Kosmetika auf Mineralölbasis mit krebserregenden Stoffen belastet?
Stiftung Warentest hat in 25 Kosmetik- und Pflegeprodukten auf Mineralölbasis potentiell krebserregende Schadstoffe gefunden. Über die aromatischen Kohlenwasserstoffe (MOAH, „Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons”) war bisher vor allem in Verbindung Lebensmitteln diskutiert worden. Die Untersuchung der Verbraucherschützer macht deutlich, dass auch hinsichtlich Kosmetika weiterer Handlungsbedarf besteht.
Viele Kosmetika enthalten auf MOAH basierende Substanzen
Auf Mineralöl basierende Substanzen sind haltbar, günstig und lösen keine Allergien aus. Leider könnten in dem Substanzgemisch auch krebserregende Stoffe enthalten sein. Alle 25 getesteten Produkte, zu denen Cremes, Haarwachse, Baby- und Lippenpflegeprodukte, Körperöle und Vaselinen gehörten, enthielten MOAH, wie Stiftung Warentest berichtet. Ihr Gehalt variierte zwischen 0,005 und 9 Prozent. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), kam bei einer ähnlichen Untersuchung auf eine MOAH-Anteil von bis zu 5 Prozent.
MOAH galten bislang vor allem in Lebensmitteln als bedenklich, da diese verzehrt werden. Aber auch über Lippenpflegeprodukte können die Substanzen in den Mund gelangen. „Daher raten wir von Lippenpflegeprodukten auf Mineralölbasis ab. Auch Vaseline sollte nicht am Mund verwendet werden. Selbst Cremes können über die Hände in den Mund gelangen”, schreiben die Tester auf der Internetseite von Stiftung Warentest. Dank einer Verfeinerung ihrer Analysetechnik, sei es möglich gewesen, diese problematische Substanzgruppe nachzuweisen. Das Verfahren zur Prüfung der Reinheit, das für alle Hersteller vorgeschrieben sei, reiche nicht aus, weil nicht alle kritischen Stoffe dabei entdeckt würden.
MOAH wurden bisher nur in Lebensmitteln als kritisch angesehen
Vor allem in Verbindung mit Lebensmitteln galten die auf Mineralöl basierenden Substanzen bisher als bedenklich. So können MOAH beispielsweise aus den Druckfarben auf der Verpackung in das Lebensmittel wandern.
Sowohl die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit als auch das BfR kommen zu dem Ergebnis, dass MOAH die Entstehung von Krebs begünstigen könnten. „Zu der MOAH-Fraktion (…) können auch krebserzeugende Substanzen gehören. Grundsätzlich sind solche Kontaminationen in Lebensmitteln unerwünscht“, schreibt das BfR anlässlich einer Untersuchung von Stiftung Warentest aus dem Jahr 2012, bei der in Advendskalender-Schokolade MOAH nachgewiesen wurden.
Die EU-Richtlinie für kosmetische Mittel verbietet den Einsatz krebserregender Stoffe – abgesehen von einigen Ausnahmen. Auch potenziell krebserregende Stoffe wie MOAH sollen nicht in Kosmetika verwendet werden, jedoch gibt es bisher keine Grenzwerte für die Substanzen in Pflegeprodukten.
MOSH stehen ebenfalls im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein
Die Tester fanden neben den MOAH auch sogenannte MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons), gesättigte Kohlenwasserstoffe, die nach aktueller Studienklage nicht krebserregend sein sollen. Jedoch können sich MOSH der Efsa zufolge in kleinen Kügelchen in Leber, Milz, Lymphknoten und anderen Organen ablagern. Beim Menschen hätte das aber nach derzeitigem Wissensstand keine Entzündungsreaktionen oder andere Schädigungen zur Folge.
Inwieweit MOSH und vor allem MOAH über die Haut aufgenommen werden und dadurch gesundheitliche Schäden verursachen, ist noch unklar. Das BfR hält Schädigungen jedoch für unwahrscheinlich. „Gesundheitliche Risiken durch die Aufnahme von Mineralölen in Kosmetika über die Haut sind für Verbraucher nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten“, zitiert Stiftung Warentest Andreas Luch vom BfR. Es bestünden aber „größere Datenlücken“, die vor allem bei einer oralen Aufnahme von Kosmetika die „Bewertung erschweren“ würden. Im Hinblick auf eigene Untersuchungen zu polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen in Verbraucherprodukten hatte das BfR Ende 2010 noch mitgeteilt: „Es wurde auch der Nachweis erbracht, dass alkylierte polyzyklische Aromaten MOAH bei direktem Kontakt in die Haut migrieren und daher ebenfalls zu einem gesundheitlichen Risiko beitragen können.“
Auswirkungen von Mineralölen auf den Menschen sind noch nicht ausreichend erforscht
Für Dr. Konrad Grob, Analytiker am Kantonalen Labor in Zürich, sind Mineralöle die vermutlich stärkste Verunreinigung des menschlichen Körpers. „Die Mengen an MOSH in Leber, Milz und Lymphknoten sind oft alarmierend hoch“, so Grob. „Es wäre wichtig zu wissen, wie viel aus Lebensmitteln, aus Kosmetika oder aus der Umwelt stammt. Weil wir nicht ausschließen können, dass auch die Haut eine Eintragsquelle ist, bedarf es dringend weiterer Forschung.“
Alle Kosmetika auf Mineralölbasis enthalten MOSH. „Wir wissen generell zu wenig über die möglichen Folgen von Mineralölen auf den Menschen, auch von MOSH“, sagt Konrad Grob. „Wir sind wohl viel zu lange zu sorglos damit umgegangen. Was wir nicht sicher beherrschen, sollten wir auch nicht einsetzen.“ (ag)
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