Nicht nur Senioren betroffen: Auch Kinder erkranken an Rheuma
Bei Rheuma denken die meisten Menschen zunächst an Senioren. Doch auch Kinder können daran erkranken. Allein in Deutschland leiden rund 20.000 Kinder und Jugendliche unter den schmerzhaften Gelenkentzündungen. Mit der richtigen Behandlung können Betroffene allerdings fast ohne Beschwerden leben.
13-jähriges Mädchen mit chronischem Rheuma
Unter dem Begriff „Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises“ werden von Medizinern Hunderte Krankheiten zusammengefasst, die teilweise ähnlich, oft aber auch sehr unterschiedlich in Erscheinung treten. Allen gemein sind starke Schmerzen. Zwar nehmen viele an, Rheuma betrifft nur ältere Menschen, doch auch Kinder können daran erkranken. So auch die 13-jährige Merve aus Wilhelmshaven. Die Nachrichtenagentur dpa berichtet über das Mädchen mit chronischem Rheuma. Ihr bereiten rennen, springen und toben unsägliche Schmerzen. Ihre Gelenke in den Ellenbogen, Knien und Fingern waren entzündet und stark angeschwollen. „An einem Morgen ist sie vor dem Bett zusammengebrochen und konnte nicht mehr aufstehen“, erinnert sich ihre Mutter Katja Engelbrecht.
20.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland betroffen
Allein in Deutschland “leiden rund 20.000 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren unter der sogenannten juvenilen idiopathischen Arthritis” (kurz JIA). „Idiopathisch bedeutet, dass wir die Ursache nicht kennen“, erklärte der Kinder- und Jugendrheumatologe Hans-Iko Huppertz. Zwar seien bei Rheuma die verschiedenen Stadien der Krankheit bekannt und gut behandelbar, doch warum sie entstehe, wisse man nicht. Huppertz ist der Leiter eines der deutschen Zentren für Kinder- und Jugendrheumatologie in der Professor-Hess-Kinderklinik in Bremen. Dort wird auch Merve behandelt. Das Mädchen erhält alle acht Wochen intravenös ein Mittel, das Cortison ähnlich ist. Wie Huppertz erklärte, werden dadurch alle bekannten Nebenwirkungen vermieden.
Therapie mit psychologischer Stütze
Drei Tage muss die 13-Jährige für eine solche Stoßtherapie in der Klinik bleiben. Früher musste sie sehr leiden, verbrachte ganze Tage nur im Bett. „Man möchte einfach nur schlafen und ist erschöpft“, erklärte Merve. Es sei zwar deprimierend gewesen, doch sie habe Mut und Kraft von ihren Freunden und den Ärzten bekommen. „Und von meinem Pflegepferd und der Reitgemeinschaft daheim in Bonnhausen“, sagte das Mädchen. Die Therapie wäre ohne diese psychologische Stütze schwerer gewesen.
Gefahr für das Herz
Den Angaben zufolge erkranken von 100.000 Kindern zwischen 20 bis 30 an kindlichem Rheuma. JIA ist damit die häufigste chronische Autoimmunerkrankung im Kindesalter. Der Körper versucht dabei, eigenes Gewebe zu bekämpfen. Die dadurch entstehenden Entzündungen können von den Gelenken auch auf andere Organe übergehen. „Auch die Augen oder das Herz können betroffen sein“, erläuterte Huppertz, der seit über 30 Jahren Rheumapatienten betreut. Auch der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) hat erst vor wenigen Tagen auf diese Gefahr hingewiesen und mitgeteilt, dass das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko bei entzündlichem Rheuma deutlich erhöht ist. Huppertz erklärte, dass eine häufige Form von Kleinkinderrheuma zum Beispiel in den Kniegelenken von Mädchen auftrete, die gerade das Laufen lernen. „Dass die Kinder humpeln, wird zu Beginn deshalb häufig übersehen“, so der Mediziner.
Beschwerdefrei dank Therapiemöglichkeiten
Auch bei der 13-Jährigen aus Wilhelmshaven war der erste Verdacht für den Grund der Schmerzen ein anderer: „Manche haben gesagt, dass das Wachstumsschmerzen sind und dass ich mich nicht so anstellen soll“, sagte Merve. Allerdings habe ihr behandelnder Kinderarzt schnell reagiert und das Mädchen zu den Experten nach Bremen geschickt. Bundesweit gibt es rund 20 Zentren für Kinder- und Jugendrheumatologie. Wie es in der dpa-Meldung heißt, können verschiedene Medikamente genutzt werden, um das Rheuma einzudämmen. Die Behandlungsdauer sei so individuell wie die Patienten.
Experten zufolge können auch alternative Behandlungsmöglichkeiten wie die Radonwärmetherapie in warmen Heilstollen bei rheumatischen Krankheitsbildern helfen. Die positiven Effekte halten über Monate nach einem Behandlungszyklus an. Viele Patienten berichteten über anhaltende Schmerzlinderung bis hin zur völligen Beschwerdefreiheit und einem deutlich niedrigeren Medikamentenbedarf. Da starke Muskeln auch strapazierte Gelenke entlasten, sind auch – gelenkschonende – Sportarten wie Schwimmen oder Aquagymnastik zu empfehlen. Zudem sprechen Kinder mit rheumatischen Beschwerden Ärzten zufolge oft gut auf chinesische Medizin an. Wie es in der Agenturmeldung abschließend heißt, kann man bei der chronischen Krankheit zwar nie von Heilung sprechen, doch die meisten jungen Patienten können unter Behandlung fast beschwerdefrei leben. (ad)
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.