Wie lässt sich Stress effektiv reduzieren?
Stress ist für viele Menschen Teil ihres alltäglichen Lebens. Der Psychologe Dr. Adam Borland von der Cleveland Clinic in den USA erläutert, wie Stress funktioniert und wie man ihn auf gesunde Weise bewältigen kann, bevor der Stresspegel so stark ansteigt, dass er außer Kontrolle gerät.
Wie entsteht Stress?
Bei Stress handelt es sich laut dem Experten um die Reaktion des Körpers auf eine Herausforderung oder Anforderung. Dabei kann der Stress durch verschiedene Ereignisse ausgelöst werden, von kleinen alltäglichen Ärgernissen bis hin zu großen Veränderungen wie einer Scheidung oder dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes.
Die sogenannte Stressreaktion umfasst sowohl körperliche Komponenten wie eine erhöhte Herzfrequenz und einen erhöhten Blutdruck, als auch Gedanken und persönliche Empfindungen in einer stressigen Situation wie beispielsweise Angst und Wut.
„Obwohl wir oft denken, dass Stress negativ ist, kann er auch durch positive Veränderungen im Leben ausgelöst werden, z. B. durch eine Beförderung im Beruf oder ein Baby“, berichtet Dr. Borland in einer Pressemitteilung.
Warum Stress wichtig für Menschen ist
Stress ist durchaus eine wichtige Komponente des Lebens. Denn Stress ermöglicht es beispielsweise schnell auf Bedrohungen zu reagieren und Gefahren zu vermeiden. Werden Personen jedoch über einen längeren Zeitraum hinweg Stress ausgesetzt, kann sich dies negativ auf die Psyche und den Körper auswirken.
Bei übermäßigem Stress drohen psychische Probleme wie beispielsweise Angstzuständen und Depressionen, es kann aber auch zu körperlichen Gesundheitsproblemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommen, betont der Mediziner.
„Zahlreiche Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein erhöhtes Stressniveau die Fähigkeit beeinträchtigt, mit körperlichen Krankheiten umzugehen. Niemand kann allen Stress vermeiden, aber man kann versuchen, auf gesunde Weise damit umzugehen/em>“, so Dr. Borland.
Der Experte erläutert zehn Ansätze, um sich vor Stress zu schützen und diesen abzubauen.
1. Alkohol, Koffein und Ernährung
Manche Menschen setzen zur Entspannung bei Stress auf Alkohol oder sie essen besonders viel. Selbst wenn diese Maßnahmen im ersten Moment zu helfen scheinen, wirken sie auf lange Sicht eher kontraproduktiv, da sie langfristig den Stress eher verstärken, warnt Dr. Borland. Dies gelte auch für Koffein.
Dagegen könne eine gesunde und ausgewogene Ernährung helfen, den Stress zu reduzieren.
2. Regelmäßiger Sport reduziert Stress
Sport wirkt sich nicht nur vorteilhaft auf die körperliche Gesundheit aus, er hilft gegen Stress. So können laut dem Experten beispielsweise Aerobic, Krafttraining, Yoga oder Tai Chi helfen, Stress abzubauen.
Dr. Borland betont, es sei bereits erwiesen, dass aerobes Training sogenannte Endorphine freisetzt. Dabei handele es sich um natürliche Substanzen, welche dazu beitragen, dass man sich besser fühlt und eine positive Einstellung bewahrt.
3. Rauchen vermeiden
Viele Menschen greifen in stressigen Zeiten zu Tabak- und Nikotinprodukten. Das enthaltene Nikotin belastet den Körper allerdings zusätzlich, da es die körperliche Erregung erhöht und die Durchblutung und Atmung reduziert, erläutert der Experte.
Zusätzlich könne Nikotin chronische Schmerzen verstärken. Es ist also nicht hilfreich, zu Rauchen, wenn man unter anhaltenden Verspannungen und Körperschmerzen leidet, fügt der Dr. Borland hinzu.
4. Entspannungstechniken gegen Stressen
Wenn man sich jeden Tag etwas Zeit zur persönlichen Entspannung nimmt, hilft dies bei der Stressbewältigung und schützt den Körper vor den Auswirkungen von Stress. Dafür kann auf eine Vielzahl von verschiedenen Techniken zum Stressabbau zurückgegriffen werden, wie beispielsweise Tiefenatmung, progressive Muskelentspannung und sogenannte Achtsamkeitsmeditation.
Auch gibt es laut dem Psychologen verschiedene Online- und Smartphone-Apps, welche Anleitungen zu solchen Methoden der Stressbewältigung bieten. Dabei seien einige dieser Apps sogar kostenlos.
5. Stressauslösende Faktoren reduzieren
Viele Menschen haben zu wenig Zeit, um alle ihre Aufgaben im Alltag zu bewältigen, doch häufig seien diese Anforderungen selbst auferlegt. Ein verbessertes Zeitmanagement, beispielsweise durch die Bitte um Hilfe und das Setzen von Prioritäten kann helfen, den Zeitplan einzuhalten und so mehr Zeit für sich selbst zu haben, erläutert Dr. Borland.
