Zusatzbeiträge: Bundesregierung erwartet Sparkurs der Krankenkassen
09.06.2014
Aufgrund der schwarz-roten Krankenkassen-Finanzreform können die Versicherer ab 2015 Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern verlangen. Die Bundesregierung rechnet mit einem Sparkurs der gesetzlichen Kassen, um hohe zusätzliche Beiträge zu vermeiden.
Anfrage der Grünen im Bundestag
Wie es in einer Antwort des Gesundheitsressorts auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag heißt, werde die vor wenigen Tagen im Bundestag beschlossene Kassen-Finanzreform dazu führen, „dass die Krankenkassen effizient wirtschaften und eine qualitativ gute Versorgung anbieten müssen, um ihre Mitglieder zu halten.“ Außerdem heißt es in der Antwort, die der Nachrichtenagentur dpa in Berlin vorlag: „Die Zusatzbeiträge werden dadurch möglichst niedrig gehalten.“ Zudem würden die Kassen ihre Finanzreserven stärker einsetzen. Auch die Bundesregierung werde darauf achten, dass die Ausgaben nicht in die Höhe schnellen. Die Kassen können ab 2015 vom Einkommen abhängige Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern verlangen.
Krankenkassen könnten Leistungen einschränken
Zudem wies die Regierung darauf hin, dass die Aufsichtsbehörden klammen Kassen die Erhöhung ihrer Zusatzbeiträge notfalls vorschreiben können – für den Fall, dass die Kasse dies scheut, um keine Kunden zu vergraulen. Noch sei nicht vorherzusagen, ob es zu stärkeren Wechselbewegungen zwischen Kassen oder Fusionen von Versicherungen kommt. Von Sozialverbänden und auch Vertretern des Gesundheitssektors wird davor gewarnt, dass Krankenkassen wegen des steigenden Spardrucks Leistungen einschränken könnten.
Grüne rechnet mit Zusatzbeiträgen von mehr als zwei Prozent
Die Bundesregierung halte eine prozentuale Belastungsgrenze für Geringverdiener für entbehrlich, kritisierte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink. Begründet werde dies von der Regierung damit, dass die Zusatzbeiträge künftig ja prozentual vom Einkommen erhoben werden. „Die schwarz-rote Koalition hat kein soziales Gewissen“, so Klein-Schmeink. Zumindest gelte bislang, dass für Bezieher kleiner Einkommen bei zwei Prozent Zusatzbeitrag Schluss sei. Doch viele Arbeitnehmer bekämen die Aufschläge schnell zu spüren. Gegenüber der dpa sagte sie: „Schon bis 2017 werden sie Zusatzbeiträge von mehr als zwei Prozent bezahlen müssen.“
Gesundheitsminister verteidigt die Reform
Zwar sinkt der Beitragssatz Anfang 2015 für die rund 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen von 15,5 auf 14,6 Prozent. Doch im Gegenzug wird den Kassen die Möglichkeit gegeben, die lohnabhängigen Aufschläge zu erheben. Auch wenn die Opposition das Gesetz geschlossen ablehnte, verteidigte es Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) in der vergangenen Woche erneut. „Wir sichern einen fairen Wettbewerb zwischen den Kassen“, so der Minister in einer Mitteilung. Und auch Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) meinte: „Wir gehen davon aus, dass bis zu 20 Millionen Versicherte finanziell entlastet werden können.“
Gesundheitsökonomen rechnen mit Beitragserhöhungen
Das sehen Experten jedoch etwa anders. So hatte Gesundheitsökonom Jürgen Wasem bereits vor Monaten den Zusatzbeitrag für 2017 im Schnitt auf 1,3 bis 1,5 Prozent vom Einkommen taxiert, das Bundesversicherungsamt auf 1,6 bis 1,7 Prozent. Im Frühjahr hatte der Münchner Gesundheitsökonom Günter Neubauer gegenüber Reuters erklärt, dass er davon ausgehe, dass bereits in der zweiten Jahreshälfte 2015 viele Kassen den Satz auf über 15,5 Prozent erhöhen könnten. Seiner Meinung nach werde 2017 der Durchschnitt über 16 Prozent liegen. Laut dpa zeigte sich die mitgliederstärkste Kasse Barmer GEK auf Anfrage zurückhaltend. „Eine verlässliche Prognose zum künftigen Beitragssatz ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich“, so eine Sprecherin. „Seriöse Aussagen wird es erst im Herbst geben können.“ Denn dann werde ein offizieller Schätzerkreis Ergebnisse vorlegen.(ad)
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
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