Bei akutem Stress ändert sich die Blutversorgung im Gehirn
In einer aktuellen Studie hat sich gezeigt, dass sich bei akutem Stress die Regulation des Blutflusses in verschiedenen Hirnregionen ändert. Die neuen Erkenntnisse könnten möglicherweise dazu beitragen, das individuelle Risiko für stressbedingte psychiatrische Erkrankungen besser zu bestimmen.
Auswirkungen auf das Gehirn
Dass Stress unserem Körper schadet, ist lange bekannt. So zeigten sich in wissenschaftlichen Untersuchungen unter anderem Auswirkungen auf das Gehirn: Stress lässt das Gehirn schrumpfen, wie US-amerikanische Forscher vor kurzem berichteten und führt laut einer anderen Studie zu einer Alterung des Gehirns. Deutsche Wissenschaftler stellten nun fest, dass sich bei akutem Stress die Regulation des Blutflusses in verschiedenen Hirnregionen ändert.
Chronischer Stress kann zu psychiatrischen Erkrankungen führen
Wie das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München in einer Mitteilung schreibt, deuten verschiedene Studien mit bildgebenden Verfahren auf einen Zusammenhang zwischen chronischem Stress und Veränderungen in den Hirnregionen hin, die Stressreaktionen koordinieren.
Während akute Stressreaktionen der Anpassung des Organismus daran dienen, kann chronischer Stress zu psychiatrischen Krankheiten führen.
Um herauszufinden, was das Gleichgewicht stört, haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie das Zusammenwirken zwischen akutem Stress und dem Prozess untersucht, der den Blutfluss zu bestimmten Gehirnbereichen reguliert.
Laut den Wissenschaftlern ist diese sogenannte neurovaskuläre Kopplung auf den Stoffwechselbedarf, der durch die neuronale Aktivität erzeugt wird, genau abgestimmt.
Veränderungen der Regulation des Blutflusses
Die Forschenden fanden ein Indiz für Veränderungen der Regulation des Blutflusses als Reaktion auf akuten Stress.
Wie es in der Mitteilung heißt, könnte dies einen bisher nicht beschriebenen Mechanismus darstellen, der zu individuellen Unterschieden in der Stressantwort beiträgt.
Damit lässt sich möglicherweise das individuelle Risiko für stressbedingte psychiatrische Erkrankungen besser bestimmen.
Die Studie wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.
Veränderungen innerhalb weniger Minuten
Im Rahmen der Studie absolvierten 59 Probanden einen standardisierten Test, der psychosozialen Stress hervorruft.
Die Forscher um den Erstautor Immanuel Elbau untersuchten dabei mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) Veränderungen in der Blutflussregulation der Gehirne der Studienteilnehmer.
Dabei zeigte sich, dass sich die hämodynamische Antwort (engl. HRF) in verschiedenen Hirnregionen veränderte, unter anderem im Hippocampus und präfrontalen Kortex.
Den Angaben zufolge erfolgten diese Veränderungen innerhalb weniger Minuten; mit ihrer Hilfe ließ sich die spätere Ausschüttung von Stresshormonen vorhersagen.
Funktionsanpassung des Gehirns
Weitere Analysen ließen erkennen, dass genetische Unterschiede bei der Expression von KCNJ2, einem menschlichen Analog eines Gens, das die neurovaskuläre Kopplung unter Stress bei Ratten reguliert, mit HRF-Veränderungen zusammenhängen.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass akuter Stress zu einer schnellen, grundsätzlichen Funktionsanpassung des Gehirns führt“, sagte Letztautor Philipp Sämann.
„Möglicherweise beeinflussen individuelle Unterschiede auf dieser Ebene auch das Risiko, unter chronischem Stress Fehlanpassungen und letztlich psychische Symptome zu entwickeln“, so der Experte. (ad)
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Wichtiger Hinweis:
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