Stiftung Warentest: Discounter Schinken schneiden bei Untersuchungen gut ab
30.12.2011
Die Stiftung Warentest hat die Qualität zahlreicher Schinken überprüft und dabei festgestellt, dass nicht nur die Bioprodukte sondern auch billigere Angebote vom Discounter teilweise einen besonders hohen Standard aufwiesen.
Insgesamt 27 abgepackte rohe Schinken hat die Stiftung Warentest in ihrer aktuellen Untersuchung genauer unter die Lupe genommen – zwölf Schwarzwälder Schinken, neun Serrano Schinken und sechs Parmaschinken. Sämtliche Schinken erfüllten dabei den Mindestanspruch an eine adäquate Verarbeitung. Keines der Produkte wurde aus minderwertigem sogenanntem Klebefleisch hergestellt.
Geschmack, Geruch und Mundgefühl der Schinken getestet
Zeit spielt bei der Herstellung sämtlicher Schinken eine wesentliche Rolle. Um zu reifen benötigen die Schwarzwälder Schinken dabei mehr als drei Monate, Serrano Schinken mindestens sieben Monate und ein Parmaschinken zwölf Monate oder länger. In dieser Zeit entwickelt der Schinken auch seinen typischen Geschmack. Um die Schinkenspezialitäten des Serrano-, Schwarzwälder- und Parmaschinkens vor minderwertigen Imitaten zu schützen, hat die EU bestimmte Produktionsstandards festgelegt, die bei der Herstellung eingehalten werden müssen. Mit drei entsprechenden EU-Siegeln werden diese Produktionsstandards garantiert, wobei zum Beispiel der Schwarzwälder Schinken als „Geschützte geografische Angabe“ bewertet wird und daher mindestens eine Produktionsstufe in der Region erfolgen muss. Die getesteten 27 Schinken erfüllten gemäß den Vorgaben für Schwarzwälder-, Serrano- und Parmaschinken allesamt den Anspruch eines gewachsenen Schinkens, minderwertige Produkte aus Klebefleisch fand die Stiftung Warentest nicht. Allerdings war die Qualität der Schinkenprodukte bezüglich ihres Geschmacks, Geruchs und Mundgefühls bisweilen äußerst unterschiedlich. Die Tester berücksichtigten bei ihrem Urteil außerdem die mikrobiologische Qualität, die Verpackung und die Deklaration der verschiedenen Schinken. Außen vor blieb indes die Erzeugung des verarbeiteten Fleischs, so dass eine „gute“ Bewertung im Rahmen der aktuellen Untersuchung nicht zwangsweise mit hohen Standards bei der Erzeugung des Ausgangsfleischs gleichzusetzen ist.
Parmaschinken durchweg mit überzeugender Qualität
In Bezug auf die geschmackliche Qualität des Schinkens erhielten die Parmaschinken von den Testern insgesamt die besten Noten, wobei alle sechs Produkte mit dem Qualitätsurteil „gut“ abschnitten. Der Schinken „Prima Vera Bio“ aus dem Biohandel erreichte bei Aussehen, Geruch und Geschmack sogar die Bestnote „sehr gut“, war mit 8,05 Euro pro 100 Gramm jedoch auch der teuerste Schinken im Test. Eine ähnlich hohe Qualität hat den Angaben der Stiftung Warentest zufolge der deutlich günstigere Parmaschinken des Discounters Lidl (2,77 Euro pro 100 Gramm). Vergleichbar überzeugend fiel das Urteil bei den untersuchten Serrano Schinken aus. Hier erhielten acht der neun der getesteten Produkte das Qualitätsurteil „gut“, ein Serrano schnitt mit der Note „befriedigend“ ab. Die billigeren Angebote vom Discounter (jeweils 1,99 Euro für 100 Gramm) wie beispielsweise „Las Cuarenta Original Serrano Schinken“ von Netto, die „Brendolan Serrano Original“ von Aldi Nord oder „Feines aus Spanien Serrano Schinken“ von Aldi Süd erreichten hier bei niedrigen Preisen die gleiche Qualität, wie die teuren Markenprodukte – allerdings blieben die Haltungsbedingungen bei der Erzeugung des Ausgangsfleischs im Rahmen des aktuellen Tests unberücksichtigt.
Qualitätsschwankungen bei Schwarzwälder Schinken
Während die getesteten Serrano- und Parmaschinken durchweg eine ordentliche Qualität aufwiesen, waren bei den Schwarzwälder Schinken teilweise erhebliche Schwankungen in der Güte der Produkte festzustellen. Am besten schnitt auch beim Schwarzwälder Schinken ein Bioprodukt ab. Der „Tannenhof Bio“ Schinken erreichte von allen untersuchten Produkten die beste Bewertung, ist jedoch mit 3,30 Euro je 100 Gramm ebenfalls relativ kostspielig. Annähernd genauso gut ist laut Stiftung Warentest bei einem Preis von 95 Cent pro 100 Gramm der „Schwarzwaldrauch“ von Lidl. Von den insgesamt 12 untersuchten Schwarzwälder Schinken erhielten acht die die Bewertung „gut“ einer „befriedigend“ und drei waren in ihrer Qualität lediglich „ausreichend“. Wie Stiftung Warentest berichtet, enthielt einer der getesteten Schwarzwälder Schinken des Discounters Rewe sogar einen ekelerregenden Fremdkörper, der nicht genauer identifiziert werden konnte. Der Schinken hätte demnach überhaupt nicht verkauft werden dürfen. Bei den lediglich mit dem Qualitätsurteil „ausreichend“ bewerteten Produkten, monierten die Tester außerdem den bisweilen dominanten Rauchgeschmack und das stellenweise leicht zähe Fleisch.
EU-Siegel können die Qualität der Schinken nicht garantieren
Trotz der EU-Siegel, die bestimmte Produktionsstandards sicher stellen sollen, bestehen beim Schwarzwälder Schinken erhebliche Schwankungen in der Qualität. Dies hängt vor allem mit den Produktionsbedingung bei den Arbeitsschritten zusammen, die nicht in der Schwarzwald-Region durchgeführt werden. So stamme das verarbeitete Fleisch meist aus anderen Region, da für die im Jahr 2010 hergestellten acht Millionen Schinken überhaupt nicht genug Schweine im Schwarzwald zur Verfügung stehen, berichtet die Stiftung Warentest. Oftmals werde für die Produktion möglichst kostengünstiges Fleisch beispielsweise aus Norddeutschland, Dänemark oder Osteuropa importiert. Entsprechend groß sind die möglichen Qualitätsschwankungen bei dem Ausgangsfleisch. Ähnlich ist die Situation zwar auch bei der Herstellung des Parmaschinkens, der meist in der Region um Parma hergestellt wird, dessen Ausgangsfleisch jedoch aus sämtlichen italienischen Regionen zwischen den Alpen und Rom stammt. Hier werden jedoch insgesamt offenbar deutlich höhere Standards eingehalten als beispielsweise beim Schwarzwälder Schinken, wie die durchweg guten Testergebnisse des Parmaschinkens bestätigen. (fp)
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