Einsatz von Opioiden 2015 deutlich gestiegen
Immer mehr Deutschen nehmen stark wirkende Schmerzmittel in Form sogenannter Opioide ein, so die aktuelle Mitteilung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Die Abgabe entsprechender Arzneien ist im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent auf insgesamt 18,4 Millionen Packungen gestiegen, berichtet die ABDA unter Berufung auf die Zahlen des Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e. V. (DAPI). Eine äußerst bedenkliche Entwicklung, da mit der Einnahme von Opioiden drastische Nebenwirkungen einhergehen können.
Mit der massiven Zunahme der Verordnung stark wirkender Schmerzmitteln ist laut Angaben der ABDA auch der Beratungsbedarf in den Apotheken deutlich gestiegen. Die Anzahl der insgesamt abgegebenen Packungen entspreche rund 900 Millionen Tabletten, Kapseln, Pflastern oder anderer Arzneimitteleinheiten. „Durchschnittlich entfielen damit mehr als 12 dieser Einheiten pro Jahr auf jeden der 72 Millionen gesetzlich Versicherten“, betont Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer und Vorstandsvorsitzender des DAPI. Die Verordnungen bei Privatversicherten und der Sprechstundenbedarf wurden in der Statistik nicht erfasst und kommen noch hinzu.
Kombinationstherapie immer angeraten
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände verweist in der aktuellen Pressemitteilung auch darauf, dass die Opioide „immer in Kombination mit anderen Medikamenten eingesetzt werden“ sollten. Hierfür gebe es zwei wesentliche Gründe. Einerseits erfolge die Schmerztherapie nach Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) grundsätzlich in drei Stufen, wobei Opioide den Stufen 2 und 3 zugerechnet werden. Entsprechend dieses Stufenschemas seien sie mit Schmerzmitteln der Stufe 1 zu kombinieren. Laut Dr. Kiefer enthalten Schmerzmittel der Stufe 1 unter anderem „die Wirkstoffe Ibuprofen oder Paracetamol, die in einigen Dosierungen bzw. Packungsgrößen rezeptfrei erhältlich sind.“ Den Apothekern komme hier im Beratungsgespräch eine besondere Verantwortung zu. Auch könne vom Arzt zusätzlich zu den Schmerzmitteln eine Begleitmedikation verordnet werden, deren Wirkstoffe ursprünglich für andere Erkrankungen wie beispielsweise Depressionen oder Epilepsie entwickelt wurden, berichtet die ABDA weiter.
Begleitende Medikation gegen Nebenwirkung
Der zweite Grund für die Kombinationstherapie beim Einsatz der Opioide ist die Vermeidung beziehungsweise Behebung auftretender Nebenwirkungen. So lösen die stark wirkenden Schmerzmittel zum Beispiel häufig Verstopfungen aus, was die kontinuierliche Einnahme eines Abführmittels unumgänglich macht, erläutert Dr. Kiefer. Die rezeptfreien Abführmittel seien in solchen Fällen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnungsfähig. Die ballaststoffreiche Ernährung alleine reiche nicht aus, um eine durch Opioide hervorgerufene Verstopfung zu beheben und die Einnahme von Abführmitteln sei bei den meisten Patienten unerlässlich. Doch auch rezeptfreie Abführmittel seien oft nicht für die dauerhafte Einnahme geeignet. Hier ist laut Kiefer eine Beratung in der Apotheke zur Auswahl des richtigen Abführmittels angeraten.
Präparate nicht ohne vorherige Beratung zerteilen
Auch über die korrekte Anwendung der Präparate sollten sich die Patienten informieren. Denn es gibt verschiedene Darreichungsformen für starke Schmerzmittel, wobei viele Präparate ihren Wirkstoff erst verzögert freisetzen. Diese gewollte Verzögerung (Retardierung) kann zerstört werden, wenn man die Tablette zerbricht, warnt Dr. Kiefer. „Ob man eine Tablette teilen darf, hängt vom jeweiligen Präparat ab und kann beim gleichen Wirkstoff je nach Hersteller unterschiedlich sein“, erläutert der Experte. Bevor eine Tablette geteilt wird, sollte daher die Expertise des Apothekers eingeholt werden, so Kiefer weiter.
Vorsicht bei der Anwendung von Schmerzpflastern
Werden die stark wirkende Schmerzmittel per Pflaster auf der Haut eingesetzt, tritt die Wirkung erst langsam ein und hält dann einige Tage an. Doch damit Schmerzpflaster richtig wirken und nicht stärker als beabsichtigt, muss laut Dr. Kiefer einiges beachtet werden. „Das Pflaster darf z.B. nur auf unverletzte Haut aufgeklebt werden und darf nicht zerschnitten werden“, betont der Experte. Wer Schmerzpflaster braucht, sollte sich daher ebenfalls in der Apotheke gründlich beraten lassen.
Erhöhter Dokumentationsaufwand bei den Apotheken
Die ABDA erläutert weiter, dass viele stark wirkende Schmerzmittel rechtlich gesehen Betäubungsmittel seien, die auf ein dreiteiliges gelbes Rezept verordnet werden, das nur sieben Tage lang gültig ist. In den Apotheken müssen die Betäubungsmittel im Tresor verwahrt werden und der Umgang mit ihnen ist akribisch zu dokumentieren. Dieser Dokumentationsaufwand sei bei Betäubungsmitteln sehr groß, weshalb die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sich auch für eine Erhöhung der Dokumentationsgebühr aussprach, die seit gut 40 Jahren unverändert bei 26 Cent pro Packung liegt.
Anstieg der Opioid-Verschreibungen kritisch
Die steigende Abgabe der Opioide bleibt allerdings nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten weiterhin zu diskutieren. Auch sollte bei der Verordnung eine verstärkte Berücksichtigung alternativer Behandlungsmethoden erfolgen. Denn die Schmerzmittel helfen oftmals nur vorübergehend und laut jüngsten Studienergebnissen können sie langfristig auch Auslöser für chronische Schmerzen sein. Hinzu kommen massive andere Nebenwirkungen und das Risiko tödlicher Überdosierungen. Ein Anstieg der Verschreibungen um 4,5 Prozent innerhalb eines Jahres ist daher auch unter diesen Gesichtspunkten äußerst kritisch zu bewerten. (fp)
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