Schon moderater Stress kann unser Verhalten beeinflussen
„Nehme ich den Obstteller oder das Stück Torte zum Nachtisch?“ Wer im Job unter Stress steht, hat im Vergleich zum entspannten Kollegen eher Probleme, sich selbst zu kontrollieren. Dies zeigt eine Studie der Universität Zürich. Demnach würde bereits ein moderater Stress-Level ausreichen, um beispielsweise die Entscheidungsfindung beim Essen zu beeinträchtigen.
Negativer Stress führt zu Darmproblemen und Bluthochdruck
Anspannung, innere Unruhe und andauernde Nervosität schaden der Gesundheit. Das ist schon lange bekannt und wird durch Studien immer wieder erneut belegt. Funktioniert der Stressabbau nicht richtig, steigt demnach unter anderem das Risiko für Magen-Darmprobleme, Bluthochdruck, Herzerkrankungen oder Rückenschmerzen.
Doch Stress hat offenbar noch weit mehr Auswirkungen. Denn wie eine Untersuchung der Universität Zürich zeigt, wird durch ihn auch unsere Fähigkeit zur Selbstkontrolle verändert. Demnach könne schon eine anstrengende Sitzung am Morgen den Ausschlag geben, ob wir nach dem Mittagessen zu einem Stück Kuchen greifen oder nicht, berichtet die Uni in einer aktuellen Pressemitteilung.
Probanden halten Hand drei Minuten in eiskaltes Wasser
Für ihre Studie hatten die Forscher laut einer Mitteilung der Uni Zürich 29 Probanden in einem Labor-Experiment in einem moderaten Stress-Zustand versetzt. Zu diesem Zweck baten sie die Teilnehmer, eine Hand drei Minuten lang in Eiswasser zu tauchen, während sie zur Verstärkung der Anspannung die ganze Zeit von der Versuchsleiterin beobachtet wurden. Anschließend wählten die Probanden im MRT-Scanner mehrmals zwischen je zwei Speisen aus. Weitere 22 Teilnehmer durchliefen eine Kontroll-Behandlung. Alle wurden vor die Wahl gestellt, etwas Schmackhaftes, aber Ungesundes oder etwas Gesundes, aber weniger schmackhaftes zu essen.
Personen mit Eisbadbehandlung wählen eher ungesunde Speisen aus
Es zeigte sich, dass für die Personen mit stressiger Eisbadbehandlung der Geschmack stärker im Vordergrund stand. Sie wählten mit größerer Wahrscheinlichkeit ein ungesundes Essen aus. Ein interessantes Ergebnis, denn alle Probanden hatten im Vorhinein angegeben, einen gesunden Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und sportlicher Aktivität zu führen.
Wie die Uni weiter berichtet, seien die Auswirkungen des Stresses sogar im Gehirn erkennbar. Denn hier hatten sich bei den gestressten Teilnehmern zwischen bestimmten Hirnregionen, die für die Ausübung von Selbstkontrolle wichtig sind und der für Entscheidungen wichtigen Hirnrinde veränderte neuronale Verbindungsmuster gezeigt. „Unsere Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Interaktionen zwischen Stress und Selbstkontrolle im menschlichen Gehirn“, so die Studienleiterin Silvia Maier.
Der Stress würde sich dabei jedoch über mehrere Wege im Gehirn auswirken, zudem sei eine Störung der Selbstkontroll-Fähigkeit an mehreren Punkten des neuronalen Netzes möglich. Dementsprechend erfordere „die optimale Selbstkontrolle [.] ein präzises Gleichgewicht zwischen den Interaktionen der beteiligten Gehirnregionen“, erklärt Maier weiter.
Moderater Stress reicht bereits aus
Laut der Expertin deute die Studie darauf hin, dass schon moderater Stress eine Beeinträchtigung herbeiführen könne. „Dies ist eine wertvolle Erkenntnis, da moderate Stressfaktoren häufiger sind als extreme Ereignisse und daher die Selbstkontrolle häufiger und bei einem größeren Teil der Bevölkerung beeinflussen“, erläutert Todd Hare, Professor für Neuroökonomie am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Zürich. (nr)
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