Schlaganfall Gutachten: Rein medikamentöse Behandlung vorteilhafter als Stents
11.10.2014
In Deutschland erhalten Schlaganfall-Patienten oft einen sogenannten Stent („Gefäßstütze“), der mit Arzneien beschichtet ist. Das medizinische Implantat soll eigentlich einen erneuten Gehirnschlag verhindern, doch wie ein Gutachten ergab, ist diese Gefahr dadurch höher als bei einer rein medikamentösen Behandlung.
Gängige Praxis in deutschen Kliniken
In Deutschland erhalten Patienten nach einem Schlaganfall oft nicht nur Medikamente, sondern ihnen wird zudem ein beschichteter Stent („Gefäßstütze“) in ein Blutgefäß im Gehirn eingesetzt, um weitere Gehirnschläge zu verhindern. Ein Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kommt nun aber zu einem ganz anderen Ergebnis. Demnach sollen Stents die Gefahr erhöhen, statt sie zu senken.
Geschäftsinteressen der Hersteller
Kritik an den intrakraniellen Stents sind nicht neu. In Fachkreisen werden immer wieder Stimmen laut, die meinen, dass diese medizinischen Implantate eher den Geschäftsinteressen der Medizinproduktehersteller als der Gesundheit der Patienten dienten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) – das Gremium der deutschen Krankenhäuser, Krankenkassen und Ärzte – beauftragte das IQWiG mit einer Untersuchung, da erhältliche Daten, welche den Nutzen der Stents belegen sollten, nicht ausreichten.
Weniger Schlaganfälle bei rein medikamentöser Behandlung
Dafür analysierte das Institut vier vorherige Studien. Für die Bewertung maßgeblich war die durch das US-amerikanische National Institute of Health finanzierte SAMMPRIS-Studie. Derzeit ist dies die größte verfügbare Studie, die die Stenteinlage plus medikamentöse Therapie mit einer reinen medikamentösen Behandlung vergleicht und Informationen sowohl zu Sterblichkeit und Nebenwirkungen als auch zu weiteren Schlaganfällen liefert. Es zeigte sich, dass von den Patienten mit Stent wesentlich mehr einen erneuten Schlaganfall erlitten, als von denjenigen Patienten, die nur Arzneien erhielten.
Keine Unterschiede bei Sterblichkeit
Dieser Unterschied, der bei den hämorrhagischen Schlaganfällen festzustellen war, bestand bei den ischämischen Schlaganfällen zwischen den beiden Gruppen jedoch nicht. Und auch hinsichtlich der Sterblichkeit zeigte sich kein relevanter Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen. Allerdings wurde die Interpretation der Ergebnisse dadurch erschwert, dass die Medikamente nicht gemäß der deutschen Zulassung eingesetzt wurden. So erhielten Patienten in der US-amerikanischen Untersuchung Medikamenten-Kombinationen, die hierzulande bei Schlaganfall nicht zugelassen sind.
Hochwertige Studien sind notwendig
Die Autoren des IQWiG-Gutachtens erklärten, dass sich wieder einmal gezeigt habe, dass für potentiell riskante Medizinprodukte hochwertige Studien notwendig seien. Stents kommen nicht nur nach Schlaganfällen, sondern auch bei Krankheiten wie Arterienverkalkungoder koronarer Herzkrankheitzum Einsatz. Auch in diesem Bereich war in der Vergangenheit gemutmaßt worden, dass der Anstieg solcher Eingriffe möglicherweise mit finanziellen Interessen zu erklären sei. (ad)
Bild: Martin Jäger / pixelio.de
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