Neue Hoffnung für AMD-Patienten
16.10.2014
Dank einer neuen Stammzellentherapie kann die überwiegende Mehrheit der so behandelten AMD-Patienten wieder deutlich besser sehen, so Spiegel Online unter Berufung auf das Fachmagazin „The Lancet“. Bislang gab es keine anerkannte Methode zur Behandlung der als unheilbar geltenden Alterskrankheit. Dabei litten die meisten der Behandelten an altersbedingter Makuladegeneration (AMD). Bei der Erkrankung handelt es sich um die häufigste Erblindungsursache bei Patienten über 50. Die Krankheit bewirkt, dass die Zellen der Netzhaut ihre Funktion verlieren und die Patienten immer unschärfer sehen, bis sie nur noch Schatten wahrnehmen können und medizinisch als erblindet gelten.
Nun besteht die Hoffnung auf eine wirksame Therapie. Grundlage der Therapie sind embryonale Stammzellen, die die US-Forscher um Steven Schwartz von der University of California in Los Angeles von einem ein Tag alten Embryo aus einer Kinderwunschklinik bekamen. Das besondere an diesen Zellen ist, dass sie universell sind, und jede Art von Zellen wie z.B. Hautgewebe, Herzmuskeln oder eben Zellen für das Auge aus ihnen entstehen können.
Im vorliegenden Fall „programmierten“ die Forscher die Zellen laut Spiegel Online so, dass aus ihnen die bei AMD Patienten zerstörten Zellen des Pigmentepithels der Netzhaut entstanden. Dabei wurde das Erbgut der Stammzellen mittels Chemikalien manipuliert und herangezüchtet, bis sie den gewünschten Zustand hatten und danach 18 Patienten in jeweils ein Auge verpflanzt. Davon litten neun unter AMD und neun unter sogenanntem Morbus Stargardt, einer sehr seltenen Form der Makuladegeneration, die schon im Kinder- und Jugendalter auftritt.
Sehfähigkeit deutlich verbessert
Die experimentelle Therapie lief über zwei Jahre und hatte bei allen behandelten Patienten Erfolg. Das belegen Sehtests mit den Probanden. Die Patienten waren in der Lage mit den behandelten Augen zu lesen, während sich der Zustand der unbehandelten verschlechterte, berichtet Schwartz. Ein Farmer konnte wieder reiten und andere Patienten konnten wieder Computer benutzen, Uhren ablesen oder sich selbstständig im Alltag orientieren, so Robert Lanza der Firma Advanced Cell Technology, dem Unternehmen das die Studie finanziert und die Stammzellen hergestellt hat. „Dies ist eine vielversprechende Studie und sie bietet eine Menge Hoffnung für die regenerative Medizin", sagte Dr. Steven Schwartz, gegenüber der Online-Ausgabe von „The New York Times“. „Doch es gibt eine Menge Arbeit zu tun."
Erste Langzeitstudie zum Einsatz embryonaler Stammzellen beim Menschen
Die Studie ist auch deshalb einzigartig, weil sie die erste Langzeitstudie über den Einsatz von embryonalen Stammzellen am Menschen ist. Und sie habe laut Lanza bewiesen, das der Einsatz der Zellen, entgegen der zuvor vorhandenen Meinung, sie könnten entarten und Tumore bilden, längerfristig sicher und funktionsfähig ist.
Wie Spiegel Online berichtet wurde das Verfahren 2011 erstmalig an zwei AMD-Patientinnen angewandt und sollte die generelle Verträglichkeit der Stammzellen testen. Eine Verbesserung der Sehfähigkeit wurde schon damals festgestellt. Über die längerfristige Sicherheit waren damals jedoch keine Prognosen möglich. Unter anderem deshalb, und, weil die damalige Studie nur über einen Zeitraum von 4 Monaten lief und es wie bereits erwähnt nur zwei Probandinnen gab, wurden Schwartz und Lanza damals für den in ihrer Studie geäußerten frühzeitigen Optimismus von ihren Kollegen kritisiert, so die New York Times weiter. Diese längerfristige Sicherheit hat die neuerliche Studie nun bewiesen, wie Spiegel Online berichtet. Nebenwirkungen gab es allerdings schon: In vier Fällen entwickelte sich ein grauer Star und zwei Linsen entzündeten sich. Die Forscher machen dafür das hohe Alter der Patienten und die der Gewebeabstoßung vorbeugenden Immunblocker verantwortlich.
Ethische Bedenken-Therapie noch im Versuchsstadium
Bis zur generellen Verfügbarkeit der Therapie wird allerdings noch einige Zeit vergehen, obwohl die Therapie laut Dusko Ilic vom Kings College London vielversprechend ist. Dazu kommt, dass die ethische Debatte um die Gewinnung von Stammzellen, also der Tötung von Embryonen, keineswegs beendet ist, zumal es dazu inzwischen Alternativen gibt. So lassen sich z.B. aus Körperzellen Zellen ähnlich derer embryonaler Stammzellen herstellen.
Erste Tests mit diesen sogenannten IPS-Zellen gab es 2014 schon. Ziel war es, die Verträglichkeit zu testen, denn diese Zellen stehen noch stärker im Verdacht, sie könnten mutieren und Tumore bilden. Besser sehen konnte die Probandin laut Spiegel Online übrigens nicht. (jp)
Bild: Andreas Dengs, www.photofreaks.ws / pixelio.de
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