6. Nach den eigenen inneren Werten richten
Die eigenen inneren Werte und Überzeugungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Reduzierung von Stress, so der Experte weiter. Je mehr die eigenen Handlungen die eigenen Überzeugungen widerspiegeln, desto besser werde man sich fühlen. Daher sollte man sich bei der Auswahl von Aktivitäten an den inneren Werten und Vorlieben orientieren.
„In Anbetracht der stressigen Anforderungen und Verantwortlichkeiten, mit denen wir täglich konfrontiert sind, ist es wichtig, Aktivitäten auszuüben, die mit unseren Werten übereinstimmen und uns auf einer persönlichen Ebene ansprechen“, erläutert Dr. Borland.
7. Auch mal Nein sagen
Sollte die eigene Zeit und Energie zu sehr beansprucht werden, ist es laut dem Mediziner durchaus in Ordnung, auch mal Nein zu sagen. Es sei nicht notwendig, immer die Erwartungen anderer Personen zu erfüllen.
8. Realistische Ziele und Erwartungen helfen
Der Experte betont, man sollte sich ruhig eingestehen, dass man nicht in allen Dingen und Bereichen gleichzeitig 100 Prozent erfolgreich sein kann. Vielmehr müsse man lernen zu akzeptieren, dass man keinerlei Kontrolle über bestimmte Dinge hat.
9. Schätze Dich selbst
Weiter rät Dr. Borland dazu, dass man sich öfter einmal vor Augen führen sollte, worin man gut ist, wenn man sich überfordert fühlt. Dies helfe ein gesundes Selbstwertgefühl aufzubauen.
10. Biofeedback zur Stressbewältigung
Bei Biofeedback handelt es sich um Therapiemethode zur Behandlung von psychischen und körperlichen Erkrankungen. Diese Verhaltenstechnik hilft beim Erlernen von Fähigkeiten zur Stressreduzierung, indem sie Informationen über Muskelspannung, Herzfrequenz und andere Vitalparameter liefert, während man versucht, sich zu entspannen.
Biofeedback wird verwendet, um die Kontrolle über bestimmte Körperfunktionen zu erlangen, welche Spannungen und körperliche Schmerzen verursachen. Biofeedback helfe auch zu erlernen, wie der Körper in Stresssituationen reagiert und wie man besser mit Stress umgehen kann, so Dr. Borland.
Als Beispiel nennt der Mediziner Migräne. Wenn diese langsam beginnt, seien viele Menschen durch die Verwendung von Biofeedback in der Lage, einen Migräneanfall zu stoppen, bevor die Migräne voll ausbricht.
Schlaf und Stress
Der Schlaf ist ein Faktor, welcher stark von Stress beeinflusst wird. So leiden viele Menschen unter Schlafproblemen, weil sie durch persönliche Probleme gestresst sind. Umgekehrt erhöht Schlafmangel die empfundene Stressbelastung.
Mit verschiedenen Ansätzen kann jedoch der eigene Schlaf verbessert werden. So ist es beispielsweise hilfreich, sich an einen regelmäßigen Schlafrhythmus zu halten und seinen Schlafplatz möglichst bequem zu gestalten, erläutert Dr. Borland.
Außerdem sollte laut dem Mediziner das Schlafzimmer dunkel und möglichst ruhig gehalten und der Raum ausschließlich zum Schlafen genutzt werden und nicht etwa zum Fernsehen oder zum Arbeiten.
Man sollte Borland zufolge auch vermeiden, während des Tages zu schlafen und gleichzeitig auf ein Gleichgewicht zwischen Aktivität und Ruhephasen achten, um den eigenen Schlaf zu verbessern.
Gespräche über erlebte Ängste oder nervöse Gefühle mit Freunden, Personen aus der eigenen Familie oder dem Partner beziehungsweise der Partnerin seien hilfreich, um sich von diesen Sorgen abzulenken und besser zu schlafen. Auch das Hören von entspannter Musik könne helfen.
Wenn man nicht einschlafen kann, sollte man aufstehen und einer entspannenden Tätigkeit nachgehen, bis man Müdigkeit verspürt, so Dr. Borland weiter. Dagegen sei es nicht ratsam, bei Schlafproblemen im Bett liegen zu bleiben und sich Gedanken darüber zu machen, wann man endlich einschläft.
Schlafproblemen mit Schlafmitteln zu begegnen, ist laut dem Experten eher kritisch zu bewerten. So rät Dr. Borland dazu, Schlaftabletten nur einzunehmen, wenn deren Einnahme durch eine ärztliche Beratung für einen kurzen Zeitraum empfohlen wurde.
Bei Schlafproblemen sei es außerdem ratsam, die Aufnahme von Koffein zu vermeiden und regelmäßig Sport zu treiben, was auch zum Stressabbau beitragen kann. Dabei sollte man allerdings darauf achten, sich nicht innerhalb von zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen sportlich zu betätigen, fügt der Psychologe hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Cleveland Clinic: 10 Ways You Can Relieve Stress Right Now (veröffentlicht 26.05.2022), Cleveland Clinic
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.