 Menschen leben, wurden kontinuierlich zu ihrer Gesundheit befragt. Unter den Teilnehmer/innen befanden sich auch rund 4000 Jugendliche zwischen 13 und 18 Lebensjahre. Diese nahmen die Wissenschaftler in Bezug auf das Thema Depressionen genauer unter die Lupe.
Schwere Depressionen als Folge von Mobbing-Attacken
683 junge Teilnehmer gaben an, mindestens einmal pro Woche unter Mobbing zu leiden. 15 Prozent der Betroffenen erlitten mit 18 Jahren eine Depression. Es zeigte sich in der weiteren Analyse, dass hier der Anteil etwa drei mal so hoch war, als bei Kindern, die nicht unter Mobbing litten.
Als Mobbing-Opfer wurden Jugendliche definiert, die von Gleichaltrigen sozial ausgegrenzt, fortlaufend bestohlen, erpresst, bedroht, verleumdet oder geschlagen wurden. Kamen weitere Faktoren wie Verhaltensauffälligkeiten oder familiäre Probleme hinzu, war der Kontext zwischen Mobbing und Depressionen zwar weiterhin vorhanden, aber nur mit einer doppelten Häufung weniger ausgeprägt.
30 Prozent der erwachsenen Depressionspatienten wurden in der Kindheit gemobbt
Laut den Auswertungen der Experten, können etwa 30 Prozent der heute bei Erwachsenen diagnostizierten Depressionen von schlimmen Mobbing-Erfahrungen in der Kindheit produziert sein. Die Forscher empfehlen daher „rechtzeitig im Kindesalter zu intervenieren“. Denn das „könnte helfen, die Last von Depressionen im späteren Leben zu reduzieren”, schreiben die Autoren in der Studie.
In diesem Zusammenhang veröffentlichten Mediziner bereits 2013 eine Studie im US-Fachmagazin “Psychological Science”. Dort berichten die Studienautoren, dass Mobbing in der Schule zu schweren Krankheiten, Erwerbslosigkeit und reduzierte Sozialkontakte im späteren Leben führen kann. Für die Forschungsarbeit untersuchten die Psychologen die Lebenserfahrungen von gut 1420 Menschen. Im ersten Schritt wurden die Probanden im Alter zwischen 9 und 16 Jahren und dann noch einmal im Alter zwischen 24 und 26 Jahren befragt. Es zeigte sich, dass die Studienteilnehmer, die in ihrer Kindheit gemobbt wurden, ein sehr viel höheres Risiko besitzen an einer psychischen Krankheit zu leiden. Das Ergebnis lag sechs mal höher, als bei den Vergleichsprobanden.
30 Prozent der Jugendlichen in Deutschland mit Mobbing-Erfahrungen
Für Deutschland existieren ähnliche Erkenntnisse. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) werden im Laufe ihrer Schullaufbahn etwa 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit Mobbing konfrontiert. Für einige der Betroffenen wiegen die Belastungen so schwer, dass sie an einer psychischen Störung erkranken.
Laut einer aktuellen Studie der Techniker Krankenkasse (TK) war jeder dritte Jugendliche schon einmal Opfer von Cybermobbing. Während Kinder zu früheren Zeiten auf dem Pausenhof oder in der Klasse gehänselt wurden, finden Mobbing-Attacken heute vermehrt virtuell im Internet statt. Die Opfer können sich aufgrund der vorherrschenden Anonymität des Internets kaum erwehren.
In erster Linie werden beim Mobbing im Internet laut der Studie Drohungen und Beleidigungen gegenüber den Opfern ausgesprochen. 18 Prozent der befragten Jugendlichen gaben dies an. Ein weiteres Feld ist die „üble Nachrede“ in gut 13 Prozent der Fällen. Acht Prozent sagten sogar, dass sich schon einmal jemand ihrer Identität bedient hat und drei Prozent der Kinder gaben an, Mails oder Fotos seien in unberechtigter Weise an Dritte weitergegeben worden.
Die handelnden Schüler sind sich der Tragweite ihrer Tat meist nicht bewusst. Viele Jugendliche geben an, „es sei nur ein Spaß“, wie Gritli Bertram, Sozialarbeiterin aus Hannover berichtet. Dabei ist ein solches Vorgehen strafrechtlich relevant. (sb)
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