Spaziergänge, Joggen, Yoga und Krafttraining scheinen Depressionen auf natürliche Weise sehr wirksam zu lindern. Dabei können die Aktivitäten entweder eigenständig oder als Ergänzung zu einer bereits bestehenden Behandlung eingesetzt werden.
Eine neue Studie unter Beteiligung von Fachleuten der Universität Sevilla in Spanien hat die optimale Dosis und Art der körperlichen Aktivität bei der Behandlung einer schweren depressiven Störung untersucht. Die Ergebnisse sind in der englischsprachigen Fachzeitschrift „BMJ“ nachzulesen.
300 Millionen haben Depressionen
Weltweit leiden schätzungsweise mehr als 300 Millionen Menschen an Depressionen, berichten die Forschenden unter Berufung auf die Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Psychotherapie und Medikamente seien die üblichen Behandlungsansätze.
Zusätzlich empfehlen Fachleute, auch auf ausreichend Bewegung zu achten, doch blieb bisher unklar, wie Bewegung eingesetzt werden kann, um Depressionen optimal zu behandeln, so das Forschungsteam.
Um diese Frage zu beantworten, analysierten die Fachleute die verfügbaren randomisierten Studien, in denen körperliche Aktivität zur Behandlung von Depressionen mit etablierten Behandlungen und Kontrollgruppen verglichen wurde.
14.170 Menschen mit Depressionen untersucht
Die Fachleute identifizierten 218 Studien, an denen insgesamt 14.170 Menschen mit Depressionen teilnahmen. Bei der Auswertung der Daten erfassten die Forschenden die Art, Intensität und Häufigkeit der einzelnen Bewegungsinterventionen. Auch mögliche Verzerrungen und Einflussfaktoren wurden berücksichtigt.
Intensität beeinflusst Erfolg
Es zeigte sich, dass bereits Aktivitäten mit geringer Intensität (zum Beispiel Spaziergänge oder Yoga) einen positiven Effekt auf die Behandlung von Depressionen haben. Der Nutzen scheint laut den Forschenden jedoch umso größer, je intensiver die Aktivität (z. B. Intervalltraining) ist.
Die Fachleute fügen hinzu, dass Tanzen mit einer starken Verringerung der Depression verbunden war, während Spazierengehen, Joggen, Yoga, Krafttraining, Tai Chi, Qigong und gemischte aerobe Übungen zu einer mäßigen Verringerung der Depression im Vergleich zu den aktiven Teilnehmenden der Kontrollgruppe führten.
Bewegung und körperliche Aktivität könnten den Forschenden zufolge auch zur Unterstützung etablierter Behandlungsformen eingesetzt werden und deren Ergebnisse verbessern. So sei beispielsweise eine Kombination aus aerobem Training und Psychotherapie ebenfalls mit einer mäßigen aber klinisch bedeutsamen Wirkung verbunden.
Wie das Geschlecht die Wirksamkeit beeinflusst
Hinsichtlich der Wirksamkeit zeigen die Ergebnisse, dass Spazierengehen und Joggen bei Männern und Frauen gleich wirksam waren. Dagegen war Krafttraining bei Frauen wirksamer als bei Männern, wogegen Männer mehr von Yoga oder Qigong profitierten, erläutert das Tem.
Zudem sei Krafttraining bei jüngeren Menschen im Allgemeinen wirksamer gewesen, während ältere Menschen mehr von Yoga profitiert hätten.
Im Allgemeinen schien körperliche Aktivität bei Menschen mit und ohne andere Gesundheitsprobleme und mit unterschiedlichem Ausgangsniveau der Depression gleichermaßen wirksam zu sein. Dies galt auch für Einzel- und Gruppenübungen, ergänzen die Forschenden.
Warum reduziert körperliche Aktivität Depressionen?
Als mögliche Erklärung für die positive Wirkung von körperlicher Aktivität auf Depressionen vermuten die Fachleute eine Kombination aus sozialer Interaktion, Achtsamkeit und Zeit, die man draußen in der Natur verbringt.
Die Ergebnisse der Studie sprechen dafür, körperliche Aktivität in die Leitlinien für die klinische Praxis bei Depressionen aufzunehmen, insbesondere körperliche Aktivität mit hoher Intensität, so die Fachleute weiter.
Die Gesundheitssysteme könnten diese Behandlungen als Alternative oder Ergänzung zu anderen etablierten Interventionen anbieten und gleichzeitig die mit Depressionen verbundenen Risiken für die körperliche Gesundheit verringern.
„Ärzte in der Primärversorgung können nun körperliche Aktivität, Psychotherapie oder Antidepressiva als eigenständige Alternativen für Erwachsene mit leichten oder mittelschweren Depressionen empfehlen“, betont Studienautor Juan Ángel Bellón in einer Pressemitteilung. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Michael Noetel, Taren Sanders, Daniel Gallardo-Gómez, Paul Taylor, Borja del Pozo Cruz, et al.: Effect of exercise for depression: systematic review and network meta-analysis of randomised controlled trials; in: BMJ (veröffentlicht 14.02.2024), BMJ
- BMJ: Walking, jogging, yoga and strength training ease depression (veröffentlicht 14.02.2024), BMJ
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.