„Bewegtes“ Modellprojekt: Fünftklässler verbringen Unterricht auf Ergometern
Gesundheitsexperten zufolge bewegen sich Kinder zu wenig. Doch gerade Heranwachsende brauchen Bewegung: sowohl für die körperliche Entwicklung, als auch für die geistige und soziale. In einem Modellprojekt an einer bayerischen Schule sitzen die Kinder nun nicht mehr auf der Schulbank, sondern auf Heimtrainern.
Zu viel Sitzen macht krank
Erst vor kurzem wurde eine Studie der Techniker Krankenkasse veröffentlicht, die zu dem Ergebnis kam: Deutsche bewegen sich viel zu wenig. Auch andere Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass ein Großteil der Bevölkerung viel zu viel Zeit im Sitzen verbringt. Doch langes Sitzen macht krank. Unter anderem wird dadurch das Risiko für Rückenschmerzen, Typ2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Beschwerden erhöht. Im Rahmen eines Modellprojekts an einer bayerischen Schule müssen Kinder nun im Unterricht nicht mehr still sitzen, sie verbringen den Unterricht auf Heimtrainern. Das dient auch der Konzentration.
Fünftklässler müssen nicht mehr still sitzen
An einem Gymnasium in Aschaffenburg ist eine 5. Klasse „bewegt“ in das neue Schuljahr gestartet: Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, radeln die Kinder zwischen zehn und elf Jahren während des Unterrichts auf Ergometern im Klassenraum. Anstatt des Lenkers sind auf ihren Fahrrad-Ergometern kleine Pulte mit Bücherstützen angebracht, auf denen sie im Lehrbuch lesen oder mitschreiben können. Den Angaben zufolge wird langsam getreten, um den Puls leicht zu erhöhen. Das Ziel sind rund 100 Herzschläge pro Minute. Strampeln und Schwitzen sollen die Kinder nicht.
Positive Effekte überwiegen
Leif Johannsen, Psychologe am Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft der Technischen Universität München (TUM), erklärte: „In der Regel sind die kognitiven Fähigkeiten eingeschränkt, wenn ich eine weitere motorische Aufgabe machen soll.“
Er hat Versuche durchgeführt, bei denen die Teilnehmer auf einem Ergometer kognitive Aufgaben lösen sollten. Der Neurowissenschaftler nimmt dennoch an, dass in der Aschaffenburger Ergometer-Klasse die positiven Effekte überwiegen. „Durch die körperliche Aktivität wird das allgemeine Erregungsniveau hochgefahren“, so der Experte. Es liege daher nahe, dass sich Schüler auf einem Ergometer häufiger meldeten und aufmerksamer seien. „Die Aufforderung, in der Schule still zu sitzen, ist eigentlich Quatsch“, meinte Johannsen.
Fittere Kinder haben langfristig bessere Schulnoten
Wie es heißt, stammt die Idee der Ergometer-Klasse aus Österreich: Demnach initiierte der Sportwissenschaftler und Gymnasiallehrer Martin Jorde die erste Klasse 2007 an einem Wiener Gymnasium und stellte bei seinen Schülern positive Veränderungen in der Fitness, aber auch in Noten und Sozialverhalten fest. „In Studien sieht man, dass fittere Kinder langfristig auch bessere Schulnoten haben“, bestätigte auch Johannsen.
„Wenn man sich bewegt, wird das Herz-Kreislauf-System angeregt“, erläuterte Tobias Bauer, der am Friedrich-Dessauer-Gymnasium (FDG) in Aschaffenburg den Fachbereich Sport leitet. Dadurch werde mehr Blut ins Gehirn gepumpt und die Konzentration gesteigert. Der Lehrer, der die Ergometer-Klasse in die Schule geholt hat, organisierte die Umsetzung des Projekts in der 5a zusammen mit 15 Oberstufenschülern.
Auf der Webseite des Gymnasiums heißt es zusammenfassend: „Was an annähernd 70 österreichischen Schulen bereits Alltag ist, soll am FDG für die Schüler Vorteile bringen: Anstieg der Konzentrationsfähigkeit, positiver Einfluss auf Lernleistungen und Noten, Konditionssteigerung, Gesundheitsförderung durch Bewegung und vieles mehr.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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